Bundesliga

Herthas riskante Trainer-Entscheidung

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Uwe Bremer
Muss weg: Hertha-Trainer Pal Dardai.

Muss weg: Hertha-Trainer Pal Dardai.

Foto: dpa

Warum Hertha-Manager Michael Preetz einen exzellenten Nachfolger braucht für Pal Dardai, der im Juni gehen muss.

Berlin. Am Ende ging es schnell. Am Montagvormittag hatte Pal Dardai gesagt, er spüre das Vertrauen von seinen Spielern, dem Manager und dem Präsidenten: „Ich habe vom Manager nichts gehört, dass er unzufrieden ist.“ Am Montagabend und Dienstagmorgen hat der Hertha-Trainer von seinem Vorgesetzten Michael Preetz gehört. Nach zwei Gesprächen zwischen Hertha-Manager und Dardai stand die Entscheidung: In fünf Spielen, mit dem Saisonfinale am 18. Mai im Olympiastadion gegen Bayer Leverkusen, ist Schluss für Dardai als Cheftrainer bei Hertha.

In der Medienmitteilung, die der Fußball-Bundesligist verschickte, hieß es: „Hertha BSC und Cheftrainer Pal Dardai haben sich einvernehmlich darauf verständigt, dass der Ungar den Trainerposten bei den Profis am Ende der Saison abgibt.“ Michael Preetz, der im Januar noch angekündigt hatte, Dardai werde das Team auch 2019/20 trainieren, wird nun wie folgt zitiert: „Wir sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass ein neuer Impuls im Sommer der richtige Schritt für Hertha BSC ist.“ Dardai bedankte sich artig für „intensive und ereignisreiche Jahre“. Er sei „sehr stolz darauf, was wir in dieser Zeit gemeinsam erreicht haben.“

Kommentar: Die Gefahr der großen Namen

Herthas Chefetage will hoch hinaus

Man ordnet die Ereignisse aber durchaus richtig ein, dass es die sportliche Leitung von Hertha BSC um Michael Preetz war, die einen neuen Trainer wollte. Die Entscheidung hat nur vordergründig mit der aktuellen Minus-Serie von fünf Niederlagen in Folge und dem Abrutschen auf Rang elf zu tun. Herthas Chefetage will hoch hinaus. Die Träume sind kühn. Der Hauptstadt-Klub will endlich Anschluss finden an die Topvereine der Bundesliga, die regelmäßig auch international im Einsatz sind. Dafür soll nun einer Trainer her, ein richtig großer Name, mit dem sich dieses Vorhaben angreifen lässt.

Dieser Traum wurde auch zu Zeiten des vormaligen Managers Dieter Hoeneß Ende der 90er-Jahre und Anfang der 2000er-Jahre geträumt. Der Preis war hoch. Über Jahre kämpfte Hertha um die Existenz und hatte erhebliche Mühe, die finanziellen Vorgaben für eine Bundesliga-Lizenz zu erfüllen.

Diese Trainer werden als Nachfolger von Pal Dardai gehandelt

Die Spekulationen, wer Dardai-Nachfolger wird, schossen sofort ins Kraut: Ob Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann, David Wagner, ein Freund von Jürgen Klopp und Aufstiegstrainer mit Huddersfield Town in die Premier League, Roger Schmidt, derzeit in China bei Beijing Sinobo Guoan unter Vertrag oder Namen, die gerade auf dem Markt sind wie Alexander Zorniger, Domenico Tedesco, Dieter Hecking, Peter Stöger oder Andries Jonker.

Wenn es allerdings um die richtig großen Namen geht, geht es um viel Geld. Jose Mourinho, zuletzt bei Manchester United, ist verfügbar oder Antonio Conte, zuletzt beim FC Chelsea. Das letzte Jahresgehalt von Conte taxiert das französische Fachmagazin „France Football“ auf 11,3 Millionen Euro, das von Mourinho auf 31 Millionen – Dimensionen, bei den Hertha schon lange raus ist.

Klub auf der Suche nach einem großen Investor

Auch wenn die Blau-Weißen sich nicht in VIP-Regal der Trainer-Gilde bedienen können, deutet der Wunsch nach einem hochkarätigen Coach auf eine Veränderung der Hertha-Strategie hin. Der Neue muss in jedem Fall junge Spieler entwickeln können, das Label vom Ausbildungsverein wird bleiben. Aber Pal Dardai hatte noch am Montag darauf verwiesen, dass Hertha in seiner Amtszeit für neue Spieler 40 Millionen Euro ausgeben und 44 Millionen eingenommen habe. Das wird sich ändern müssen, will Hertha den Anschluss nach oben finden. Der Weg von RB Leipzig der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass man da in vier, fünf Jahren rasch mal 100 Millionen Euro investieren muss, ehe große Summe (etwa über Transfereinnahmen) zurückfließen.

Bisher hat Hertha dieses Geld nicht. Aber Finanzchef Ingo Schiller ist seit längerem auf der Suche nach einem ganz großen Investor.

Mehrheit der Fans bedauert Entscheidung gegen Dardai

Und Dardai? Da der Ungar einen unbefristeten Vertrag besitzt, heißt es in der Hertha-Mitteilung, Dardai werde „im Sommer 2020 wieder als Nachwuchstrainer einsteigen“. Daran glaubt Jürgen Röber, 1996 bis 2002 Trainer-Vorgänger bei Hertha, nicht. Beim Internet-Portal „t-online.de“ sagte Röber: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Pal im Anschluss wieder Nachwuchs-Trainer bei Hertha wird. Pal hat in der Bundesliga Blut geleckt und ist ein Ehrgeizling. Da gehst du nicht zurück in den Nachwuchs.“

Die Mehrheit der Fans bedauert die Entscheidung gegen Dardai. Der Publikumsliebling wird viel Unterstützung erfahren beim Heimspiel am Ostersonntag gegen Hannover (18 Uhr). Stattdessen gibt es reichlich Kritik an Preetz, im Internet kochen die Emotionen hoch. Aus dieser Bredouille kommt der Manager raus, wenn alles gut wird mit der Wahl des neuen Trainers und dessen Start bei Hertha.