Nur ein Rädchen im Getriebe des Pannenflughafens BER? Die Aussagen des einstigen Bauleiters Manfred Körtgen im Untersuchungsausschuss hinterlassen ein diffuses Bild.

Den Flughafen Düsseldorf hatte er nach dem Brand Mitte der 90er-Jahre wieder flott gemacht, „bei laufendem Betrieb“. Das betont Manfred Körtgen, es ist ihm wichtig. Dieser Erfolg brachte ihn nach Berlin, und auch den Hauptstadtflughafen BER hätte der Rheinländer gern in führender Position zum Erfolg geführt. Auch als sein Job arg auf der Kippe stand.

Doch es nützte nichts. Im Mai 2012 musste der oberste BER-Bauleiter gehen. Ein Eröffnungstermin ist bis heute nicht in Sicht. Wegen Körtgen?

Der 61-Jährige gilt neben dem ehemaligen Flughafenchef Rainer Schwarz als einer der Hauptschuldigen für das Desaster in Schönefeld. Lange hat er geschwiegen, jetzt muss er sprechen.

Der BER-Untersuchungsausschuss, der nach und nach alle wichtigen Beteiligten des Pannenprojekts befragt, hat nun ihn ins Abgeordnetenhaus geladen.

Einer, der die Kontrolle behält

Körtgen trägt eine himmelblaue Krawatte und wirkt so, wie er früher auch beschrieben wurde: ruhig, besonnen, einer, der die Kontrolle behält. Den Pressevertretern nickt er freundlich zu.

Aber es wird eine schwierige Runde. Zum einen, weil Körtgen oft nur unzureichend und umständlich auf die Fragen der Abgeordneten antwortet. Andererseits, weil ein anderer Zeuge ihn in eine schlechte Position gebracht hat. Eine Woche zuvor musste Körtgens Vorgänger Thomas Weyer vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Und stellte fest: Aus seiner Sicht sei Körtgen für den Posten des Technischen Geschäftsführers nicht geeignet gewesen.

Für SPD und CDU machten Weyers Aussagen deutlich, dass ein „gravierendes Kontrollversagen der Geschäftsführung ab 2008 einer der Hauptgründe für die Probleme am BER“ seien. Was wiederum ein schlechtes Licht auf Körtgen werfe.

Der nennt zuvorderst andere Ursachen für die Probleme am Pannenflughafen. Darunter die zahlreichen Planänderungen während der Bauphase. Diese hätten das Projekt nach unten gezogen. Selbst der „Planänderungsstopp“ habe nichts gebracht.

Zwei Minuten zur Beruhigung

Emotional wird der Hobby-Pianist, als der Vorwurf kommt, seine Abteilung habe Anordnungen vorgenommen. „Wir haben nie ad hoc entschieden und nie aus dem Grund: ‚Wir wollen das so.‘“ Danach bittet er um zwei Minuten zur Beruhigung.

Kritik formuliert Körtgen auch an dem langjährigen Projektsteuerer WSP CBP. „Es hat nicht so funktioniert, wie es sollte. Man musste ihn oft drängen und drücken.“ Das Unternehmen habe seine Mitarbeiter auf der Baustelle oft ausgewechselt und zeitweise nicht ausreichend Personal dort gehabt.

Und auch Klaus Wowereit kommt nicht gut weg. Dieser habe darauf bestanden, ihm „null Euro“ Altersvorsorge zu zahlen. „Sie bekommen so viel Geld, Sie brauchen das nicht“, soll Berlins Regierender Bürgermeister gesagt haben. Er habe das akzeptiert, trotz Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden. Trotz der Verantwortung. „Aber es lief so gut. Die Mitarbeiter standen hinter mir. Wir hatten so viel geschafft. Gemeinsam“, erinnert sich Körtgen.

Doch nach dem geplatzten zweiten Eröffnungstermin, der Körtgen nach eigener Aussage überraschte, beschließt der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Wowereit die Kündigung. Zu groß ist die Kritik geworden.

So hat der Architekt seinen Doktor gemacht, während die Eröffnung 2010 erstmals um sieben Monate verschoben wurde. Körtgen habe als Verantwortlicher Probleme damit gehabt, „die Dinge rechtzeitig zu erkennen“, so Wowereit. Als Abfindung bekommt Körtgen 193.000 Euro.

Welche Rolle spielte Körtgen?

Vieles bleibt unklar. Etwa die Rolle Körtgens bei der Entlassung der Planungsgemeinschaft pg bbi. Wowereit hatte im Auschuss zu Protokoll gegeben, dass Körtgen diese im Rahmen der Aufsichtsratssitzung im Mai 2012 vorgeschlagen habe. Der streitet ab und verärgert mit seinen ungenauen Antworten den Abgeordneten Andreas Otto (Grüne).

Körtgen verneint auch die Frage, ob er Anweisungen zu Änderung der Controllingberichte gegeben habe. Der Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piraten) lässt durchblicken, dass er andere Informationen hat. Sie werden später im nicht-öffentlichen Teil besprochen.

Für die Grünen steht am Ende fest, dass „Dr. Körtgen sich auch als Technischer Geschäftsführer nur als Rädchen in einem großen Getriebe sah“. Seine Befragung lege nahe, dass selbst die leitenden Mitarbeiter der Flughafengesellschaft im Jahr 2012 keinerlei persönlichen Bezug zum Gelingen des Projekts hatten.

Für Körtgen wiederum dürfte sich bestätigt haben, was er in Berlin schon früh bemerkte: „Nicht gemeckert, ist das größte Lob, das man hier bekommen kann.“