Trainingsauftakt

Hoffen auf Besserung bei Hertha BSC

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Jörn Meyn und Uwe Bremer
Cheftrainer Pal Dardai (hinten) schaut beim ersten Training seiner Mannschaft für die neue Bundesligasaison genau hin – ebenso wie jede Menge Zaungäste

Cheftrainer Pal Dardai (hinten) schaut beim ersten Training seiner Mannschaft für die neue Bundesligasaison genau hin – ebenso wie jede Menge Zaungäste

Foto: Annegret Hilse / dpa

Beim Trainingsstart von Hertha BSC zeigen rund 2000 Fans Lust auf erstklassigen Fußball. Warum Trainer Pal Dardai zuversichtlich ist.

Berlin.  Das erste Training für die neue Bundesliga-Spielzeit endete bei Hertha BSC am Sonntag wie die letzten in der alten: Bei der Torschussübung flogen die meisten Bälle links und rechts vorbei, oder sie rauschten durch die Baumwipfel dahinter. Aber für die, die zuschauten, war das diesmal nicht weiter schlimm. Sie klatschten trotzdem, johlten, als Ronny endlich den ersten Schuss traf, und ­nippten zufrieden an ihren Bieren.

Wenn man Hertha-Fan ist, dann bricht gerade die schönste Zeit des Jahres an. Das olle Gestern lässt sich wunderbar abstreifen und auf ein besseres Morgen hoffen. Einem echten Realitätsscheck muss man sich noch nicht unterziehen. Wie, als läge ein weißes Blatt Papier vor einem. Ein schöner Möglichkeitsraum ist das, der Platz für Zuversicht bietet.

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Weiser stellt sich vor

Für den Start in die Vorbereitung hatte sich der Verein um ein kleines Fanfest auf dem Gelände der Geschäftsstelle bemüht: eine Grillbude, vier blau-weiße Dixiklos und ein Fanshop. Überraschend wurde es aber voller: Rund 2000 Leute kamen bei Sonnenschein und 21 Grad. Selbstverständlich ist das keineswegs.

Hertha hatte zuletzt ja nicht sonderlich Werbung in eigener Sache betrieben. Aber von jener Tristesse wollte die anwesende Anhängerschaft am Schenckendorffplatz nichts mehr wissen. Das Gestern gab es zwar noch zu kaufen: Zum Sonderpreis von 20 Euro wurden die alten Trikots der Vorsaison angeboten, besonders ­nachgefragt schienen sie nicht zu sein.

Der Blick richtete sich nach vorn. Als sich Cheftrainer Pal Dardai durch die Menge schlängelte, gab es Applaus. Der Ungar musste auch gleich reichlich Hände schütteln. Ebenso wurde der nach zwei überstandenen Kreuzbandrissen wiedergenesene Alexander Baumjohann beklatscht – und natürlich Mitchell Weiser, 21, der vorerst allein für das Neue steht, weil er bisher der einzige Zugang ist.

21 Feldspieler und vier Torwarte

Weiser sagte nach seinem ersten Training mit den neuen Kollegen nette Sätze: „Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, und die Bedingungen sind toll: viele Fans, schönes Wetter.“ Er versteife sich nicht auf eine bestimmte Position, sagte der Ex-Münchner: „Ich will mich weiterentwicklen und Stammspieler werden.“

Weiser hatte dann noch ein bisschen Anpassungsprobleme, als er Herthas Maskottchen Herthinho mit „Berni“, dem Namen des Bayern-Maskottchens, ansprach, korrigierte sich aber schnell. Das kommt bestimmt alles noch.

Mit 21 Feldspielern und vier Tor­hütern konnte Dardai am Sonntag ­anderthalb Stunden üben. Ein echtes Showtraining war das nicht. Aber es gab ja außer Weiser nicht viel zu zeigen. Neun Nationalspieler werden erst am 6. Juli einsteigen. Dazu guckte der verletzte Julian Schieber nur zu, Tolga Cigerci steckt noch im Aufbautraining, und hinter Änis Ben-Hatira stehe „ein Fragezeichen“, sagte Dardai.

Dardai gibt dem Nachwuchs eine Chance

Der 39-Jährige, früher ja U15-Trainer bei Hertha, nutzte deshalb sein Wissen über den Nachwuchs und beorderte mit Nils Körber, Shawn Kauter, Jordan Torunarigha, Maximilian Mittelstädt, Florian Kohls, Nils Blumberg, Arne Maier, Nikos Zografakis und Yanni Regäsel neun Spieler aus der U17, U19 und U23 zum Profitraining. Sie zukünftig dichter an die erste Mannschaft ­heranzuführen ist ein Ziel Dardais.

Das Auftakttraining wurde auch dazu genutzt, die neuen Trikots zu präsentieren – freilich ohne Beflockung vom neuen Hauptsponsor, der wird ja noch gesucht. Vielleicht war es Zufall, aber die dunklen Auswärtsshirts bekamen neben ein paar Youngstern besonders die Spieler übergestreift, die ­Hertha gern noch loswerden würde wie Ronny, Peter Niemeyer, Sandro Wagner und Johannes van den Bergh.

Auch Fabian Holland, zuletzt zum SV Darmstadt ausgeliehen, musste eines tragen. Der Linksverteidiger soll aber an den Aufsteiger verkauft werden.

Fitness steht im Vordergrund

Manager Michael Preetz stand mit Telefon am Ohr am Spielfeldrand: Er hat auf dem Transfermarkt einiges zu tun. Dardai, der erstmals eine Vorbereitung als Profitrainer beginnt, sagte: „Ich habe ein gutes Gefühl, weil jetzt alles so sein wird, wie ich das möchte.“

Als er die Mannschaft im Februar von Vorgänger Jos Luhukay übernommen hatte, bemängelte er fehlende Fitness. Das soll sich nun ändern. An diesem Montag wird ein Laktattest durch­geführt. Danach wird der Fokus zunächst auf Kondition gelegt. „Wenn wir fit sind, können wir viel bewegen“, sagte Dardai und schrieb dann noch eine Weile Autogramme.

Der Start in die Vorbereitung hat gezeigt, dass die Fans von Hertha BSC ziemlich große Lust auf erstklassigen Fußball in Berlin haben. Nun liegt es am Klub, diese Nachfrage zu bedienen.