- Am Freitag ist der Aquadom in Berlin geplatzt
- Das Platzen wird auf eine Materialermüdung zurückgeführt
- "Aqua-Dom"-Havarie sei neuen Erkenntnissen zufolge allerdings nicht einsturzgefährdet
- US-Firma schickt Team zur Hilfe nach Berlin
Der Aquadom in Berlin ist am Freitagmorgen geplatzt. Das riesige Aquarium, das sich im Inneren des Hotel- und Geschäftskomplexes Dom Aquarée – in dem auch das Sea Life Berlin angsiedelt ist – unweit des Alexanderplatzes befand, platzte gegen 5.40 Uhr.
Zwei Menschen wurden bei dem Unglück leicht verletzt. 1000 Kubikmeter Wasser traten aus dem 16 Meter hohen Zylinder aus. Die Wassermassen zerstörten Teile des Radisson-Hotels. 1500 Fische, die sich in dem riesigen Aquarium befanden, konnten nicht mehr gerettet werden. Lesen Sie auch: Riesen-Aquarium in Berlin geplatzt – 1500 Fische tot
Mehr Informationen zu dem geplatzten Riesen-Aquarium lesen Sie bei der Berliner Morgenpost.
Aquadom: Wie ist es zur Zerstörung des Berliner Aquariums gekommen?
Das Platzen des Großaquariums ist nach ersten Erkenntnissen wohl auf eine Materialermüdung zurückzuführen. „Die Ermittlungen zur Ursache ist natürlich noch nicht abgeschlossen“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag. Erste Erkenntnisse würden aber auf eine Materialermüdung hindeuten. Nun gehe es darum, die Schäden zu erfassen und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.
Der Einsatz des Technischen Hilfswerks (THW) am Aquadom wurde am Freitagabend beendet. Das Hotelgebäude in dem das Aquarium stand wurde mittlerweile als sicher eingestuft und an den Eigentümer zurückgegeben. Von dem Gebäude gehe keine Gefahr mehr aus, heißt es von Seiten des THW. Das Atrium und die Rezeption seien aber schwer verwüstet worden.
Hinweise auf einen gezielten, gewaltsamen Anschlag gab es laut Polizei zunächst nicht. Nach Angaben der Feuerwehr wurde der Behälter sehr schnell zerstört. „Wenn das Aquarium defekt ist, dann platzt das schlagartig“, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Das ist nicht ein kleiner Riss, aus dem das Wasser austritt, sondern das komplette Aquarium ist schlagartig geplatzt.“
US-Firma schickt Team nach Berlin
Eine am Bau des geplatzten Aquariums beteiligte US-amerikanische Firma will ein Team zur Untersuchung des Vorfalls nach Berlin schicken. Das teilte das Unternehmen Reynolds Polymer Technology mit. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, den Faktor oder die Faktoren zu bestimmen, die zu einem solchen Riss geführt haben.“ Das Unternehmen aus den USA hat nach eigenen Angaben 2002 eine „Zylinderkomponente“ des Tanks hergestellt und installiert. Auf seiner Homepage schreibt das Unternehmen, es habe das Acrylfenster des Aquadoms hergestellt.
Aquadom-Eigentümer: Grund für Platzen "völlig unklar"
Die Investmentgesellschaft "Union Investment", der das zerstörte Aquarium gehört, hat sich derweil „bestürzt über das Unglück“ gezeigt. Gleichzeitig betonte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass Grund für das Platzen des riesigen Zylinders noch „völlig unklar“ sei. „Wir versuchen uns derzeit in Abstimmung mit Polizei und Feuerwehr vor Ort ein genaueres Bild von der Lage und des entstandenen Schadens zu verschaffen", hieß es weiter.
Nach Angaben der Polizei ist das Aquarium am gestrigen Morgen wohl in Verbindung mit einem sehr lauten Geräusch oder einem Knall zerborsten. Bei der Feuerwehr ging um 5.43 Uhr der Alarm eines automatischen Feuermelders in dem Hotel ein. Teile der Fassade des Hotels, in dem sich das Aquarium befand, seien auf die Straße geflogen. Nach Angaben der Feuerwehr lief ein großer Teil des Wasser wohl durch die Türen im Erdgeschoss auf die Straße und dort in die Gullys. In den Kellergeschossen habe man nicht viel Wasser gefunden.
Das Unglück wurde außerdem mit den strengen Minusgraden in Berlin in Verbindung gebracht. Vor Ort hieß es dazu zunächst, Kälte sei als Ursache eher unwahrscheinlich, da sich der Aquadom im Innern des Gebäudekomplexes befindet.
- Bericht einer Augenzeugin: Hotelgast über Explosion - "Papageienfisch lag erfroren da"
Hätte die Instandhaltung Aquariums öfter kontrolliert werden müssen?
"Großaquarien werden in der Regel aus Acrylglas in mehreren Einheiten angefertigt, da Form und Druck anders nicht zu bewältigen sind. Bei der Produktion wird natürlich darauf geachtet, dass dies dem Wasserdruck standhält. Allerdings kann es durch Temperaturdifferenzen, Spannungen im Glas, Fremdeinwirkung oder auch Materialermüdung zu einem Bruch kommen", teilte eine Sprecherin der Berliner Zoos mit.
"Durch TÜV-Überprüfungen, nach Ablauf einer bestimmten Standzeit und je nach Größe, sowie durch Techniker und Wartungsfirmen kann der Zustand eines Aquariums regelmäßig gewartet werden", erklärt sie weiter. Bei großen Scheiben und Nähten gäbe es die Möglichkeit diese mit Ultraschall zu kontrollieren.
Die Betriebsgenehmigungen und die damit verbundenen Prüfungen von Aquarien haben nach Angaben von Florian Schuran aber je nach Bundesland unterschiedlichen Voraussetzungen. Der Inhaber und Geschäftsführer der Firma New Wave Aquarium Concepts in Wasserberg in Nordrhein-Westfalen erklärt weiter, dass die Genehmigungen in den meisten Fällen von den Bauaufsichten erteilt werden, die auch die Prüfungen durchführen.
"Wenn Leib und Leben durch das Betreiben eines Großaquariums in Gefahr sein können, dann müssen Prüftechniker, Statiker oder die Ingenieure der Bauaufsichten in regelmäßigen Abständen Sicht- oder Tiefenkontrollen durchführen“, sagte er der "Berliner Morgenpost" auf Anfrage. Das Material unterliege Alterungsprozessen. Auch das Salzwasser im Aquarium beanspruche Nähte und Acryl, so der Experte. "Bei den Prüfungen sind Profis am Werk, da wird nichts leichtfertig geprüft und genehmigt", sagte Schuran.
Das 18 Jahre alte Zylinderaquarium wurde laut Herstellerangaben aus 41 Teilen zusammengebaut. "Da gibt es viele Punkte, die das Material beanspruchen. Es wird vermutlich nicht die eine Ursache für das Unglück haben, sondern es ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Ursachen", sagte Schuran. Der Experte verwies auf das Quellverhalten im Material. Auch die mechanischen Beanspruchungen, wie möglicherweise Vibrationen durch den Fahrstuhl im Innern des Aquariums, könnten mögliche Gründe sein.
Sind Menschen bei der Zerstörung des Aquariums zu Schaden gekommen?
Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich laut Feuerwehrangaben mehr als 350 Menschen im Radisson-Hotel. Sie wurden am Morgen von der Feuerwehr aus dem Gebäude herausgeführt und kamen in Wärmebussen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) unter.
Lesen Sie hier das Statement der Hotelleitung zu dem geplatzten Aquarium
Laut den Rettungskräften wurden zwei Personen durch Glassplitter leicht verletzt und in ein Krankenhaus gebracht. Ob es sich bei den beiden Verletzten um Angestellte des Hotels oder um Hotelgäste handelte, war zunächst nicht bekannt. Das zerstörte Erdgeschoss des Dom Aquarées wurde am Vormittag mit Rettungshunden nach Menschen abgesucht.
Was ist der Aquadom?
Der Gebäudekomplex, in dem sich der Aquadom befindet, liegt an der Karl-Liebknecht-Straße im Berliner Bezirk Mitte und wurde 2004 eröffnet. Er befindet sich nahe dem Berliner Dom an der Spree, gegenüber dem Marx-Engels-Forum unter dem Fernsehturm. In dem Komplex befinden sich das Sea Life Berlin, zu dem das Aquarium aber nicht gehörte, und das Radisson Collection Hotel. Von vielen nach innen ausgerichteten Hotelzimmern hatte man einen direkten Blick auf das Groß-Aquarium.
Der Aquadom war nach Betreiber-Angaben das „größte, zylindrische frei stehende Aquarium der Welt“ und wurde im Dezember 2003 nach mehrjähriger Bauzeit eröffnet. Es galt als eine bei vielen Touristen bekannte Attraktion in Berlin. Der Behälter bestand aus Acrylglas, der 16 Meter hoch war und einen Durchmesser von 11,5 Metern hatte. Besucher konnten in einem Aufzug durch das Innere des Aquariums hindurchfahren.
Der Aquadom war von 2019 bis zum Sommer 2020 umfassend modernisiert worden. Damals musste das Wasser komplett abgelassen werden. Die Fische des Großaquariums wurden in dieser Zeit vorübergehend in Aquarien im Untergeschoss des Dom Aquarées untergebracht. Der gesamte Prozess wurde laut Betreibern von erfahrenen Biologen und Aquaristen begleitet.
Welche Fische lebten vor der Explosion im dem Aquarium?
In dem Aquarium lebten zuletzt 1500 exotische Fische in einem echten Korallenriff. Die FDP-Politikerin Sandra Weeser, die in dem Hotel übernachtete und Augenzeugin des Unglücks wurde, berichtete, rund um die Überreste des Aquadoms sei alles zerstört, überall lägen tote Fische herum.
„Das ist ein großes Desaster für die Fische und das Hotel“, sagte sie. Zu den Bewohnern zählten insgesamt 100 Arten, zeitweise unter anderem Schwalbenschwänzchen, Azurriffbarsche, Doktorfische, Fuchsgesichter, Papageienfische und ein Kugelfisch. Einen kleinen Lichtblick gibt es dennoch: in der Konstruktion des geborstenen Zylinders haben Experten der Höhenrettung noch Fische gefunden und retten können, so der Sprecher der Feuerwehr. Außerdem konnten die 400 bis 500 Fische aus dem Untergeschoss, die dort zur Nachzucht gehalten wurden, alle gerettet werden. (bee/dpa)