Unendlich lang hatte man Berlin nachgesagt, dass es hier seit der Hugenottenzeit wenig Genussbereitschaft gebe. Und dass ein Business- oder gar Genießer-Lunch völlig ignoriert werde. Wer das immer noch glaubt, sollte zur Mittagszeit mal ins Eiffel gehen.
In der warmen Zeit ist die nach Süden ausgerichtete Terrasse zum Kurfürstendamm in Halensee, und in den übrigen Monaten das geräumige, schmucklose, aber dennoch sympathische Restaurant bis auf den letzten Platz besetzt. Ganze Büroteams marschieren ein. Am Abend tritt anderes Klientel ein und die Küche arbeitet noch aufwendiger.
Und, das muss man sagen, alle Gerichte sind immer gleichbleibend ordentlich. Gewiss, es gibt keinen Urknall an kulinarischer Kreativität, aber es ist mir ein Rätsel, warum das Restaurant mit Pariser Brasserie-Charakter in den Gastro-Führern nicht mal erwähnt ist. Wo doch Küchenchef Dirk Güttes vorher im Potsdamer „Juliette“ am Herd noch hoch gelobt und ausgezeichnet worden war. Nach dem Wechsel des sympathischen Kochs sind hier im Eiffel seine Möglichkeiten an Wareneinsatz noch wesentlich größer.
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Aber wie das so ist mit Bewertungen: Vergangene Woche las ich in einem bunten People-Magazin einen „Berlin-Tipp“ mit einem Restaurant, das nun wahrlich nicht erwähnenswert ist. Bei der mittäglichen Lektüre genoss ich gleichzeitig im Eiffel ein Wildlachsgericht mit feinen Scheiben Jakobsmuscheln als Haube, köstlich angerichtet mit einer Hollandaise, grünem Spargel und Beluga-Linsen. Großartig, was es für Ahnungslose gibt, die eine Restaurant-Empfehlung abgeben.
Auch eine einfache Hähnchenkeule war schlicht gut
Perfekt gebraten wurde mir ein Kalbsfilet mit einer herzhaften dunklen Fleischsauce serviert. Auch der Gänsebraten, nicht nur zur Weihnachtszeit, gelingt höchst aromatisch und zart. Güttes kombiniert ihn mit Marktsalaten plus Petersilienmousse und Orangenkroutons. Natürlich fehlen weder Grünkohl noch „fluffige“ Kartoffelklöße.
Das Tagesmenü, heute Rehschinken mit Steckrüben, Cumberland-Birne und Feldsalat, gefolgt von herzhaft gefüllten Calamaretti mit Scampi auf Safran-Risotto sowie einem Parfait und Tarte vom Nougat mit gelierten Blutorangenfilets, ist kundenfreundlich mit 39 Euro kalkuliert. Die Preise der mittäglichen Wochenkarte sowie der beständig wechselnden Gerichte, beispielsweise geschmorte Entenkeule oder Flammkuchen mit Schwarzwurzeln, Maronen und Raclette-Käse liegen bei acht bis neun Euro.
Ohne die Messlatte in die Höhe der Drei-Sterne-Gourmandise zu legen, sind einige Gerichte dennoch hervorzuheben. Wie die in Portwein geschmorten Ochsenbacken mit Risotto und grünen Bohnen oder das Zanderfilet mit Pinienkernkruste. Geschmacklich einwandfrei und zusätzlich gesund durch viel Eiweiß ist die Abteilung „Cuisine Vitale“ mit Gerichten wie dem Brandenburger Hirschrücken.
Auch eine ganz einfache Hähnchenkeule aus dem Rohr mit krosser Haut war schlicht gut. Die pikante Paprikasauce wurde dazu separat serviert. Die in der Pfanne gebratene Entenbrust bekam mit Maronen und leicht karamellisiertem Rosenkohl sowie Haselnuss-Gnocchi eine zarte Süße zum herzhaften Aroma.
Aufmerksamer Service und stets mit einem Lächeln
Häufig habe ich das kurz gebratene Tunfischsteak von Sashimi-Qualität gegessen, das mit Wasabi geschärftem Kartoffelpüree kombiniert wird. Besonders hervorzuheben ist die Käse-Auswahl, unter anderem Reblochon de Savoie mit Trauben, Feigensenf und Früchtebrot, während die Desserts Standards sind: Schokoladen-Tarte, aber ofenfrisch, und Zweierlei von der Crème Brûlée mit Mandarinensorbet.
Ich erlebte etliche mal in dem typischen Bistro, wie sie einst rund um die Pariser Hallen angesiedelt waren, einen liebenswerten Service, aufmerksam und stets mit einem Lächeln. Wie unkompliziert Speisen appetitlich präsentiert werden können, genoss ich ebenfalls im Eiffel, dem Lokal mit dem Pariser Eiffelturm im Wappen.
In dieser „Mittagskantine“ für zahlreiche Bürogänger am hinteren Teil des Kurfürstendamms, haben die Gastgeber Anjou und Simone mit persönlichem Einsatz und Schulung dafür gesorgt, dass das anfänglich weniger stabile Produkt heute qualitativ gleichbleibend und durch ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis geprägt ist.
Übrigens: Den guten Eiffel-Weinservice und kleine Delikatessen für zu Hause gibt es jetzt im Genuss-Shop gleich neben dem Restaurant. Ebenfalls ein Konzept des Eiffel-Eigners.
Restaurant Eiffel: Kurfürstendamm 105, Berlin-Charlottenburg, Mo.-So. 9-1 Uhr, Tel.: (030) 89 11 305, www.eiffel-berlin.de