Berlin. Viele Hertha-Anhänger fiebern dem Termin entgegen. Am Mittwoch, dem 1. Juli, stellt der Fußball-Bundesligist die neuen Trikots für die Spielzeit 2015/16 vor. Die Jerseys werden präsentiert, allerdings mit einem Schönheitsfehler. Das neue Dress kommt ohne einen Brustsponsor.
Zwar hat die Deutsche Bahn bereits Mitte Januar bekannt gegeben, das Engagement als Trikotsponsor nach neun Jahren zum 30. Juni zu beenden. Seit mittlerweile fünf Monaten ist Sportfive, der Vermarktungspartner von Hertha, also auf der Suche nach einem neuen Brustsponsor. Bisher ohne Resultat.
Bei Hertha stößt das Ausbleiben eines Ergebnisses auf Unverständnis. Es wird zum Monatsbeginn Spott geben: Hertha mit blanker Brust. In der Wirtschaft interessiere sich niemand für den Hauptstadt-Klub. Kein Wunder, wenn man sportlich so blasse Darbietungen abliefere – so oder ähnlich wird das dann wohl lauten.
Öffentlicher Schlagabtausch
Doch das ist nur die Oberfläche. Wer genau hinschaut, nimmt zwischen Hertha und Sportfive ganz ungewohnte Töne wahr. So hatte Ingo Schiller, der Finanzchef von Hertha, den Sportrechte-Vermarkter aus Hamburg bereits auf der Mitgliederversammlung am 26. Mai in aller Öffentlichkeit in die Pflicht genommen: „Ich bin zuversichtlich, dass unser Rechtevermarkter Sportfive in den kommenden Wochen einen neuen Hauptsponsor präsentieren wird.“
Am 7. Juni hatte Schiller den Druck erhöht und ein konkretes Datum genannt. Er gehe davon aus, „dass wir bis Ende Juni einen neuen Hauptsponsor haben werden“.
Die Antwort kam von Philipp Hasenbein, Managing Director von Sportfive, in einem Interview mit der „Welt“: „Wir sind zuversichtlich, dass Hertha BSC, Mainz und der 1. FC Kaiserslautern bis zum Saisonstart neue Trikotpartner präsentieren können.“ Da die Bundesliga am 14. August startet, ergibt das eine Sechs-Wochen-Differenz unter den Beteiligten.
Finanz-Boss Schiller erhöht den Druck
Bei Hertha ist man nicht amüsiert. Ingo Schiller ahnt, dass das Wunschdatum 1. Juli nicht zu halten ist, und sagte der Morgenpost: „Meine Erwartung ist, dass wir deutlich vor dem Saisonstart einen neuen Hauptsponsor präsentieren können. Und das meint nicht eine Woche oder zehn Tage vorher.“
Seit 1994 machen Hertha und Sportfive (früher als Ufa) miteinander Geschäfte. Aber so etwas hat es in den mittlerweile 21 Jahren nicht gegeben: Dass öffentlich mit Zeitfristen und sich einander widersprechenden Aussagen übereinander gesprochen wird.
Zumal Hasenbein auch indirekt Kritik übte: Der Sportfive-Direktor sagte: „Die Stadt und das Bild Berlins ist seit Jahren im Wandel. Das macht es für Hertha BSC zu einer Herausforderung, sich als Marke zu positionieren.“ Wer will, kann das so verstehen, dass Hertha als Marke schwer zu greifen sei.
Verändertes Verhältnis
Hertha und Sportfive waren über lange Jahre ungleiche Partner. Hier der chronisch klamme Klub aus Berlin, der mehrfach nur dank der finanzstarken Unterstützung des Sportrechte-Händlers die Lizenz erhielt oder ehrgeizige Projekte angehen konnte. Doch die Rechte-Vermarkter ließ sich jeweils geldwerte Anteile von Hertha gutschreiben. Am Anfang waren es 40 Prozent von jedem Sponsoren-Vertrag, die an die damalige Ufa gingen. Später waren es 20 Prozent. Mittlerweile ist diese Provision weiter gesunken.
Hertha hat sich im Laufe der Jahre emanzipiert. Durch den Einstieg von Finanzinvestor KKR im Januar 2014 hat die Bedeutung von Sportfive für die Berliner noch einmal abgenommen. Mittlerweile beschreibt Schiller die Beziehung so: „Wir sind mit Sportfive in einem Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis.“
18 bis 20 Millionen
So rumpelig die Geschäftsbeziehung derzeit ist, beide Seiten eint das Interesse, einen lukrativen Vertrag mit einer dritten Seite abzuschließen. Hertha strebt einen Drei-Jahres-Vertrag an. Er möge im Volumen insgesamt 18 bis 20 Millionen Euro einbringen.
Einfacher wäre das Agieren für Sportfive, hätte Hertha im vergangenen Jahr eine bessere sportliche Performance hingelegt. Dem war aber nicht so. Dennoch „haben wir viele gute Argumente auf unserer Seite: Die Bundesliga boomt, Berlin und unsere Infrastruktur“, sagt Schiller.
Mit dem Berliner Unternehmen „Rocket Internet“ hatte es im vergangenen Herbst und noch mal im Frühjahr Verhandlungen gegeben. Am Ende jedoch kam der Deal nicht zustande. Aktuell reden Sportfive und Hertha mit einem Wettanbieter. Und noch mit einem anderen, das aus einer Zukunftsbranche kommt.