Berlin. Der Architekt des geplatzten Riesen-Aquariums war von der Unzerstörbarkeit seines Bauwerks überzeugt. Ein Video zeigt seine Hybris.
- Der Berliner Aquadom wurde vergangenen Freitag komplett zerstört: Eine Million Liter Wasser ergossen sich erst im Hotel, dann auf der Straße
- 1500 Fische starben bei dem Unglück. Dass es zu einem solchen Vorfall jemals kommen würde, das hatte der Erbauer vor ein paar Jahren noch kategorisch ausgeschlossen
- Ein nun aufgetauchtes Video sorgt für Aufregung
„Selbst Gott kann dieses Schiff nicht versenken.“ Dieses Versprechen gab die Reederei Harland & Wolff, als im Mai 1911 der bis dahin größte und luxuriöseste Dampfer in Belfast vom Stapel lief. Dass es sich dabei bestenfalls um eine gravierende Fehlannahme handelte, war spätestens elf Monate später klar, als die "Titanic" in den Fluten des Nordatlantiks versank und Hunderte Menschen mit in den Tod riss.
Ähnlich überzeugt von der Unzerstörbarkeit seines Werkes wie seinerzeit die Erbauer der Titanic zeigte sich im Jahr 2003 Architekt Michael Jennings. Selbst mit „Handfeuerwaffen oder Ähnlichem“ würde es nicht gelingen, „den ganzen Zylinder zum Platzen zu bringen“, sagte der Erbauer des AquaDoms bei dessen Eröffnung. „Solcher Art Hollywood-Szenarien oder Worst-Case-Szenarien könnten hier nicht stattfinden.“
Auch das war ein gewaltiger Irrtum, wie auf den Tag genau 19 Jahre später klar wurde. Am Freitagmorgen zerbarst das 16 Meter hohe Becken unweit des Alexanderplatzes in Berlin-Mitte. Wie es zu der Katastrophe im größten Zylinder-Aquarium der Welt kam, ist bislang unklar. Der Grund ist ersten Spekulationen zufolge jedoch deutlich profaner als die Kugel einer Pistole. So ist bislang schlicht von „Materialermüdung“ die Rede. Allerdings wurden erst im Sommer 2020 umfassende Sanierungsarbeiten des Beckens abgeschlossen.
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Aquadom Berlin zerstört: Gutachter ermittelt seit Montag
Bevor es an die Ursachensuche geht, muss zunächst das Ausmaß des Schadens ermittelt werden. Dazu seien seit Montag Versicherungsgutachter sowie technische und bautechnische Sachverständige in dem verwüsteten Hotel, in dessen Lobby der Tank stand, sagte Fabian Hellbusch, Sprecher des Eigentümers Union Investment.
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Darunter sollen auch Mitarbeiter einer Firma aus dem US-Bundesstaat Colorado sein, die damals die Acrylscheiben herstellten. Mit einem Ergebnis sei erst in mehreren Tagen oder Wochen zu rechnen, so Hellbusch weiter. Ob der AquaDom wieder errichtet wird oder nicht, sei momentan unklar.
Die Wucht der Explosion war so groß, dass sie seismische Wellen auslöste, die von mehrere Kilometer entfernten Erdbebenstationen erfasst wurden. Insgesamt ergoss sich rund eine Million Liter Wasser über die unteren Geschosse bis auf die Straße und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Da der Tank gegen 5.40 Uhr am Morgen platzte, schliefen die meisten Hotelgäste noch. Bis auf zwei Leichtverletzte kamen keine weiteren Menschen zu Schaden.
Großteil des DomAquarées weiterhin normal in Betrieb

„Der Außenbereich ist bereits gereinigt, die Tiefgarage trockengelegt und damit ein Stückchen Normalität zurückgekehrt“, sagte Eigentümer-Sprecher Hellbusch. Die Aufräumarbeiten rund um das explodierte Aquarium könnten aus Sicherheitsgründen noch nicht beginnen. Denn unklar sei aktuell noch, ob sich Elemente lösen und gegebenenfalls herunterfallen könnten. Ziel sei zurzeit, die Fahrstühle wieder zum Laufen zu bringen.
Ein Großteil des aus vier Teilen bestehenden Hotel- und Geschäftskomplexes DomAquarée ist laut Eigentümer-Sprecher Hellbusch weiter in Betrieb. So seien etwa die Büroflächen aktiv, und dem Hotel habe man angeboten, diese Flächen etwa für die Abwicklungen seiner Buchungen zu nutzen.
Für die durch die Explosion in Mitleidenschaft gezogenen Läden wolle man nun schnellstmöglich Lösungen finden, so Hellbusch weiter. Dazu gehört vor allem das DDR-Museum, das im Untergeschoss des DomAquarées liegt und bis auf Weiteres schließen muss. Die Räume sind nach Angaben der Museumsleitung teilweise einsturzgefährdet. Ein Viertel bis ein Drittel der Ausstellungsfläche seien von dem Wasserschaden betroffen.
Nach AquaDom-Katastrophe auch Kritik an Coral World-Projekt
Die Katastrophe kostete einen Großteil der 1500 im AquaDom schwimmenden Fische das Leben. „Diese menschengemachte Tragödie zeigt, dass Aquarien kein sicherer Ort für Fische und andere Meerestiere sind“, hieß es bereits kurz nach der Katastrophe von der Tierschutzorganisation Peta, die rechtliche Schritte gegen die Betreiber des AquaDoms ankündigte. Die Anlage dürfe nicht nur nicht wieder aufgebaut werden, auch weitere Projekte gelte es zu unterbinden.
Dabei zielt Peta auf die geplante Coral World an der Rummelsburger Bucht in Lichtenberg ab. Bereits vor der Katastrophe in Mitte sorgten die Pläne eines Meeres-Aquariums samt Hotel und Parklandschaft für Kritik. Alle Versuche, das Projekt zu stoppen – etwa auf dem Weg einer Petition im Abgeordnetenhaus – scheiterten bislang.
Die Projektleitung würde ihre Pläne nun noch einmal überdenken, sagte Lichtenbergs Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) dem „Tagesspiegel“. Er werde umgehend das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Coral World betreibt bereits weltweit fünf solcher Aquarien – Berlins soll der sechste Standort werden. An den anderen schwimmen mitunter auch Haie durch die Becken.