Bei einem früheren Besuch hatte mich das sehr gewöhnungsbedürftige Daitokai–System genervt. Da wurden acht bis zehn Menschen zusammengewürfelt um die Teppanyaki-Tische gesetzt – ganz gleich, ob diese sich nun kannten, mögen oder ob ihnen manches Gerede (in Entertainer-Lautstärke) von Stimmungskanonen auf die Nerven geht. Dieses Mal nun konnte ich ausnahmsweise die Qualität der Speisen in Ruhe genießen. Die junge Service-Dame im Kimono, die die ganze Anmut und Liebenswürdigkeit japanischer Frauen verkörperte, kümmerte sich herzlich und kompetent. Und ich hatte das Glück, einen Teppanyaki-Tisch für mich allein zu haben.
Großes Genuss-Gesamtkunstwerk
Vor 40 Jahren hatte Eckard Witzigmann, Koch des Jahrhunderts, die Prognose gewagt, dass die Zukunft der Gourmandise von der japanischen Küche mitbestimmt werden würde. Er hat Recht behalten. Nippon-Restaurants boomen. Die Esskultur des Landes hat es darauf angelegt, alle Sinne zu wecken. Der Besuch eines japanischen Restaurants soll ein Gesamtkunstwerk von Genuss sein.
Die erste rein japanische Restaurantgruppe, die in Deutschland auf- und ausgebaut wurde, ist Daitokai. Die Küche wirkt authentisch, ohne Verbeugung vor dem europäischen Geschmack. Kompliment. Im Restaurant haben sich im Ablauf jedoch auch preußische Züge eingeschlichen. Ich war drei Minuten zu früh an der Tür – und der Mann an der Rezeption zeigte mir den Rücken, bis der Zeiger auf exakt 18 Uhr gerückt war. Dann ließ man gnädigst ein. Das hatte wirklich nichts mit japanischer Service-Bereitschaft zu tun.
Zu den vorzüglichen Momenten, die ich erlebte, gehörte das Tempura von Garnelen, Weißfisch, Gemüse und Pilzen. Es hat die Höchstwertung verdient: kross duftend und aromastark. Tempura erlebe ich oft ohne Bindung der Panade und manchmal viel zu dick, so dass das Produkt kaum noch zu schmecken ist. Vorzüglich auch der Sashimi-Teller zum Start. Es sind oft die Kleinigkeiten, die eine Bewertung verbessern oder verschlechtern. Ich bestellte die kleine Vorspeisen-Portion – und die war groß. Richtig frischer Fisch, herrlich präsentiert in einem Schiffchen, mit Algen und viel Ingwer. Gut auch der Yaki-Salat mit herzhaftem Dressing und wahlweise gegrillten Garnelen, Ente oder Rindfleisch dazu. Ohne den kleineren Fernost-Restaurants zu nahe zu treten: der Vorzug der Küche einer solchen Großkette ist die außerordentliche Frische der Produkte.
Sashimi und Sushi
Beim Wein war Geduld angesagt. Bei einem früheren Besuch musste der Service den Meursault wohl aus Burgund holen, so lange kam mir das Warten bei trockener Luft vor. Auch dieses Mal dauerte es eine ganze Zeit, bis der (zum Glück gut gekühlte) Chablis auf den Tisch kam. Flink gingen dagegen die Schauköche vor. Appetitlich kamen die vorbereiteten Produkte auf Teller und in Muschelschalen. Bei uns war es nach der winzigen Portion Sashimi eine Fisch- und Meeresfrüchteauswahl, auf der Karte „Fangnetz“ genannt.
Lachsfilet, Garnelen, Jakobsmuscheln und Gemüse wurden mit Gewürzen, Sojasauce und ganz wenig Fett auf der Platte gebraten. Hurtig zerkleinerte der Koch gleichzeitig eine Entenbrust, parfümierte die Scheiben mit Orangen-Teriyaki-Sauce und teilt sie mit großer Präzision auf zwei Teller. Der Hummer kam leicht vorgekocht und ausgelöst in der Karkasse zum Teppanyaki-Koch. Der zerlegte den halbierten Schwanz mit Hocho-Messer und trommelte dabei auf der Platte herum. Ein Showtalent – auch eine Form von Erlebnisgastronomie.
Das beliebteste Gericht im Daitokai ist das Entrecôte vom französischen Charolais-Rind, auch am Tisch zubereitet. Gute Qualität, handwerklich gekonnt auf den Teller gebracht. Bei meinem Besuch gab es kein Kobe- oder Wagyu-Beef mehr, wahrscheinlich, weil man es preislich kaum vertreten kann.
Querschnitt durch die japanische Küche
Wer das Menü „Zur Feier des Tages“ bestellt, bekommt zum günstigen Preis einen ordentlichen Querschnitt durch die japanische Küche – in dem Fall war es leicht europäisch umfrisiert. Hier kam Sushi ins Spiel, die in der traditionellen Nuri-Box präsentiert wurden. Kanadischer Hummer, eine gute Portion Tempura und das Charolais-Rinderfilet – japanisch am Tisch zubereitet – sowie französische Entenbrust und eine Kugel Eis mit Früchten folgten.
Das alles stand mit 68 Euro auf der Rechnung. Falls der Gast sein Dessert in Teppan-Eis am Tisch flambiert tauschen will, muss er sieben Euro mehr kalkulieren. Empfehlenswert ist das allemal, weil das Vanille-Eis mit Früchten auf der heißen Platte (kurz und schnell behandelt) auch ein typisches Element aus der japanischen Küche ist. Auch für Slim-Fanatiker, die sonst stets auf das Dessert verzichten, empfehle ich diese Nippon-Spezialität als ungewöhnlichen Abschluss. Das Mittagsangebot darf man ehrlichen Gewissens als sehr günstig bezeichnen. Es kostet stets 10,50 Euro. Dafür gibt es dann den auf der heißen Platte gegrillten Lachs mit Ingwersauce, Schweinefilet mit Rosmarin oder Hühnerfleisch mit Teriyaki-Sauce im Reistopf. Überflüssig zu sagen, dass das Hauptnahrungsmittel in Fernost zu allen Gerichten gereicht wird: Reis.