Berlin. Der Startpunkt für die Fortsetzung der Fußball-Bundesliga und damit die Rückkehr zu einem kleinen Stück mehr Normalität in der Krise um das Coronavirus ist also gesetzt. Ab 16. Mai vollendet die Deutsche Fußball Liga (DFL) eine Spielzeit, in die sich der 1. FC Union als 56. Mitglied der deutschen Eliteliga aufgemacht hatte und in der die Köpenicker mit dem Geister-Heimspiel gegen den deutschen Meister Bayern München am 17. Mai (18 Uhr, Alte Försterei) den nächsten Schritt in Richtung Klassenerhalt vollziehen wollen.
Doch wenn der Ball wieder rollt, geht es um weit mehr als nur die sportliche Ermittlung von Meistern, Europapokalstartern sowie Auf- und Absteigern oder die Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Symbiosen. Der Profifußball bekommt die einmalige Gelegenheit, seinen Wert für die Gesellschaft zu untermauern, sollte er der so oft zitierten Vorbildfunktion nun gerecht werden – ohne Ausnahme.
Union Berlin reist ins Quarantäne-Trainingslager
„Organisatorisch ist die Umsetzung des DFL-Konzeptes eine Herausforderung, weil unheimlich viel Disziplin nötig ist“, sagte Dirk Zingler. Unions Präsident appellierte deshalb an alle Beteiligten: „Wir werden darauf achten müssen, dass man nicht nach fünf Spieltagen schon wieder etwas lascher mit der Situation umgeht. Zurzeit wissen alle, worauf es ankommt. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Sensibilität hochzuhalten.“
Soll heißen: Trotz der Möglichkeit, wieder ein Mannschaftstraining bestreiten zu können, für das der Berliner Senat am Freitag seine Zustimmung gab, müssen die Abstands- und Hygiene-Regelungen weiter genau eingehalten werden. Union reist deshalb am Sonnabend in ein Quarantäne-Trainingslager nach Barsinghausen. Es gelte, so Zingler, „der Politik und den Gesundheitsämtern auch den einen oder anderen Weg zu zeigen, wie Sportveranstaltungen auch wieder mit Menschen möglich sein können“. Dafür müssten weitere Konzepte erarbeitet werden. Konzepte, die auch im normalen Alltag ihre Anwendung finden sollen.
„Der Fußball ist über den Menschen in der Gesellschaft verankert. Diese Verankerung ist in den nächsten Wochen nicht möglich. Wir müssen uns alle darum bemühen, die Zeit, in der Menschen nur im Fernsehen die Spiele sehen können, so gering wie möglich zu halten. Da sind wir auch abhängig von der allgemeinen Lage und der Entwicklung in Deutschland und der Welt. Das gilt aber für alle Sportarten“, erklärte Zingler.
Union-Boss Zingler: „Man ist dankbar für dieses Konzept“
Dass der deutsche Profi-Fußball mit seinem Konzept gegen das Coronavirus als Blaupause auch für andere Sportarten oder Ligen gelten kann, lässt die nächsten Wochen für die Bundesliga erst recht zu einer Bewährungsprobe werden, bei deren Bestehen vor allem das eigene Image aufpoliert werden kann.
„Wir erfahren von den Kollegen aus den anderen Sportarten auch Dankbarkeit, dass der Profifußball solch eine starke Organisation und auch die Mittel hat, um solch teure Konzepte zu entwickeln, ohne zu wissen, ob sie tragen. Da ist die Bundesliga stark in Vorleistung gegangen“, sagte Zingler. Gerade in Berlin finde ein reger Austausch unter den Profiklubs der anderen Sportarten (Handball, Basketball, Eishockey, Volleyball) statt.
„Wir wollen auch in Berlin keine Sonderrolle einnehmen, sondern dass auch die Füchse oder die BR Volleys wieder spielen können“, verdeutlichte Zingler: „Vielleicht ist es auch ein Musterkonzept, das andere Sportarten anpassen können. Ich glaube schon, dass man nicht nur national, sondern sogar auch international dankbar ist für dieses Konzept.“
Uefa-Boss Ceferin setzt auf die Bundesliga als „leuchtendes Beispiel“
Mit Aleksander Ceferin gab es von keinem Geringeren als dem Boss der europäischen Fußball-Union Uefa ein positives Feedback. „Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland uns allen ein leuchtendes Beispiel dafür geben wird, wie wir den Fußball – mit all seiner Aufregung, Emotion und Unberechenbarkeit – wieder in unser Leben zurückbringen können“, ließ der Slowene wissen.
Wie schwer es der Profifußball derzeit in der Öffentlichkeit hat, offenbarte der „DeutschlandTrend“ der ARD. 50 Prozent sprachen sich in einer Umfrage von Infratest dimap gegen einen Restart der Bundesliga ohne Zuschauer aus. Nur 36 Prozent waren dafür. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv sind sogar 57 Prozent dagegen und nur 32 Prozent dafür.
Union Berlins Subotic äußert sich kritisch zum Neustart
Auch in Spielerkreisen sind die Reaktionen nicht einheitlich. Während sich viele freuen, ihrem Job wieder nachgehen zu können, stellte Neven Subotic, bekannt für sein soziales Engagement, den Restart mit der weiter fragilen Lage rund um das Coronavirus in Zusammenhang. In einem BBC-Interview antwortete der Union-Profi auf die Frage, ob es für eine Rückkehr des Fußballs noch zu früh sei, wie folgt: „Ich denke, egal wann wir starten, es wird zu früh sein.“
Ob das DFL-Konzept als Vorlage für andere Bereiche dienen kann, hängt auch vom Verhalten der aktiven Fanszene ab. Bei Hertha ist man im Dialog mit dem eigenen Anhang und hofft, dass sich alle der aktuellen Situation in Deutschland bewusst sind und dem Stadion fernbleiben.
Auch Unions Präsident Zingler glaubt nicht, „dass es Ansammlungen von Fans vor der Alten Försterei geben wird. Unsere Fans haben sich sehr verantwortungsvoll benommen. Ich sehe wenig Probleme in Berlin und auch an anderen Standorten.“
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