Dass sie ein Krimifan ist, hat Katharina Thalbach verraten, als sie am Schiller Theater „Mord im Orientexpress“ inszenierte. Vor allem liebt sie die Krimis von Agatha Christie. Und erfüllte sich selbst einen Traum, einmal deren Meisterdetektiv Hercule Poirot zu spielen. Nun ist sie am 21. März auf RTL als „Miss Merkel“ zu sehen. Der Krimi ist natürlich eine Hommage an Christies berühmter Miss Marple. Nur dass die Hobbydetektivin hier die Exkanzlerin Angela Merkel ist. Die hat Katharina Thalbach schon einmal verkörpert. Und auch beim Krimi „Miss Merkel - Ein Uckermark-Krimi“ nach dem Roman von David Safier wollte die 69-Jährige unbedingt dabei sein.
Sie lieben Krimi, vor allem die von Agatha Christie. Was haben Sie gesagt, als das Angebot kam, „Miss Merkel“ zu verfilmen - was auch eine Verbeugung von Miss Marple ist?
Katharina Thalbach: Ich war fassungslos! Wirklich. Weil wir ja gerade in den Proben zu „Mord im Orientexpress“ waren, wo ich den Hercule Poirot spielte. Als ich das Drehbuch las, dachte ich, das liest sich, als hätte sich die BBC das ausgedacht. Ich kannte die Romane vorher nicht, muss ich gestehen. So frech eine Ex-Kanzlerin als Hobbydetektivin einzusetzen - allein die Idee ist doch herrlich. Da dachte ich nur: Halleluja, was für ein Geschenk! Erst Hercule Poirot, und jetzt ganz nah an Miss Marple. Aber noch besser: als Ex-Kanzlerin. Ich habe gejubelt.
Sie haben ja schon einmal Angela Merkel gespielt, vor genau zehn Jahren in der Guttenberg-Satire „Der Minister“, als Murkel. Waren Sie damit prädisponiert für diese Rolle?
Das weiß ich nicht, das müssen sie die Macher fragen. Aber ich bin sicher, dass die das alle gesehen haben. Es gab ja noch andere große Kolleginnen, die schon mal Angela Merkel gespielt haben. Aber ich habe mich sehr gefreut, dass ich es dann geworden bin. Weil ich mich ja schon mit ihr verwandt fühle, ein kleines bisschen zumindest.
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Sie dürften sich ihr auch ein großes Bisschen verwandt fühlen.
Wir sind dasselbe Baujahr. Wir sind beide DDR-Mädels. Ich habe auch Physik geliebt in der Schule, war auch im protestantischen Kirchenchor. Und ich habe mich auch in einem Männerberuf geschlagen. Ich habe alles nur immer ein paar Nummern kleiner gemacht, sie dagegen im Großformat. Und ich durfte sie bewundern. Da freu ich mich doch, wenn ich sie spielen darf.
Sie machen wieder die Raute, es gibt ständig hübsche Anspielungen auf die hohe Politik. Macht das Spaß, so mit der Ex-Kanzlerin umzugehen?
Na klar! Da hat Safier ja auch schöne Vorlagen geliefert. Aber es ist immer liebevoll, nie despektierlich. Das fand ich so angenehm, dass das eben nicht grob war. Dass wir niemandem,‘tschuldigung, vor den Koffer kacken. Das hat immer einen sehr feinen Grad. Dadurch macht das einen Heidenspaß.
Ihre Miss Merkel sagt in ihrer Eigenschaft als Neu-Detektivin: „Ich schaffe das schon“. Ein klarer Verweis auf Ihren Spruch „Wir schaffen das“. Wie finden Sie heute diesen Ausspruch von 2015?
Ich glaube nicht, dass sie je damit gerechnet hat, dass der Satz so einschlägt und wir ihn heute noch zitieren. Sie hat damals einfach mit Empathie reagiert, so sehe ich das jedenfalls, sie dachte, wir sind ein reiches Land, wir müssen anderen helfen, und wir können es auch. Und sie hatte ja auch Recht. Wir müssen ja sogar froh sein, wenn es heute noch Menschen von auswärts gibt, die Arbeiten übernehmen, für die andere sich längst zu fein fühlen, allen voran in der Pflege.
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Was denken Sie rückblickend über die Ära Merkel?
Ui ui ui. (lange Pause) Ich kann das eigentlich nur aus den Augen meiner ausländischen Freunde erklären. Die sagten immer: Seid froh, dass Ihr die Merkel habt! Sie war einfach ein Sinnbild für Kontinuität, man hatte das Gefühl, sie wird das schon machen. Was gewisse Männer dann sehr unangenehm auf die „Mutti“ reduziert haben. Man kann das aber auch positiv sehen: Als Landesmutter hat sie immer einen Schirm ausgebreitet und einem das Gefühl gegeben, wir kommen schon durch. Auch mit ihren manchmal hausfraulichen Formulierungen. Die hat man verstanden, im Unterschied zu dem üblichen Politiker-Sprech. Ich habe sie nie gewählt, aber ich fand sie immer gut als Kanzlerin. Ich konnte aber auch gut verstehen, dass sie die Schnauze voll hatte nach 16 Jahren.
Der Hund im Film heißt Helmut, es wird auch gesagt, er hieß schon mal anders. Tatsächlich hieß er ursprünglich Putin. War das die richtige Entscheidung, ihn umzubenennen?
Das war eine Entscheidung von uns allen. Als wir die Dreharbeiten vorbereiteten, hatte der Krieg gegen die Ukraine ja schon begonnen. Und damit war klar, dass man einem so niedlichen, entzückenden Tier wie diesem Mops nicht den Namen eines Mitglieds der Hölle geben kann. Das geht nicht.
Wissen Sie von irgendeiner Reaktion seitens Angela Merkel auf Ihre Darstellung? Damals als Murkel, jetzt als Miss Merkel?
Nein. Um Gottes Willen! Das würde mich bloß blockieren. Da hätte ich doch Angst, dass sie mit irgendwas unglücklich ist. Ich nehme aber mal an, dass sie das auch nie gucken wird. Sie sieht jeden Tag in den Spiegel, da muss sie ja nicht auch noch im Fernsehen jemand anderen sehen.
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Über Miss Merkel gibt es schon zwei Romane. Gibt es auch schon Pläne, den zweiten Roman zu verfilmen? Oder womöglich für eine ganze Reihe?
Wenn Sie schön darüber schreiben und wenn viele Leute das sehen wollen, dann wird es auch einen zweiten Film geben. Ich weiß auch, dass David Safier schon an einem dritten Buch schreibt. Und dass er mich sehr mag als Miss Merkel.
Da klingt schon durch – Sie wären auf jeden Fall bereit?
Aber hallo. Da hätte ich viel Freude.
Frau Merkel geht in dem Buch in Rente. Wäre das für sie je eine Option? Sich zurückziehen aufs Land?
Ich bin ja schon Rentnerin. Und ich könnte von meiner Pension auch leben, wenn auch etwas bescheidener. Aber nur die Hände in den Schoß legen – das könnte ich nicht. Und auch Angela Merkel, so schätze ich sie ein, wird nie in ihrem Leben untätig herumsitzen. Jetzt schreibt sie ja ihre Autobiografie. Weil sie ja, genau wie ich, nächstes Jahr 70 wird. Aber das heißt ja nicht, dass man aufhört zu arbeiten. Dafür arbeite ich viel zu gerne.
Im Film sagen Sie einmal: „Kennen Sie Mord im Orientexpress?“ Ist das ein Eigenzitat? Haben Sie das hineinimprovisiert?
Der Satz steht tatsächlich im Buch, den hat Safier geschrieben. Es stand nur nicht im Drehbuch. Ich hatte den Roman aber wie eine Bibel bei mir. Und immer, wenn es ein Zitat gab, das gepasst hat, habe ich gefragt: Darf ich das nicht an der Stelle sagen? Das durfte ich dann, und das war beim „Orientexpress“ auch so. Darüber habe ich mich natürlich gefreut.
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Ihre Inszenierung von „Mord im Orientexpress“ wird ja auch wiederkommen, in der Komödie am Kurfürstendamm, die jetzt vom Schiller Theater in das sehr viel größere Theater am Potsdamer Platz gezogen ist. Bleibt da eine gewisse Angst, das Haus, das ja mal für Musicals konzipiert war und als Berlinale-Palast dient, könnte zu groß sein fürs Sprechtheater?
Ich werde morgen mit dem Theaterleiter Martin Woelffer und meinem Bühnenbildner Manne Röhrbein eine Begehung machen. Mal sehen, was wir aus diesem riesigen Saal rausholen können. Wir werden auf jeden Fall mit Mikroports arbeiten müssen. Ich weiß noch nicht, welche Abstriche wir sonst machen oder was ich neu erfinden muss. Aber ich bin sehr gespannt. Wir werden das im Juni dort spielen. Und der Kartenverkauf läuft ja schon, und auch gar nicht schlecht. Ich hoffe, die Leute kommen so, wie sie ins Schiller Theater gekommen sind. Das braucht die Komödie. Und ich möchte die Inszenierung auch weiter spielen. Ich bin sehr gern Hercule Poirot.
Und könnten Sie sich je vorstellen, auch mal Miss Marple selbst zu spielen?
Ganz ehrlich? Nein! Die ultimative Miss Marple ist für mich Margaret Rutherford. Auch wenn sie von Agatha Christie in dieser Rolle ja gar nicht geschätzt wurde. Alle, bloß die nicht, soll sie gesagt haben. Aber jedes Jahr zur Weihnachtszeit werden diese Filme wiederholt. Es gibt Dinge, die sind einfach so, wie sie sind, am besten. Das muss man nicht neu machen. Es wäre schändlich, wenn ich das probieren würde. Und das würde in die Hose gehen.
Es braucht also die ironische Distanz? Eine Merkel als Quasi-Marple, und Poirot als Hosenrolle?
So jedenfalls macht es für mich Sinn.