Radverkehr in Berlin

Verkehrswende kostet: 700.000 Euro für vier Fahrradstraßen

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Rund ein Jahr Bauzeit und 200.000 Euro Kosten - die Fahrradstraße Stargarder Straße in Berlin-Prenzlauer Berg gehörte zu den teureren Pankower Projekten.

Rund ein Jahr Bauzeit und 200.000 Euro Kosten - die Fahrradstraße Stargarder Straße in Berlin-Prenzlauer Berg gehörte zu den teureren Pankower Projekten.

Foto: Thomas Schubert

Pankow ist Berlins Meister im Planen von Fahrradstraßen. Die Kosten schwanken je nach Projekt erheblich – und das ist der Grund.

Berlin. Neue Schilder, Markierungen auf dem Boden, einige neue Verkehrsinseln mit Bügeln: Nach diesem Rezept sind alle Berliner Fahrradstraßen gestaltet. So simpel die technische Ausführung der Umwidmung des Verkehrsraums zuungunsten des Autos auch sein mag – in Pankow zeigt sich, wie leicht Ehrgeiz und Ergebnis bei der Verkehrswende auseinanderdriften können. Bis einschließlich 2023 wollte der Bezirk eigentlich 20 neue Fahrradstraßen eröffnet haben. Nun, Ende 2022, sind erst drei fertig, eine vierte befindet sich am Anfang der Ausführung, wird aber dieses Jahr nicht mehr eröffnet. Was diese vier Vorhaben gekostet haben, berichtet nun CDU-Verkehrsstadträtin Manuela Anders-Granitzki, die das ins Stocken geratene Programm mit 20 Punkten von ihrem Grünen-Amtsvorgänger übernahm.

Insgesamt 703.000 Euro ließ sich Pankow die Fahrradstraßen Ossietzkystraße, Stargarder Straße, Oderberger Straße und Bizetstraße kosten – wobei das letztere Projekt in Weißensee wegen Problemen mit Baufirmen seit Monaten festhängt. Ein Blick auf die Kostentabelle, die Pankows AfD-Fraktion angefragt hatte zeigt, dass Kosten erheblich schwanken können. Mit 83.000 Euro war die Fahrradstraße Oderberger Straße ein Schnäppchen, alle übrigen Vorhaben lagen bei 200.000 Euro oder knapp darüber.

Warum das so ist? Das hängt ab vom Ist-Zustand des Untergrunds. Sobald der Bezirk eine Neuasphaltierung der Straße für nötig hält, wird es entsprechend teuer. Und das war bislang immer der Fall, mit Ausnahme der dadurch besonders preiswerten Oderberger Straße. Pankow selbst muss die Projekte im Übrigen nicht bezahlen, wie Stadträtin Anders-Granitzki berichtet, sondern tritt nur als Planer und Bauherr auf. Beantragt und bezahlt werden Pankows Fahrradstraßen über das Budget der Berliner Senatsverwaltung für Mobilität.

Fahrradstraßen: Pankow wagt keine Prognosen mehr über 2023 hinaus

So bleibt es auch bei den übrigen Vorhaben des 20-Fahrradstraßen-Programms, das der Bezirk wegen Personalmangels in den Fachabteilungen inzwischen mit stark gedrosseltem Tempo vorantreibt. Zum ursprünglich geplanten Ende im Jahr 2023 können Radfahrer mit höchstens sechs abgeschlossenen Vorhaben rechnen.

Dann wollen Pankows Radverkehrsplaner die Bizetstraße in Weißensee umgebaut haben. Zusätzlich stellt man im neuen Jahr zwei Fahrradstraßen in Prenzlauer Berg auf der Saarbrücker Straße und der Schwedter Straße in Aussicht.

Verkehrswende-Projekte massiv verzögert: Baufirmen lassen Berlins Bezirke warten

Bei allen übrigen 14 Vorhaben des 20-Punkte-Plans wagt Stadträtin Anders-Granitzki derzeit keine Prognose mehr für Bau und Eröffnung. „Belastbare Umsetzungstermine können nur für die Maßnahmen benannt werden, die einen so weit fortgeschrittenen Planungsstand aufweisen, dass die verkehrsrechtliche Anordnung sowie die Finanzierung in Aussicht gestellt werden können“, erklärt sie das Dilemma. Wegen Personalmangels im Straßen- und Grünflächenamt war in Pankow zeitweise gar kein Mitarbeiter mehr greifbar, der befugt wäre, die rechtliche Anordnung vorzunehmen. Nach einer Neueinstellung gilt es nun einen Berg von solchen Angelegenheiten abzuarbeiten, nicht nur bei Fahrradstraßen-Projekten.

Ein weiteres, immer wiederkehrendes Problem: Baufirmen haben inzwischen so volle Auftragsbücher, dass Bezirke oft Monate warten müssen, bis sie einen Betrieb verpflichten können. Mit massiven Verzögerungen, wie die Beispiele der Stargarder Straße und Bizetstraße zeigen.

Pankows AfD stellt sich gegen das Fahrradstraßen-Programm – als einzige Kraft

Auch wenn vor allem in Prenzlauer Berg viele Radfahrer und ihre Unterstützergruppen auf die Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Verkehrssicherheit warten: Pankows AfD plädiert als einzige Fraktion dafür, das Programm zu stoppen. Bisherige Projekte sorgten „vielerorts für eine Verschlechterung der in Pankow ohnehin angespannten Verkehrssituation und führen regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Autofahrern und Fahrradfahrern“, meint der Verordnete Jan-Philip Streeck. Das gleichberechtigte Miteinander aller Verkehrsteilnehmer werde „erheblich gestört“.

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Trotz zäher Umsetzung und Problemen mit der Akzeptanz der neuen Fahrradstraßen hält CDU-Stadträtin Anders-Granitzki hingegen am Programm ihres grünen Amtsvorgängers fest. Pankows großes Programm geht weiter, hat sie im Verkehrsausschuss mehrfach zugesichert – nur mit verringertem Tempo.