Berlin. „Die Mieter*innen können aufatmen, Friedrichshain-Kreuzberg hat erneut den Verkauf eines Hauses an einen Investor verhindert“, teilte Florian Schmidt, Baustadtrat des Bezirks, kürzlich mit. Bereits bei zehn Häusern habe man das Vorkaufsrecht erfolgreich ausgeübt, weitere sollen folgen.
Die Siegerlaune könnte dem grünen Baustadtrat schon bald vergehen. Das zumindest legt die schriftliche Begründung eines Urteils des Berliner Landgerichts nahe, die der Senat bislang unter Verschluss gehalten hat. Das Urteil betrifft zwar Häuser im Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg, doch die Ausgangssituation ist dieselbe. Denn um die Häuser kaufen zu können, greifen beide Bezirke – mit ausdrücklicher Unterstützung und Billigung des rot-rot-grünen Senats – auf den Milieuschutz zurück. Denn in Milieuschutzgebieten hat die Stadt ein Vorkaufsrecht.
Bebauungsplan ist für Gericht entscheidend
Das vom Senat gefeierte Wundermittel gegen die Verdrängung finanzschwacher Mieter aus ihren Wohnungen droht nach dem Urteil jedoch wirkungslos zu verpuffen. Denn das Gericht vertritt die Auffassung, dass es im vorliegenden Fall gar keine Rolle spielt, ob die Häuser in einem Milieuschutzgebiet liegen oder nicht.
Entscheidend sei vielmehr, ob die betreffende Immobilie im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt und dessen Festsetzungen entsprechend bebaut ist. Und das ist in Berlins Wohnquartieren nahezu immer der Fall. Das Vorkaufsrecht wäre damit flächendeckend gar nicht anwendbar.
Die Senatsfinanzverwaltung hat gegen das Urteil zwar Berufung eingelegt und betont, dass es noch nicht rechtskräftig sei. Im Interesse der Steuerzahler sollte der Senat jedoch auf die Bezirke einwirken, sofort jegliche weitere Bemühungen in Sachen Vorkaufsrecht einzustellen. Denn wenn sich die Rechtsauffassung des Landgerichts durchsetzt, kommen millionenschwere Schadensersatzforderungen verhinderter Käufer auf das Land Berlin zu.
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