Umfrage zur Berlin-Wahl

Die Zufriedenheit mit Franziska Giffey ist gesunken

| Lesedauer: 6 Minuten
Joachim Fahrun
SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey geht mit sieben Plakatmotiven ins die Berlin-Wahl.

SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey geht mit sieben Plakatmotiven ins die Berlin-Wahl.

Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Trotz des Zuwachses für die SPD verliert die Spitzenkandidatin an Ansehen. Dennoch liegt Franziska Giffey weit vor der Konkurrenz.

Berlin. Es ist ein eklatanter Widerspruch: Während die SPD in der Sonntagsfrage zum Berliner Abgeordnetenhaus kräftig zulegen und mit 23 Prozent den ersten Platz erringen konnte, ist der Berlin Trend von Berliner Morgenpost und RBB-Abendschau für die Spitzenkandidatin Franziska Giffey fast schon ein Denkzettel. Das persönliche Ansehen der früheren Bundesfamilienministerin hat deutlich nachgelassen. Nur noch 37 Prozent der 1160 von Infratest dimap zwischen dem 18. und 21. August Befragten zeigten sich mit Giffey zufrieden oder sehr zufrieden. Das waren acht Punkte weniger als im Juni.

Ebenso stieg der Anteil derjenigen in der Wählerschaft, die die Sozialdemokratin negativ einschätzen. 47 Prozent sind mit Giffey gar nicht oder weniger zufrieden, ein Plus von sieben Punkten im Vergleich zum letzten Berlin Trend.

Die Diskussionen um ihre Doktor- und Masterarbeiten haben Giffey offenbar geschadet

Der Entzug ihres Doktortitels durch die Freie Universität wegen Plagiaten in der Dissertation und die neuen Vorwürfe über eine in weiten Teilen abgeschriebene Masterarbeit haben offenbar die Zweifel an der Integrität der einstigen Neuköllner Bezirksbürgermeisterin wachsen lassen. Für eine allseits beliebte „Stadtmutter“ sind Giffeys Werte nicht gut genug, wenn viel mehr Menschen sie negativ als positiv bewerten. Besonders bei den Älteren über 65 Jahren hat die Kritik verfangen, in dieser Gruppe gab es ein Minus von zwölf Punkten in der Zufriedenheit mit Giffey. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 39 Jahren sank die Zustimmung für sie um neun Punkte.

Dass Menschen mit akademischen Ambitionen das unsaubere wissenschaftliche Arbeiten besonders übel aufstößt, lässt sich aber nur begrenzt aus den Daten herauslesen. Unter Bürgerinnen und Bürgern mit Abitur oder höheren Bildungsabschlüssen ist die Zufriedenheit mit Giffey wie im Durchschnitt um acht Punkte gesunken. Ungnädiger zeigen sich Befragte mit mittlerem Bildungsgrad. Hier sank die Zustimmung um zwölf Punkte auf 37 Prozent.

Vor allem Anhänger der Grünen sehen die SPD-Politikerin deutlich kritischer

Unter den SPD-Anhängern büßte die Kandidatin für das Rote Rathaus vier Punkte ein, dennoch sind noch fast zwei Drittel (63 Prozent) mit ihr zufrieden. Die im Zuge des Wahlkampfes immer stärker hervortretenden Bruchlinien in der noch amtierenden rot-rot-grünen Koalition zeigen sich aber auch im Blick der Sympathisanten der konkurrierenden Parteien auf die 43-Jährige. Während sie bei CDU-Anhängern besser ankommt als vor zwei Monaten, hat Giffey im Lager der Linken und vor allem unter Grünen-Freunden massiv an Vertrauen verloren. Inzwischen finden CDU-Wähler die SPD-Frau mit 45 Prozent Zufriedenheit besser als Wählerinnen der Grünen (42) und der Linken (40).

Die anderen Bewerberinnen und Bewerber um das höchste Amt im Senat kommen trotz der Verluste nicht an die Sozialdemokratin heran. Ausnahme ist der amtierende Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), der wie zuletzt im Ansehen der Menschen gestiegen ist. Aber Müller kehrt der Landespolitik den Rücken und kandidiert für den Bundestag. Seine Zustimmungswerte lagen vor der Wahl 2016 mit 53 Prozent übrigens deutlich über denen von Giffey 2021.

Klaus Lederer ist mit guten persönlichen Werten ein Zugpferd für die Linke

Achtbar schlägt sich Klaus Lederer für die Linke. Mit dem Kultursenator sind deutlich mehr Menschen zufrieden als seine Partei wählen würden. 31 Prozent (plus eins) sehen Lederer positiv, fast genauso viele wie sich unzufrieden mit ihm äußern (33). Das ist in einem Umfeld, wo kein Politiker mehr Zufriedenheit als Unzufriedenheit mit seiner Arbeit erntet, kein schlechter Wert.

Grünen-Kandidatin Bettina Jarasch ist weiterhin kein Faktor

Für die mit Hoffnungen aufs Rote Rathaus wahlkämpfenden Bettina Jarasch (Grüne) und Kai Wegner (CDU) gilt das hingegen nicht. Mit Jarasch sind elf Prozent der Befragten zufrieden, ein Punkt mehr als im Juni. 23 Prozent sind unzufrieden mit der Kandidatin, die als Kompromiss-Personalie gefunden wurde, nachdem sich Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Fraktionschefin Antje Kapek nicht einigen konnten. Selbst unter Grünen-Wählern sind nur 25 Prozent mit Jarasch zufrieden. Die anderen kennen sie meist nicht, nach wie vor ist Jarasch zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner unbekannt. Ramona Pop an der Spitze hatte vor der Wahl 2016 deutlich bessere persönliche Werte als Jarasch heute.

CDU-Mann Kai Wegner ist nach langen Wahlkampfwochen immer noch recht unbekannt

Für den CDU-Spitzenmann Wegner gilt der gleiche Befund. Nur 16 Prozent (minus eins) sind mit Wegners Arbeit zufrieden, deutlich mehr halten wenig vom CDU-Landesvorsitzenden. Auch nach vielen Wochen Wahlkampf können 57 Prozent der Befragten mit seinem Namen nichts anfangen. Wegners Bekanntheit hat sich seit April nur um sieben Punkte auf heute 43 Prozent verbessert. Auch fast die Hälfte der CDU-Sympathisanten kennen ihn nicht.

Besser bewertet als Wegner wird sein Konkurrent im sogenannten bürgerlichen Lager, der Freidemokrat Sebastian Czaja. Der FDP-Fraktionschef ist mehr als der Hälfte der Befragten bekannt, 20 Prozent (minus zwei) finden ihn gut.

Die AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker kennt nicht einmal jeder fünfte Wahlberechtigte in Berlin, sechs Prozent geben an, mit ihr zufrieden zu sein. Bemerkenswert: Unter AfD-Anhängern sehen acht Prozent Brinker positiv. 19 Prozent sind nicht zufrieden mit der Frau, die sich nach parteiinternen Konflikten den Landesvorsitz sichern konnte.

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