Lost Places in Berlin

Geheimnisvolle Relikte: Die vergessenen Bunker von Pankow

| Lesedauer: 7 Minuten
Sie stammen aus dem Kalten Krieg. Alle Infos zu den ehemaligen Zivilschutzbunkern in Pankow (Archivbild).

Sie stammen aus dem Kalten Krieg. Alle Infos zu den ehemaligen Zivilschutzbunkern in Pankow (Archivbild).

Foto: mur/nid / DDP

Im Kalten Krieg sollten sie im Fall eines Atomschlags Schutz bieten. Heute sind sie verfallende Zeugen des Ost-West-Konflikts.

Berlin. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine sind sie wieder zum Thema geworden: Zivilschutzbauten, Schutzräume oder einfach Bunker genannt. In Deutschland stehen aktuell keine öffentlichen Schutzräume mehr zur Verfügung. Deren funktionale Erhaltung wurde nach Ende des Kalten Krieges eingestellt.

Heute faszinieren die Bunker vor allem durch ihren morbiden Charme: Sie gehören zu den Lost Places, vergessene Orte mit einer ganz besonderen Anziehungskraft für Abenteuerlustige und Geschichtsinteressierte. Hier erhalten Sie alle Infos zu den ehemaligen Zivilschutzbunkern in Pankow:

Wie entstanden die ersten Bunker für den Zivilschutz?

Die ersten Schutzbauwerke wurden in Deutschland in den 1930er-Jahren als Luftschutzanlagen in Form von Hoch- und Tiefbunkern errichtet, um die Bevölkerung vor Kriegseinwirkungen zu schützen. Einige Bunker wurden im Nationalsozialismus als Zwangsarbeiterbaracken für die Kriegs- und Munitionsherstellung missbraucht wie beispielsweise der bekannte "Luna-Bunker" auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers "Lunapark" in Niederschönhausen. Nach dem Krieg wurden viele Bunkeranlagen gesprengt oder geschleift, andere dienten jahrelang noch als Wohnraum oder wurden für andere Funktionen genutzt. Auch interessant: In Berlin gibt es keine funktionsfähigen Schutzräume

Bunker in Berlin: Wie war die Situation nach dem zweiten Weltkrieg?

Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich in Berlin noch rund 360 Bunker, die als Schutzräume vor Bombenangriffen für Hunderttausende ausgelegt waren. Die Alliierten befahlen in der Regel die Sprengung, was aber nicht bei allen gelang. In den 1960er-Jahren erfolgte angesichts der Spannungen im Kalten Krieg ein Strategiewechsel: Jetzt wurde in West wie Ost die Instandsetzung der Bunker angeordnet und weitere Bunker als Mehrzweckanlagen errichtet. Die klassischen Luftschutzbunker wurden durch Atomschutzbunker ergänzt, die größeren Druckkräften und der Verseuchung und Verstrahlung von Gebieten standhalten sollten.

Was passierte mit den Berliner Bunkern nach der Wiedervereinigung?

Mit Ende des Ost-West-Konflikts 1989 schien das Szenario eines konventionellen Krieges mit großflächigen Bombardierungen und dem Einsatz chemischer und nuklearer Waffen nicht mehr zeitgemäß. Die zuletzt 23 Bunker, die nach der Wiedervereinigung in Berlin dem Zivilschutz dienten, sind seit 2007 offiziell keine "Zivilschutzanlagen" mehr. Einige davon befinden sich nicht einmal mehr in bezirklicher, sondern privater Hand. Der Grund war ein Beschluss von 2007, wonach Bunkeranlagen in Deutschland nicht weiter erhalten - oder konkreter: nicht weiter finanziert wurden. Ein Großteil von ihnen ist seitdem bereits zu Ruinen verkommen.

Welche Arten von Bunkern gab es in Pankow?

In Pankow wurden eine Reihe von Bunkern für unterschiedliche Zwecke errichtet. Einige boten nur Platz für wenige Personen und dienten militärischen Zwecken oder nachrichtendienstlichen Aufgaben wie der MFS-Nachrichtenbunker am Arkenberger Kiessee. Andere waren auf Privatbesitz errichtet, waren geheime Bunker, die im Kriegsfall dem Schutz der Parteispitze dienen sollten, wie der Bunker unter der heutigen Musikbrauerei in der Greifswalder Straße oder dienten speziellen Zwecken wie der OP-Bunker unter dem Stasi-Krankenhaus in Buch. Diese Bunker hatten gemein, dass sie weder in der DDR-Zeit noch nach der Wende in den öffentlichen Zivilschutz eingebunden waren.

Lost Places in Pankow
Lost Places in Pankow

Das sind die ehemaligen Zivilschutzbunker im Berliner Bezirk Pankow

Im Ostteil Berlins hätten 2500 Menschen insgesamt in sechs Bunkern Zuflucht finden sollen. Das sind die drei Zivilschutzbunker, die in Pankow errichtet worden waren. Achtung: Bei allen drei Anlagen handelt es sich um ehemalige Zivilschutzanlagen, die heute nicht mehr einsatzbereit sind und nicht mehr dem Zivilschutz dienen.

Bunker in Pankow: Tiefbunker an der Virchowstraße in Prenzlauer Berg

Der Tiefbunker an der Virchowstraße in Prenzlauer Berg wurde als Schutzraum vom Typ "LP-09" in den Anfängen des Luftschutzes der DDR in den 1960er-Jahren konzipiert. Der Bunkertyp war weniger auf den Schutz vor direkter Waffeneinwirkung ausgerichtet, als auf den Schutz vor Kernstrahlung und biologischen und chemischen Waffen (Atomschutzbunker). Die Außenwände des Bunkers sowie die Decke wurde monolithisch aus Stahlbeton gebaut. Er war vorrangig für spezielle Zwecke vorgesehen: So sollte er im Kriegsfall Schutz und Unterbringung hoher Funktionsträger der Zivilverteidigung sichern und mit der Bezirks- und Kreiseinsatzleitung (BEL und KEL) Teile der Kommandostruktur des Nationalen Verteidigungsrates (NVR) aufnehmen. Der Tiefbunker war im März 1997 vom Bundesministerium des Innern als öffentliche Zivilschutzanlage anerkannt worden.

  • Bunkertyp: Tiefbunker Typ "LP-09"
  • Errichtung: 1960er-Jahre
  • Ausstattung (Bautyp): Netzersatzanlage mit Steuereinheit, Belüftungsanlage mit Kiesdruckwellendämpfer und Lufterhitzer, zwei bis drei Wassertanks, Boiler, Klimaschrank, Trockenschrank, Sanitäranlagen, Lageraum, Ruheraum, Nachrichtenraum, Schleuse mit Dekontaminationsdusche, Notausstieg.
  • Adresse: Virchowstraße 7, 10249 Berlin-Prenzlauer Berg.

Bunker in Pankow: Zivilschutz-Mehrzweckbunker am Zeiler Weg in Pankow

Im Jahr 1965 wurde am Zeiler Weg in Prenzlauer Berg eine Tiefgarage angelegt, die auch als Zivilschutzbunker dienen sollte. Bei dem Garagenschutzraum handelte es sich um das einzige zu DDR-Zeiten in Berlin-Ost für die Zivilbevölkerung errichtete reine Schutzbauwerk. Im Ernstfall hätte es Platz für bis zu 300 Schutzsuchende geboten. Nach der Wiedervereinigung wurde der Bunker als öffentliche Zivilschutzanlage aufgegeben. Zwischenzeitlich wurde das Bauwerk als Musikübungsraum und Möbellager genutzt.

  • Bunkertyp: Zivilschutz-Mehrzweckbunker Typ "SBW 300" (300 Schutzplätze)
  • Errichtung: 1965.
  • Ausstattung (Bautyp): Belüftungsanlage mit Kiesdruckwellendämpfer, vier Wassertanks, Sanitäranlagen, zwei Schleusen, Dekontaminationsdusche, zwei Zugänge, Kfz-Zufahrt (Garage in Friedenszeiten).
  • Adresse: Zeiler Weg 46, 13068 Berlin-Pankow.

Bunker in Pankow: Tiefbunker an der Hobrechtsfelder Chaussee in Buch

Der Tiefbunker in der Hobrechtsfelder Chaussee nahe des ehemaligen DDR-Regierungskrankenhauses wurde wie der Bunker in der Virchowstraße in den 1960er-Jahren errichtet und diente vorrangig militärischen Zwecken. Auch er hätte im Kriegsfall Teile der Kommandostruktur des NVR wie beispielsweise die Bezirksstäbe des Luftschutzes aufnehmen sollen. Genauso wie der Tiefbunker in Prenzlauer Berg war er vornehmlich als Schutzraum gegen Verseuchung und Verstrahlung konzipiert.

  • Bunkertyp: Tiefbunker Typ "LP-09"
  • Errichtung: 1960er-Jahre
  • Ausstattung (Bautyp): Netzersatzanlage mit Steuereinheit, Belüftungsanlage mit Kiesdruckwellendämpfer und Lufterhitzer, zwei bis drei Wassertanks, Boiler, Klimaschrank, Trockenschrank, Sanitäranlagen, Lageraum, Ruheraum, Nachrichtenraum, Schleuse mit Dekontaminationsdusche, Notausstieg.
  • Adresse: Hobrechtsfelder Chaussee 140, 13125 Berlin-Buch.

Öffentliche Schutzbunker: Wie ist die Situation heute?

Im Kontext des Krieges in der Ukraine hat sich der Bund dafür entschieden, die aktuelle Bedrohungslage neu zu bewerten und das Rückabwicklungskonzept für öffentliche Schutzräume zu überprüfen. Aktuell wird eine Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Bunker und Schutzkeller vorgenommen. Fragen zu öffentlichen Schutzräumen in Deutschland beantwortet eine Bürger-Hotline unter der Telefonnummer: +49 228-37787-400 (Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr). Auch interessant: Faeser setzt nicht auf Bunker – Warninfrastruktur wichtiger

Weitere Informationen bietet der Internetauftritt des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Seit 2020 liegt die Zuständigkeit für Bewirtschaftung und Abwicklung der öffentlichen Schutzräume bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) mit Sitz in Bielefeld.