Berlin. Marvin Friedrich wird am Sonnabend spielen. Diese Aussage zu treffen mag angesichts der bisherigen Auftritte des 1. FC Union in der Fußball-Bundesliga nicht besonders kühn sein. Schließlich stand Friedrich in 17 der 18 Partien in der Startelf des Aufsteigers und fehlte dabei keine Minute.
Und doch ist sie ein wenig gewagt. Zum einen muss sich Unions Trainer Urs Fischer nicht wieder für den Innenverteidiger entscheiden, zumal neben Michael Parensen und Neven Subotic auch Keven Schlotterbeck offenbar wieder bereitsteht. Zum anderen ist da der Gegner: Union spielt gegen den FC Augsburg (15.30 Uhr, Alte Försterei).
Zwei Jahre lang schnürte Friedrich seine Fußballschuhe für die Schwaben, von Juli 2016 bis Januar 2018. Nur für die Profis gespielt hat er nicht eine Minute. Nach seinem Wechsel zu Union vor zwei Jahren und dem Aufstieg in die Bundesliga vergangene Saison bot sich für Friedrich nun die Gelegenheit, wenigstens einmal im Augsburger Stadion aufzulaufen, doch die Partie am zweiten Spieltag sollte die einzige werden, die Friedrich in dieser Saison fehlt. Coach Fischer hatte sich für Subotic entschieden.
Friedrich war bei Union Berlin noch nicht verletzt
Und am Sonnabend? „Die Sporttasche habe ich dabei, den Rest muss der Trainer entscheiden. Ich bereite mich wie auf jedes andere Fußballspiel vor“, sagt Friedrich, lacht dabei und wirkt entspannt. Kann er auch sein. Friedrich ist Unions Konstante in der Defensive. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Natürlich hat sich Friedrich im Lauf der vergangenen Monate im Oberhaus weiterentwickelt, wie jeder andere Spieler auch. Das war für seine Entwicklung als Profifußballer enorm wichtig, zählt er doch mit seinen inzwischen 24 Jahren längst nicht mehr zu den Frischlingen der Branche, sondern ist auf dem Weg zum besten Fußballeralter.
„Ich versuche, im Training Gas zu geben und im Spiel meine Leistung zu zeigen“, sagt Friedrich. Das sagt er immer, wenn er nach seinem Leistungsstand befragt wird. Sein gestiegenes Selbstbewusstsein dokumentiert er in jenem Zusatz, den er ohne zu zögern anfügt: „Im Moment gelingt mir das ganz gut. „Ich bin fit und habe mich bei Union auch noch nicht verletzt, das ist ja auch immer sehr wichtig.“
Union Berlin kämpfte um Friedrich
Um kaum einen anderen Spieler hatte Union nach dem Aufstieg gekämpft wie um Friedrich. Weil er in seinem ersten vollen Profijahr bei den Köpenickern in allen 38 Pflichtspielen (34 in Liga zwei, jeweils zwei in der Relegation und im DFB-Pokal) von Beginn an auf dem Platz gestanden hatte.
Und weil er in jener Spielzeit sein erstes Saisontor ausgerechnet dann erzielte, als es für Union wirklich wichtig gewesen ist. Sein Kopfball zum 2:2 im Relegationshinspiel beim VfB Stuttgart war im Endeffekt der Treffer, durch den Union sich den langersehnten Traum vom Aufstieg erfüllen konnte.
Doch die Augsburger hatten – einer Option im Leihvertrag mit Union entsprechend – Friedrich im Sommer 2019 für eine Million Euro zurückgeholt. Nach zähen Verhandlungen konnten sich beide Klubs schließlich auf eine Ablösesumme von zwei Millionen Euro einigen. Friedrichs Wunsch, bei Union bleiben zu dürfen, war erfüllt.
Friedrich geht bei Union Berlin kein Risiko ein
Vor diesem Hintergrund ist es noch nachvollziehbarer, dass Friedrich mit gutem Beispiel vorangehen will. Er tut das als gewissenhafter Abwehrmann. Mit 68 gewonnenen Kopfball-Duellen liegt der 1,92-Meter-Mann auf Rang acht aller Bundesligaspieler.
„Als Verteidiger darf man kein wildes Spiel haben, sondern muss solide spielen, kein Risiko eingehen. Das passt schon zu meinem Spielstil. Gerade für einen Innenverteidiger ist das wichtig. Ich versuche nie, in Panik zu geraten“, erzählt Friedrich.
Dementsprechend blickt er auch einer latent drohenden Sperre gelassen entgegen. „Im Fußball passiert das schon manchmal“, sagt Friedrich, der bislang vier Gelbe Karten kassierte. Nummer fünf bedeutet automatisch ein Spiel Pause.
Friedrich ist Vize-Kapitän bei Union Berlin
Friedrichs hohes Ansehen innerhalb der Mannschaft wird dadurch zementiert, dass er Stellvertreter von Kapitän Christopher Trimmel ist. Als solcher führte er Union zum Rückrundenstart bei RB Leipzig (1:3) aufs Feld. Und natürlich gibt er zu verstehen: „Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich die Binde trage oder nicht.“
Trainer Fischer hat eine klare Meinung über seinen Innenverteidiger: „Auf ihn ist Verlass.“ Der Schweizer sieht Friedrich „auf einem sehr guten Weg“, weil er „im Training und durch die Spiele täglich dazulernt“ und schon jetzt „sehr konstant“ ist.
Gleichwohl machte der Schweizer im Sinne des Teamgedankens aber deutlich, dass Friedrich auch durch die Ausfälle von Florian Hübner, Schlotterbeck und Subotic in der Hinrunde profitiert haben könnte.
Friedrich will mit Union Berlin ruhig weiterarbeiten
Fakt ist, dass Friedrich auch gegen Augsburg wieder gebraucht wird. „Augsburg ist ein direkter Konkurrent“, sagt Friedrich ungeachtet der Tatsache, dass Union als Tabellenzwölfter zwei Plätze und drei Punkte hinter dem FCA liegt. „Wir wissen, dass hinter uns viele Mannschaften punkten. Es wird eine schwere Rückrunde. Für uns gab es aber nie ein anderes Thema, als gegen den Abstieg zu spielen“, erklärt Friedrich.
Und die vier Spiele ohne Sieg? „Das hatten wir in der Hinrunde auch und haben ganz ruhig weitergearbeitet“, antwortet Friedrich, „das werden wir jetzt auch wieder machen.“ Jetzt muss er gegen Augsburg bloß noch zum Einsatz kommen.
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