Bundesliga

Geisterspiele – endet Unions Saison in einem Albtraum?

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Michael Färber
Die Alte Försterei wird in den letzten fünf Heimspielen dieser Bundesliga-Saison leer bleiben müssen.

Die Alte Försterei wird in den letzten fünf Heimspielen dieser Bundesliga-Saison leer bleiben müssen.

Foto: Soeren Stache / pa / dpa

Union fehlt nicht nur gegen den deutschen Meister Bayern München ein wichtiger Faktor im Kampf um den Klassenerhalt in der Bundesliga.

Berlin. Es war Ende Juli vergangenen Jahres, als Dirk Zingler, der Präsident des 1. FC Union, die Bedeutung der Alten Försterei herausstellte. Nicht nur der Klubchef, auch Trainer und Profis des Vereins haben dies in den vergangenen Jahren immer wieder getan.

Doch an jenem Dienstag, nur wenige Stunden nachdem der große Traum vom Aufstieg in die Fußball-Bundesliga vollbracht war, sagte Zingler: „Vielleicht hilft uns diese Enge, diese Nähe, diese Kompaktheit auch. Es wird für alle ein Brett werden hierherzukommen.“

Am Sonntag (18 Uhr, Sky) kommt der FC Bayern München nach Köpenick, kein Geringerer als der deutsche Meister der vergangenen sieben Jahre und zugleich aktueller Spitzenreiter. Nur dieses Brett, das Zingler allen Gästemannschaften versprochen hatte, wird es nicht geben. Aufgrund des Coronavirus kann die Spielzeit nur ohne Zuschauer zu Ende gespielt werden.

Union Berlin hat noch fünf Heimspiele

Das Duell gegen die Bayern ist nur eines von fünf Heimpartien, die Union noch an den letzten neun Spieltagen bestreiten darf. Geisterspiele, die bei längerer Betrachtung ein sportliches Schreckensszenario für Union bereithalten könnten.

Ein Szenario, mit dem man nach dem bisherigen Saisonverlauf und den guten 30 Punkten, die die Mannschaft von Trainer Urs Fischer bislang gesammelt hat, nur bei einer äußerst pessimistischen Grundhaltung rechnen würde: dem Abstieg in die Zweite Liga.

„Wir starten ja trotzdem mit 30 Punkten“, sagte Oliver Ruhnert zwar. Doch Unions Geschäftsführer Profifußball appellierte auch an die Mannschaft: „Jeder muss annehmen, dass es wieder um Punkte geht. Die Mannschaft, die das am besten annimmt, holt die meisten Punkte.“

Union Berlin empfängt noch drei direkte Konkurrenten

Und Ruhnert blickt durchaus mit gemischten Gefühlen den kommenden neun Wochen entgegen. „Bei uns sind es noch fünf Heimspiele, davon noch drei gegen Mannschaften, die hinter uns stehen“, verdeutlichte der Union-Manager. Nach den Bayern am Sonntag empfängt der derzeitige Tabellenelfte noch den FSV Mainz 05 (27. Mai), Schlusslicht SC Paderborn (16./17. Juni) sowie am letzten Spieltag Fortuna Düsseldorf (27. Juni). Dazwischen gibt es noch die Begegnung mit Schalke 04 (5.-8. Juni). Die genauen Ansetzungen der Spiele gegen Paderborn und Schalke sind noch nicht bekannt.

Partien, die für den Verbleib in der Bundesliga von enormer Bedeutung sind. Und in denen die Unterstützung von den Rängen fehlen wird. Ein Faktor, der dem Fischer-Team in der Premierensaison im Oberhaus schon einige Punkte gesichert haben dürfte.

Erinnert sei nur an den grandiosen Heimsieg gegen Borussia Dortmund (3:1). An jenem August-Abend 2019 ging nicht nur der Stern von Stürmer Marius Bülter auf, der zwei Tore gegen den Titelkandidaten erzielte, sondern es zeigte sich auch die Wucht, mit der die Kulisse Union antreiben kann. Der aufopferungsvolle Kampf gegen den BVB wäre ohne voll besetzte Ränge undenkbar gewesen. Ähnliches hatte sich auch schon im Relegationsrückspiel um den Aufstieg gegen den VfB Stuttgart (0:0) gezeigt. Oder auch danach gegen den damaligen Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach (2:0).

Union Berlins Prömel sorgt sich um die zweite Luft

Und auch am Sonntag gegen die Bayern wäre die Rückendeckung von den Tribünen sicher kein Nachteil gewesen. Erst recht, wenn gegen eine fußballerisch ohne Zweifel bessere Mannschaft vor allem Laufbereitschaft und Einsatz gefordert sind.

„Wir hätten schon lieber vor vollem Haus gespielt“, verdeutlichte Mittelfeldspieler Grischa Prömel: „Die Unterstützung unserer Fans ist gerade in so einem Spiel wichtig, in dem es Phasen gibt, in denen wir dem Ball hinterherlaufen müssen. Da kriegt man dann eine zweite Luft übers Publikum.“ Diese zweite Luft werden die Profis nun irgendwie selbst generieren müssen.

Mag man eine Niederlage gegen die Bayern vielleicht noch verkraften, so sollte es vor allem gegen Mainz, Paderborn und Düsseldorf möglichst keine Punktverluste geben. Der Acht-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz wäre unter Umständen schnell aufgebraucht.

Union-Manager Ruhnert: „Fans sind der zwölfte Mann“

„Nach einer normalen Vorbereitung sagst du ja immer, es ist gut, wenn du auf so eine Mannschaft früh in der Saison triffst“, sagte Geschäftsführer Ruhnert. Die Corona-Pause zusammen mit der erforderlichen Quarantäne-Woche für alle Mannschaften mag sich wie ein Saisonstart anfühlen – mehr aber auch nicht.

„Ein Heimspiel ohne Zuschauer gegen Bayern München ist es auf jeden Fall für uns ein Nachteil. Auch wenn es wie eine Floskel klingt: Bei uns sind die Fans der zwölfte Mann“, erklärte Ruhnert. Bislang hat Union auch davon profitiert, sich trotz der guten Saison ausschließlich auf das Wesentliche – den Klassenerhalt – zu konzentrieren. Man darf gespannt sein, ob diese Konzentration ohne den zwölften Mann schwindet.

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