Das Sternerestaurant „Facil“ ist zurück. Gut zehn Wochen war es geschlossen, weil das Hotel-Gebäude am Potsdamer Platz in Berlin-Mitte komplett restauriert wurde. Kritiker spekulierten schon über das Ende des bildschönen Restaurants.
Ich erlebte es jetzt mit einer Qualität, die das Angebot früherer Jahre noch übertrifft. Geblieben ist der Mut von Michael Kempf zum frechen Zusammenführen von Aromen auf klassischer Basis. Weniger Kreativität zur Selbstbeweihräucherung und modische Accessoires, sondern Genuss für den Gast prägen den Stil.
Allerdings kann beim Kunden eine Portion Vorkenntnis von exzellenter Küche gewiss nicht schaden. Gerichte wie Müritz-Saibling, Kirschholz-Nussbutter, Cidre und Lauch können schon fremd und nicht unbedingt einladend wirken. Das änderte sich beim ersten Bissen. Kempfs Stärke ist der Blick für das Gesamtbild.
Wer kein Fleisch mag, kann ein herrliches Käsegericht vorziehen
Es begann klassisch mit der Terrine von der Gänseleber, aber, das ist ungewöhnlich, diese kam mit Petersilienwurzel, Kerbel und Salmiak. Der schwarze Kabeljau wurde mit Rettich, viel Koriander und Wacholder aus der Stählemühle (Edelobstbrennerei) aufgepeppt. So wie auch der nächste Gang. Das einfache pochierte Ei wirkte erst einmal wie Omas Frühstück, doch Schinken, Carbonara und besonders geschmacksintensiver Spinat aus Neuseeland machten daraus eine Köstlichkeit.
Wer sich mit Essen beschäftigt, weiß, das Kalbfleisch aus deutscher Schlachtung oft problematisch, weil faserig und trocken ist. Im Facil habe ich jetzt Linumer Kalbsfilet mit Salat Mimosa, parfümiert mit Barbecue Sauce genossen. Ein butterzartes, geschmacksintensives Fleisch, perfekt zubereitet.
Wer Fleisch weniger mag, kann ein herrliches Käsegericht vorziehen. Friesisch Blue, der vielleicht aromatischste Käse aus Kuhmilch, wurde von Kempf in der Kombination mit Flammkuchen, Basilikum und Boskop-Äpfeln serviert. Zum originellen Dessert Valrhona Schokolade mit Brombeeren und Eis von geröstetem Brot wurde noch eine Geschichte zum Patissier aufgetischt.
Verbeugung vor dem japanischen Geschmack
Der junge Mann hat geheiratet, eine Dame aus dem Facil-Service, und dabei den japanischen Namen seiner Frau angenommen. Er heißt jetzt Thomas Yoshida, auch nicht alltäglich. Als Verbeugung vor dem japanischen Geschmack hat er das Dessert Kokos mit schwarzem Reis und exotischen Früchten komponiert.
Was mich am Konzept freute, ist die Überlegung, neben einem wechselnden, ausgewogenen Acht-Gang-Menü (vier Gänge für 92 Euro sind das Minimum) für eine gute Auswahl weiterer À-la-Carte-Gerichte für unterschiedliche Geschmacksrichtungen zu sorgen. Da gab es beispielsweise Sardinen mit Schalottentarte oder Langustinen mit Joghurt, Limette und Spreewaldgurke.
Zwei Süppchen, die Seezunge mit Austern und Mais und zwei Fleischgerichte der gehobenen Klasse stehen auf der Karte. Beispielsweise Rücken vom Poltinger Reh mit Fenchel und Pistazien-Emulsion. Leider gab es davon nur eine Winzigkeit und die schien mir mit 66 Euro wenig kundenfreundlich kalkuliert.
Der Preis im Sternerestaurant Facil ist heiß
Insgesamt ist die Preiskalkulation durchwachsen. Mittags mit 19 Euro pro Gang (32 Euro für zwei Gänge) absolut angemessen. Bei den Einzelgerichten ist man am oberen Limit angelangt, denn auch das Rinderbäckchen ist mit 52 Euro wahrlich nicht billig. Das ist aber auch so ziemlich die einzige kritische Anmerkung.
Insgesamt hat sich Michael Kempf, der bei meinem deutschen Lieblingskoch, Dieter Müller, im Schloss Lerbach gelernt und Erfahrungen gesammelt hat, in der deutschen Gourmethauptstadt Berlin prima durchgesetzt und mit seiner Vorliebe für arabische und indische Gewürze sowie mit Holzkohlen-Öl raffinierter Untermalung eine sehr eigenwillige Linie gefunden. Ein gutes Beispiel dafür ist der besonders fleischige Felsen-Oktopus, den ich mit Holzkohle-Öl gewürzt, in verschiedenen Variationen genossen habe.
Ob Fisch oder Fleisch, bei den Hauptgängen, erfahrungsgemäß häufig schwächer als die Vorspeisen, ist Kempf ebenfalls eine Ausnahme. Ganz gleich, ob Taube oder Entenbrust, Rostbraten vom Uckermärker Rind oder Poltinger Entenbrust, gute Noten sind ihm gewiss.
Hervorragender Service und professioneller Weinservice
In der Reihenfolge meiner Aufzählungen nur an zweiter Stelle, aber von der Klasse in keiner Weise der Küche nachstehend, ist der Service, den Restaurantleiter Manuel Edwin Finster, der bereits 2010 bei BerlinPartner zum „Maître des Jahres“ gekürt wurde, unauffällig und gekonnt dirigiert. Finster und sein Team sorgten für Wohlfühlaroma, operierten herzlich und professionell.
Das galt im gleichen Maße für den Weinservice. Die Karte war dem Niveau des Restaurants angemessen. Erfreulich viele halbe Flaschen sind für den Business-Lunch, auch für den späten Genuss ideal. Täglich bietet der Sommelier ebenso glasweise eine besondere Auswahl von guten und günstigen Weinen.
Über die Weinpflege habe ich mich gefreut, der Chassagne-Montrachet, der trockene weiße Burgunder, kam ordentlich gekühlt und der Bordeaux wurde rechtzeitig dekantiert. Aufmerksam wurde ständig nachgeschenkt. Längst nicht mehr selbstverständlich, aber für ein Genusserlebnis absolut zwingend.
Restaurant Facil im Hotel Mandala, Potsdamer Straße 3, Tiergarten, Mo.-Fr. 12-15 und ab 19 Uhr, Tel.: 590 05 12 34, www.facil.de