Berlin. Umfrage „Berlin Trend“: 80 Prozent der befragten Berliner befürworten eine Unterbringung afghanischer Geflüchteter in der Stadt.
Eine große Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner spricht sich für eine Aufnahme afghanischer Flüchtlinge aus. 51 Prozent der Befragten unterstützen das auf jeden Fall, weitere 29 befürworten das grundsätzlich. Das geht aus der aktuellen Berlin Trend von Infratest dimap im Auftrag der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau hervor. Acht Prozent lehnen die Aufnahme eher ab, sechs Prozent sind ganz dagegen. Vier von fünf Berlinern befürworten damit die Aufnahme von Afghanen, die in den vergangenen Jahren für die Bundeswehr tätig waren. Die Zustimmung liegt bei Frauen mit 82 Prozent etwas höher als bei Männern (77 Prozent).

Nach Angaben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) sind in Berlin am Montag und Dienstag bislang 192 Flüchtlinge aus Afghanistan angekommen, die hier zunächst erstversorgt werden. Darunter seien sehr viele Kinder und Kleinstkinder. „Es kommen Menschen an, die nicht einmal eine Plastiktüte dabeihaben. Sie haben genau das mitgebracht, was sie am Körper haben“, sagte Müller. Es gelte, sie zunächst mit dem Nötigsten zu versorgen. „Wir sind auf weitere Ankommende vorbereitet.“ Wegen der chaotischen Verhältnisse in Afghanistan finde das Aufnahmeverfahren hier statt. „Dann werden wir sehen, wie sie weiterverteilt werden“, sagte Müller.
Nach Angaben des Brandenburger Innenministeriums sind mittlerweile 265 Menschen, davon 125 Kinder und Jugendliche, in Brandenburg angekommen und werden erstversorgt. „Wir wollen, dass die Menschen zur Ruhe kommen können und kümmern uns um die Erledigung aller notwendigen Formalitäten der Erstaufnahme“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU). 300 afghanische Ortskräfte will Brandenburg dauerhaft aufnehmen.

Bundeswehr hat bereits 3800 Menschen ausgeflogen
Insgesamt hat die Bundeswehr in den vergangenen Tagen 3800 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen, darunter 351 deutsche Staatsbürger. Mit weiteren rund 100 Deutschen und ihren Familien, die noch vor Ort ausharrten, stehe man in Kontakt, sagte Maas. Auch heute versuche die Bundeswehr wieder, diese Menschen einigermaßen sicher an den Flughafen zu bringen.
Parallel zu Beratungen der G7-Staats- und Regierungschefs die Evakuierungsmission in Afghanistan am Dienstagnachmittag erhöhten die Taliban den Druck auf die westliche Militärallianz. Einer Fortsetzung der Mission über die Frist am 31. August hinaus werde man nicht zustimmen, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid.
Mehr zum Thema Afghanistan und die Evakuierung der Ortskräfte lesen Sie hier:
- Müller: Berlin auf Ortskräfte aus Afghanistan vorbereitet
- Afghanistan: US-Präsident verliert an Glaubwürdigkeit
- Taliban fordern Evakuierungs-Stopp für gebildete Afghanen
- Fragile Rettung: Luftbrücke aus Kabul könnte bald enden
- Drei Dutzend afghanische Ortskräfte in Berlin eingetroffen
US-Präsident hält am Abzug bis 31. August fest
US-Präsident Joe Biden hält derweil an einem Abschluss des Abzugs bis zum 31. August fest. Der Präsident wird damit den Militäreinsatz nicht zugunsten der laufenden Evakuierungsmission verlängern, wie am Dienstag die US-Nachrichtensender CNN und Fox News berichteten. „Es sind heute keine neuen Daten über das bekannte Datum des 31.8. genannt worden vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend nach dem virtuellen G7-Gipfel. Die Kanzlerin machte zugleich klar, dass Deutschland Evakuierungen ohne die USA nicht weiterführen könne.
Deutschland wolle solange wie möglich Menschen evakuieren, allerdings: „Wir können nur nur Operationen vertreten, bei denen die Sicherheit auch nach menschlichem Ermessen gewährleistet ist“, sagte Merkel. Die G7 forderten von den Taliban weitere Sicherheitsgarantien für die Ausreise von Menschen. Die Miliz müsse allen, die das Land verlassen wollen, auch über den 31. August hinaus eine sichere Ausreise garantieren, sagte der britische Regierungschef Boris Johnson.
Berichte über schwerste Menschenrechtsverletzungen nach der Machtübernahme
Seit der Machtübernahme der Taliban vor gut einer Woche bringen westliche Länder ihre Staatsangehörigen und weitere schutzbedürftige Menschen über den Flughafen Kabul außer Landes. Den USA warf Mudschahid vor, gut ausgebildete Afghaninnen und Afghanen zur Ausreise zu überreden. Er rief die Bevölkerung zum Bleiben auf. Das Land brauche gut ausgebildete Ärzte und Ingenieure, sagte er. Zugleich kündigte er an, dass die Taliban die Menschenmenge am Flughafen reduzieren wollen. Es seien zu viele Menschen dort, sie könnten ihr Leben verlieren. Die Menschen sollten in ihre Häuser zurückkehren und ihrem Alltag nachgehen.
Unterdessen gibt es Berichte über schwerste Menschenrechtsverletzungen nach der Machtübernahme der Taliban. Darunter seien Massenhinrichtungen von Zivilisten und Angehörigen regierungstreuer Sicherheitskräfte, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, am Dienstag in Genf. Bachelet sprach bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf zur Lage in Afghanistan von „gravierenden Risiken für Frauen, Journalisten und die neue Generation von Leitfiguren der Zivilgesellschaft“. Der Bewegungsspielraum von Frauen sei in manchen Regionen nach Machtübernahme der militant-islamistischen Aufständischen eingeschränkt worden, Mädchen dürften teils nicht mehr zur Schule gehen. Friedliche Proteste würden unterdrückt und Minderjährige zum Waffendienst geholt.