Berlin. Der 1. FC Union und der DFB-Pokal – wenn es so etwas gibt wie einen natürlichen Feind, den der Berliner Fußball-Zweitligist hat, dann ist es wohl der nationale Cupwettbewerb. Das macht selbst beim Trainer nicht halt. „Im Pokal“, muss Norbert Düwel nur kurz überlegen, „bin ich noch nie über die Weihnachtspause hinaus gekommen.“ Nicht einmal als Co-Trainer mit Hannover 96.
Bei Union wäre man schon froh, im Pokal überhaupt einmal in die Nähe des Winters zu kommen. Sicher, da gab es die Pokalhelden aus der Saison 2000/01, die im Zuge ihres Durchmarsches in Richtung Zweite Liga auch gleich bis ins Endspiel stürmten. Die folgenden Wettbewerbe waren jedoch geprägt von oftmals peinlichen Auftritten in der ersten Runde.
„Im vergangenen Jahr haben wir es uns selbst vermasselt“, sagte Düwel mit Blick auf das 1:2 beim Zweitligisten 1. FC Heidenheim. Am Sonnabend, wenn Union beim Regionalligisten FC Viktoria Köln antritt, soll alles anders werden. Das muss es auch, denn ein erneutes Erstrundenaus im Pokal bringt Union nicht nur um garantierte 268.000 Euro aus der TV-Vermarktung, die es für das Erreichen der zweiten Runde gibt. Ein Weiterkommen ist schon aus anderen Gründen eminent wichtig.
Totalen Fehlstart vermeiden
Natürlich gilt es, den totalen Fehlstart zu vermeiden. Nach nur einem Punkt aus zwei Ligaspielen muss dringend ein Erfolgserlebnis her, denn die kommenden Wochen halten mit dem 1. FC Kaiserslautern, 1860 München und dem Prestigeduell gegen RB Leipzig alles andere als Laufkundschaft bereit.
Die Botschaft von Düwel vor dem Pokalspiel im Kölner Sportpark Höhenberg ist deutlich: „Keine Experimente.“ Soll heißen: Daniel Haas wird im Tor stehen, nicht Mohamed Amsif. Eine Aufgabenteilung, wie sie unter anderem der FC Barcelona praktiziert hat, wird es bei Union nicht geben. Beim Champions-League-Sieger hatte Marc-Andre ter Stegen im Pokal und in der Königsklasse im Tor gestanden, in der Liga bekam jedoch Claudio Bravo den Vorzug.
Keine Experimente, dass heißt auch erneut Dreierkette, wenn auch mit verändertem Personal, nachdem Fabian Schönheim und Toni Leistner für das Pokalspiel aussortiert wurden. „Man muss bereit sein, alles zu investieren. Der Klassenunterschied ist bei so einem Spiel nicht immer entscheidend“, sagte Düwel.
Erster in der 80-Minuten-Tabelle
Ein Stichwort dabei ist Konzentration. Diese haben die Unioner gegen Düsseldorf (1:1) und in Sandhausen (3:4) in der Schlussphase vermissen lassen. „In der 80-Minuten-Tabelle sind wie Erster“, so Düwel. Tatsächlich weist die Tabelle Union jedoch als Zwölften aus. Deshalb auch Düwels Appell an sein Team: „Konzentration muss ich immer haben, das bin ich als Profi schuldig, es gehört zum Beruf.“
Wenn die Berufsauffassung in Köln stimmt, dann können die Köpenicker auch endlich etwas für ihre Pokalhistorie tun. Stephan Fürstner, zu Saisonbeginn neu zu Union gekommen, will davon erst gar nichts wissen. „Je öfter man darüber redet, desto gegenwärtiger ist es. Das darf gar nicht in den Köpfen drin sein“, erklärte der defensive Mittelfeldspieler.
Und war es nicht der Coach höchstselbst, der im vergangenen Jahr den Pokal als „schnellsten Weg ins internationale Geschäft“ bezeichnet hat? Derzeit sieht Düwel im Alles-oder-Nichts-Spiel den besonderen Reiz: „Das ist eine richtig geile Sache, und wer weiß, vielleicht sind wir in der nächsten Runde ja der Außenseiter.“
Durststrecke dauert schon seit 15 Jahren
In Köln ist Union der Favorit, „und diese Rolle nehmen wir auch an“, sagte Düwel. Der Respekt vor dem mit zahlreichen ehemaligen Profis wie Markus Brzenska (Dortmund, Cottbus) oder Mike Wunderlich (1. FC Köln, FSV Frankfurt) gespickten FC Viktoria ist dennoch vorhanden. „Die Tagesform kann entscheidend sein, was uns aber nicht beeindrucken sollte“, so Düwel.
Es bleibt die Sehnsucht bei Union, im Pokal endlich einmal wieder eine gute Rolle zu spielen und nicht nur die Durchgangsstation für andere Klubs zu sein. Fürstner setzt auf das besondere Flair solcher Duelle zwischen David und Goliath: „Wir müssen uns auf das Spiel einfach freuen und wollen alles rausknallen.“ Er selbst schaffte mit Fürth 2012 den Sprung ins Halbfinale.
Als gutes Omen soll aber Trainer Düwel gelten. Der schaffte als Hannovers Co-Trainer nach dem Erstrunden-K.o. in der Saison darauf den Sprung in die zweite Runde. Und mit ein etwas Losglück kann Union vielleicht auch nach 15 Jahren wieder einmal im Pokal überwintern. Dafür ist jedoch ein Sieg in Köln zwingend notwendig.