Berlin. Einen Monat vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus hat sich die politische Stimmungslage in der Stadt komplett verändert. Nach einem in den letzten Jahren nie gesehenen Umschwung in den Umfragen ist die SPD im Berlin Trend der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau an der Konkurrenz vorbeigezogen und haben jetzt die besten Chancen, das Rote Rathaus zu verteidigen. Gleichzeitig sind die über viele Monate an der Spitze liegenden Grünen abgestürzt.
Würde am Sonntag gewählt, würden die Sozialdemokraten 23 Prozent der Stimmen erhalten. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als im letzten Berlin Trend aus dem Juni und der beste Wert für die SPD seit der letzten Wahl 2016, als sie 21,6 Prozent holten. Offenbar hilft der für die SPD positive Bundestrend mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz der Partei auch in Berlin. Denn obwohl ihre Partei deutlich zulegte, haben sich die persönlichen Werte der Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey deutlich verschlechtert. Dennoch liegt sie in Beliebtheit und Bekanntheit deutlich vor der Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, und Kai Wegner von der CDU.
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Die Grünen erleben einen Rückschlag
Die Grünen erleben wie so oft, wenn es auf Wahlen zugeht, einen Rückschlag. Fünf Punkte büßte die Öko-Partei im Vergleich zum Juni ein und kommt noch auf 17 Prozent. Im April hatten sie noch 27 Prozent eingesammelt. Die Zahlen legen nahe, dass viele Wahlberechtigte aus der Mitte der Gesellschaft in den vergangenen Wochen von den Grünen zur SPD gewandert sind. Besonders stark sind die Verluste der Grünen mit minus acht Punkten in der mittleren Altersgruppe der 40 bis 64-Jährigen und mit minus neun Punkten bei den Berlinerinnen und Berlinern mit mittlerem Bildungsniveau. In genau diesen Wählerschichten konnte nun die SPD überdurchschnittlich stark zulegen. Die SPD konnte besonders die Älteren über 60 überzeugen, die nun zu 33 Prozent rot wählen wollen.
Bei den Jungen zwischen 18 und 39 Jahren büßten die Grünen ebenfalls sechs Punkte ein, bleiben aber mit 24 Prozent in dieser Altersgruppe die stärkste Kraft. Besser Gebildete mit Hochschulreife blieben den Grünen hingegen überwiegend treu. In dieser Gruppe verloren sie nur zwei Punkte und liegen mit 27 Prozent weiter deutlich in Führung. Dafür ringen sie unter Wählerinnen und Wählern mit niedrigerem Bildungsniveau wieder mit der Fünf-Prozent-Hürde.
Berliner FDP: Kein Aufschwung wie im Bund
Berlins CDU konnte sich nicht vom negativen Trend der Union auf Bundesebene absetzen. Um zwei Punkte rutschte die CDU ab und kommt noch auf 19 Prozent. Damit liegt die CDU zwar immer noch über ihrem letzten Wahlergebnis von 17,6 Prozent. Im Ostteil der Stadt liegt die CDU nun aber nur noch bei 15 Prozent und damit dort gleichauf mit der AfD. Überdurchschnittlich verloren hat die CDU mit minus vier Punkten bei den über 65-Jährigen und musste ihren über viele Monate gehaltenen Spitzenplatz in dieser Altersgruppe an die SPD abgeben.
Hinter dem großen Umschwung zwischen SPD und Grünen sowie dem Abschwung der CDU zeigen die Erhebungen nur geringe Veränderungen. Die Linke bleibt unverändert bei zwölf Prozent und damit hinter den eigenen Ansprüchen als Regierungspartei zurück. Die AfD legt einen Punkt auf elf Prozent zu und kann ihren leichten Aufwärtstrend fortsetzen. Berlins FDP kann nicht wirklich vom Aufschwung der Liberalen auf der Bundesebene profitieren, wo die Partei inzwischen von den Demoskopen bei zwölf Prozent gesehen wird. Nach einem Minus von einem Punkt landen die Berliner Freidemokraten aber nur bei acht Prozent, was in etwa ihrem Niveau der vergangenen Jahre. Die anderen Parteien erreichen zusammen zehn Prozent (plus eins), wobei keine Partei über drei Prozent auf sich vereinen kann.
Für den Berlin Trend befragte Infratest dimap zwischen 18. und 21. August 1160 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger online und am Telefon.
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