Berlin. Es ist wohl eine Begleiterscheinung in der Corona-Krise, dass eine eigentlich gute Nachricht auch gern von einem negativen Nachtrag begleitet wird. Am Dienstag „waren alle Corona-Tests negativ, das ist für die Mannschaft ein positives Zeichen“, sagte Oliver Ruhnert. Auch Yunus Malli, um dessen Zustand nach einem Coronavirus-Fall zuletzt gerätselt wurde, konnte wieder am Mannschaftstraining teilnehmen.
Doch der Geschäftsführer Profifußball des 1. FC Union fügte in einer Videoschalte aus dem Trainingslager in Barsinghausen hinzu: Trainer Urs Fischer „musste kurzfristig Barsinghausen aus privaten Gründen verlassen und wird auch in den kommenden Tagen fehlen“. Die Gründe stünden aber in keinem Zusammenhang mit einer Corona-Infektion oder den Quarantänevorschriften.
Co-Trainer Hoffmann und Bönig leiten Training von Union Berlin
Die Co-Trainer Sebastian Bönig und Markus Hoffmann leiten in den nächsten Tagen das Training. Das Duo verfolgte auch das interne Trainingsspiel am Mittwochvormittag. Zum Re-Start der Saison am Sonntag gegen Bayern München (18 Uhr, Alte Försterei) könnte der Coach aber wieder zurück sein.
„Er hat den ersten negativen Test mitgemacht, das war wichtig, um auch den zweiten Test am Sonnabend mitmachen zu können. Die DFL wurde darüber informiert“, sagte Ruhnert. Ein negativer Corona-Test am Tag vor dem Spieltag ist die Voraussetzung, um während des Spiels im Stadioninnenraum sein zu können.
Gleiches gilt natürlich auch für die Profis, die sich unter Quarantäne-Bedingungen seit vergangenem Sonnabend in Barsinghausen auf die Fortsetzung der Saison vorbereiten. „Die Mannschaft ist gut unterwegs. Wir sind in einem sehr zuvorkommenden Sporthotel untergebracht und haben die gesamte Anlage für uns“, erklärte Ruhnert.
Union Berlin achtet auf Regel-Umsetzung
Der Kaderplaner der Köpenicker spricht von einem Alltag, der „schon stark verändert“ ist. „Die Umsetzung und Einhaltung der Regeln nimmt unheimlich viel Zeit in Anspruch“, sagte Ruhnert. Erst am Dienstagabend gab es von der Deutschen Fußball Liga (DFL) die neuesten Instruktionen. Noch am selben Abend „haben wir die Abläufe beim Spiel mit der Mannschaft besprochen“, so Ruhnert.
So darf ein Torjubel zum Beispiel nur mit kurzem Ellbogen- oder Fußkontakt erfolgen. Gesichtsmasken sind Pflicht für alle Personen, die sich auf der Ersatzbank befinden. Verboten sind Rudelbildungen, Abklatschen, Umarmen oder Spucken, auch Einlaufkinder, Maskottchen oder das Händeschütteln der Spieler vor dem Anpfiff wird es nicht geben.
Bei Unions Profis kehren die Abläufe zurück
Hinzu kommt die Ungewissheit, ob die Mannschaft an die sportlich guten Leistungen anknüpfen kann, die sie vor der Unterbrechung am 13. März in der Mehrzahl der Spiele gezeigt hatte. „Man hat gemerkt, dass wir sehr lange nicht mehr gespielt haben“, musste Ruhnert nach dem internen Testspiel feststellen. Deshalb sei es gut gewesen, „mal wieder Elf gegen Elf zu spielen. Das letzte Mal war dies in Freiburg der Fall.“ An jenem 7. März hatte Union mit 1:3 bei den Breisgauern verloren.
Ob Union an den letzten neun Spieltagen wieder in die Erfolgsspur zurückfindet, „ist seriös schwer zu beantworten. Aber wir kommen wieder in gewisse Abläufe, deshalb hilft es, hier in Barsinghausen kurze Wege zu haben, um schnell reagieren zu können“, verdeutlichte Ruhnert.
Ruhnert und die mangelnde Wertschätzung
Unions Manager nutzte außerdem die Zeit, um die Planung der Mannschaft für die kommende Saison voranzutreiben. Mit Mittelfeldspieler Grischa Prömel und Ersatztorwart Jakob Busk wurden die Verträge verlängert. Neben Sebastian Polter, der bereits im Februar seinen Abschied von Union verkündet hatte, wird auch Torwart Rafal Gikiewicz den Klub verlassen.
Gikiewicz hatte sich enttäuscht über die Entwicklung gezeigt, Union hätte sich nicht ausreichend bemüht. „Er hatte ein unterschriftsreifes Angebot, das er jederzeit hätte unterschreiben können“, kommentierte Ruhnert die Reaktion des polnischen Torhüters. Der hatte im polnischen Sender „Canal+ Sport“ wissen lassen: „Vom ersten Treffen an hatte ich nicht das Gefühl, dass der Klub seinen besten Spieler halten will. Das habe ich nicht verstanden.“
Ruhnert sagte dazu am Mittwoch: „Jeder empfindet Wertschätzung anders, wenn er das so empfindet, dann muss man das so akzeptieren. Wir haben mehrere Versuche unternommen, uns zu einigen. Und dann finde ich es auch einen normalen Prozess, wenn dann mal ein Verein sagt, wir trennen uns.“ Fehlende Wertschätzung des Vereins war auch für Stürmer Polter das Hauptkriterium, um Union im Sommer den Rücken zu kehren.
Union-Manager Ruhnert ist für Auf- und Absteiger
Mit Blick auf die in der Öffentlichkeit durchaus kritisch begleitete Rückkehr in den Spielbetrieb der Unterhaltungsbranche Profifußball verteidigte der Union-Geschäftsführer die Entscheidung der Politik. „Wir haben genau wie jede andere Berufsgruppe den Wunsch, wieder arbeiten zu können. Die DFL hat ihr Hygienekonzept vorgestellt. Und ich finde, dass das sehr seriös war und überhaupt kein Druck ausgeübt wurde“, erklärte Ruhnert: „Deshalb ärgert es mich so ein bisschen, wenn der Fußball auf die Seite der Millionäre geschoben wird. Angesichts der 56.000 im Profifußball „macht das für mich keinen Sinn“.
Auch dass es bei einem möglichen Saisonabbruch Überlegungen gibt, auf Auf- oder Absteiger zu verzichten, kann Ruhnert nicht nachvollziehen: „Meine persönliche Sicht dazu ist, dass es richtig ist, dass wir einen Auf- und Abstieg bekommen, weil die Ligen so strukturiert sind.“ Alle 36 Profiklubs hätten entschieden, „den Wettbewerb so spielen zu wollen, also auch mit Auf- und Abstiegsregeln“.
In einer Videokonferenz wird die DFL am Donnerstag über mögliche Abbruchszenarien sowie eine Satzungsänderung entscheiden, nach der Heimspiele in besonderen Fällen auch in fremden Stadien möglich sein sollen.
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