Schönefeld. Während die finanzielle Lage am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) weiterhin angespannt ist, und die Fluggesellschaft Easyjet angekündigt hat, ihre Flotte sowie Personal am Berliner Standort im kommenden Winter zu reduzieren, gibt es jetzt die nächste Hiobsbotschaft für den BER. Konkurrent Ryanair legt nach und fordert den Betreiber auf, „wettbewerbsfähige Flughafenentgelte“ anzubieten. Damit solle verhindert werden, dass der Luftfahrtsektor an dem Standort nicht auf das Niveau deutlich kleinerer Städte schrumpfe.
Flughafen: Kostennachteile an allen deutschen Flughäfen
Dass am Hauptstadtflughafen zu hohe Entgelte erhoben werden, weist die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH zurück. Die Kosten entsprächen denen anderer großer deutscher Flughäfen, hieß es. Das Problem seien außerdem nicht die Abgaben an die Flughafengesellschaft, die seit Eröffnung auf dem gleichen Niveau seien, sondern sogenannte Drittkosten wie Luftsicherheitsgebühren oder Luftverkehrssteuer, die an allen deutschen Flughäfen hoch seien. „Es geht um einen strukturellen Kostennachteil aller großen deutschen Verkehrsflughäfen gegenüber vergleichbaren europäischen Airports“, so Sabine Deckwerth, Sprecherin der Flughafengesellschaft.
Als Reaktion auf die Forderung von Ryanair macht der Betreiber klar, dass es diesbezüglich keinen Kompromiss geben werde. „Wir können keiner einzelnen Fluggesellschaft einen Rabatt gewähren.“ Ein wichtiger Grund sei, dass die durch die EU-Kommission genehmigte staatliche Finanzspritze in Höhe von 1,7 Milliarden Euro unter anderem an die Bedingung geknüpft sei, dass das Geld nicht für eine Entgelt-Reduzierung genutzt werden dürfe, womit letztlich ein Wettbewerbsvorteil entstehen könnte.
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SPD: Eigentliches Problem ist das Geschäftsmodell
Ähnlich sehen es SPD und Grüne: „Es ist wichtig zu bedenken, dass es hier EU-Vorgaben gibt, die es einzuhalten gilt. Alles andere würde die jetzige Regelung gefährden“, erklärt Caspar Spinnen, Sprecher der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Auch Stephan Machulik, Sprecher der SPD-Fraktion, betont, dass spontane Rabatte allein wegen der Subventionsbedingungen nicht möglich seien. „Es ist nachvollziehbar, dass Ryanair Probleme mit den Fixkosten hat, weil ihr Geschäftsmodell auf Masse ausgelegt ist und dies bei den derzeitigen Passagierzahlen schwierig ist.“ Bestätigt sieht sich Machulik in dem Rückzug Ryanairs auch aus anderen Standorten – wie etwa Düsseldorf.
Lautere Kritik an der Forderung Ryanairs kommt von der Linken-Fraktion: „Was Ryanair jetzt will, ist ein Dumping der Flughäfen mittels der Flughafenentgelte“, sagt Kristian Ronneburg, Sprecher für Mobilität der Linksfraktion Berlin. „Sie nutzen die Stimmung, nachdem gerade erst Easyjet die Anzahl der Flugzeuge am BER reduziert hat.“ Die Entgelte, die die Kosten des Flughafens decken sollten, könnten nicht willkürlich festgesetzt werden, sondern müssten in den Kosten der Flughafengesellschaft und den Erlösen des Flughafens begründet sein. Leidtragende einer Senkung wären am Ende die Steuerzahler, die für die Subventionen zur Kasse gebeten würden.
CDU zeigt Verständnis für Ryanair-Forderung
Christian Gräff, Wirtschafts- und Flughafenexperte der CDU-Fraktion Berlin, zeigt hingegen Verständnis für die Forderung Ryanairs: „Der Flughafen Berlin Brandenburg hat in Bezug auf die Infrastruktur und das Management nicht das gleiche Niveau wie die Flughäfen München oder Frankfurt“, führt er als Begründung dafür an, warum am BER nicht die gleichen Flughafengebühren anfallen sollten. Die Forderung käme zwar zu einem unpassenden Zeitpunkt, sei im Kern aber richtig.
Vor dem Hintergrund der hohen finanziellen Verluste müsse darüber nachgedacht werden, ein Konzessionsmodell für den Flughafen einzuführen. Demnach würde das operative Geschäft in private Hände übergehen, während der Flughafen weiterhin öffentliches Eigentum bliebe. „Wenn der BER konkurrenzfähiger und unabhängiger vom Geld der Steuerzahler werden soll, sind private Partner dringend erforderlich. Das von uns vorgeschlagene Konzessionsmodell für den Flugbetrieb gegen eine jährliche Abgabe von 200 Millionen Euro könnte mehr unternehmerisches Knowhow und vor allem Entlastung der öffentlichen Hand bringen.“
Sorgen um den Flughafenstandort Berlin Brandenburg
Gräff geht davon aus, dass Ryanair seine Flotte am Berliner Standort reduzieren wird, was ihm zufolge zu einem Standortnachteil führen würde. Der Verlust von Ryanair als „Hauptcarrier“ – also als großer Beförderer – hätte wirtschaftliche Konsequenzen und Folgen für die Anschlüsse Berlins: „Gerade Europaverbindungen wie nach London oder Paris, aber auch Verbindungen in kleinere Städte, sind wichtig, weil sie Märkte für Berlin sind.“ Mit Easyjet würden solche Verbindungen bereits wegfallen.
Ähnlich sieht es Burkhard Kieker, Geschäftsführer von „Visit Berlin“. „Im Zusammenhang mit der Forderung Ryanairs und der Reduzierung von Easyjet-Flügen fange ich an, mir um den Flughafenstandort Sorgen zu machen.“ Während SPD-Politiker Stephan Machulik davon ausgeht, dass die Lücke, die Ryanair hinterlassen würde, schnell durch andere Airlines wie Eurowings gefüllt würde, zeigt sich Kieker weniger optimistisch. „Eurowings hat bisher nur wenige Flugzeuge am BER stationiert, und Fliegen kostet für alle gleich viel“, so Gräff.