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Flughafen BER: Lufthansa stoppt die Vier-Stunden-Regelung

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Alexander Rothe

Foto: dpa

Chaos am BER: Lufthansa nimmt die Empfehlung zurück. Die Passagiere sollen nun „frühzeitig“ anreisen. Was damit gemeint ist, ist offen.

Berlin. Auch einige Tage nach dem großen Chaos am Flughafen BER sind weitere Fragen offen. Die Berliner Morgenpost gibt erneut Antworten auf die dringlichsten.

Muss weiterhin mit vierstündiger Vorlaufzeit gerechnet werden?

Wie am Montag von der Berliner Morgenpost berichtet, wurden Lufthansa-Passagiere in einer E-Mail darum gebeten, bereits vier Stunden vor Abflug am Flughafen Berlin Brandenburg zu sein. Diese Mitteilung wurde mittlerweile von der Lufthansa Group korrigiert: „Die pauschale Bitte an unsere Fluggäste, vier Stunden vor Abflug vom BER zum Flughafen zu kommen, wird nicht mehr versendet“, erklärt Sandra Courant, Pressesprecherin der Lufthansa Group. Die Reisenden sollten stattdessen „frühzeitig zum BER anreisen, insbesondere bei Abflügen am Vormittag, da in dieser Zeit das Passagieraufkommen besonders hoch ist.“ Was mit „frühzeitig“ gemeint ist, bleibt weiterhin unklar.

Auch andere Fluggesellschaften bleiben in ihren Aussagen zur Vorlaufzeit vage: Bei Eurowings kam es am Wochenende ebenfalls zu längeren Warteschlangen am Check-in. Kundinnen und Kunden der Airline sollen „mit einem ausreichenden Vorlauf am Flughafen zu sein“, wie der Chef der Unternehmenskommunikation, Floran Gränzdörffer, empfiehlt.

Bei Easyjet heißt es: „Aufgrund der großen Nachfrage und der zusätzlichen behördlichen Kontrollen aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie [sollten weiterhin alle Passagiere] mehr Zeit für die Abfertigung am Flughafen einplanen“, wie es in einer Stellungnahme der Fluggesellschaft heißt. Vor Redaktionsschluss lag eine Antwort auf eine Anfrage von Ryanair der Berliner Morgenpost nicht vor.

Was muss bei einem frühen Flug und einer langen Vorlaufzeit beachtet werden?

Reisende, die aufgrund eines frühen Fluges und einer zusätzlich langen Vorlaufszeit in den Morgenstunden am Flughafen erscheinen müssen, können auf ein kontinuierlich verfügbares Schienennetz zurückgreifen. Alle Check-in-Schalter würden „rechtzeitig für die ersten Flüge in der Früh besetzt“ sein, wie die Lufthansa Group erklärt.

Auch für das leibliche Wohl wird gesorgt sein: Die ersten Geschäfte vom größten Gastronomie-Betreiber Casualfood öffnen in der Regel bereits in den frühen Morgenstunden – im Bereich vor den Sicherheitskontrollen öffnet Kamps um 3.30 Uhr, hinter den Sicherheitskontrollen um 4.30 Uhr. Bei Vorlaufzeiten von mehr als zwei Stunden seien flexible Anpassungen vorgesehen: „Was auch immer passiert: Wir werden die Grundversorgung sicherstellen“, verspricht Benedikt Augustin, Standortleiter Berlin bei causalfood.

Wieso kam es zu Personalengpässen bei den Bodenverkehrsdienstleistern am vergangenen Wochenende?

Auch bei der Rückkehr ist es am vergangenen Wochenende zu langen Wartezeiten gekommen – sowohl kurz nach der Landung als auch an den Gepäckbändern. Laut Flughafengesellschaft seien dafür Personalengpässe bei den Bodenverkehrsdienstleistern verantwortlich, die unter anderem die Maschinen be- und entladen.

Bei der Wisag Aviation Service Holding GmbH, einem der drei für den Berliner Flughafen lizenzierten Unternehmen, habe es nach Anfrage der Berliner Morgenpost keine personellen Schwierigkeiten gegeben. Im Gegensatz zum anderen Bodenverkehrsdienstleister Swissport, der zum 1. Oktober Abfertigungstätigkeiten für Easyjet übernommen hat und laut eigenen Angaben den Marktanteil um 60 Prozent gesteigert habe. „Dort ruckelt und rüttelt es“, erklärt Jana Eggert, Pressesprecherin von Wisag. „Das ist bei den vorhandenen Kapazitäten von Swissport nicht zu leisten.“

Als Reaktion erklärt der Swissport-Pressesprecher Stefan Hartung der Morgenpost, Swissport habe zusätzliches Personal nach Berlin gesendet, unter anderem aus Zürich, und Schichtpläne sofort angepasst. „Wir sind aktuell weiter intensiv auf der Suche nach entsprechendem Personal.“

Auch beim dritten Unternehmen, Aeroground, standen am vergangenen Wochenende nicht ausreichend personelle Ressourcen zur Verfügung, und zwar „aufgrund der teilweise kurzfristigen Anmeldung von zusätzlichen Flügen, die über der Zahl der prognostizierten Flüge lag“, wie die Referentin der Geschäftsführerin von Aeroground, Athina Menke-Papadopoulos, mitteilte. Derzeit seien keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit, doch – wie bei Swissport – werde an einem intensiven Recruiting gearbeitet.

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Muss sich erneut auf lange Wartezeiten bei der Rückkehr eingestellt werden?

Um stundenlange Warteschlangen und schlafende Gäste an den Gepäckbändern zu verhindern, hat die Flughafengesellschaft nun reagiert und stellt für die kommenden Tage zusätzliches Personal zur Verfügung. Sowohl vor als auch hinter den Sicherheitskontrollen sollen jeweils 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden, um Reisende bei der richtigen Einordnung in die Warteschlangen der Check-ins oder Sicherheitsspuren zu helfen und um beim Kofferverladen unterstützend tätig zu werden.

„Wir reduzieren damit die Kurzarbeit und haben mit den Kapazitäten, die dann freigesetzt werden, mehr Puffer“, erklärt Jan-Peter Haack, Pressesprecher der Berliner Flughafengesellschaft. Wenn es außerdem immer noch hinter den Sicherheitskontrollen situativ erforderlich sei und erneut Personalmangel festgestellt werde, könnten weiterhin Kapazitäten bei den beiden Bodenverkehrsdienstleistern angefragt werden.

Worauf sollte vor Reiseantritt unbedingt geachtet werden?

Machen Sie sich bereits einige Tage vor Reiseantritt mit den Corona-Auflagen Ihres Ziellandes vertraut. Dazu zählen Einreisebestimmungen und etwaige Quarantänepflichten. Entsprechende Informationen finden Sie auf den Webseiten der jeweiligen Fluggesellschaften und beim Auswärtigen Amt. Teilweise bieten Airlines online eine digitale Dokumentenprüfung an. Somit können Sie bereits von Zuhause aus checken, ob Sie alle nötigen Papiere für Ihre Reise parat haben.

Halten Sie am Flughafen unbedingt jederzeit Ihre coronabezogenen Reisedokumente bereit, unter anderem ein negatives Testergebnis, einen Impfnachweis oder die digitale Einreiseanmeldung. Am Check-in werden in der Regel Reisedokument, Coronatest, Impfnachweis sowie Einreisedokumente Ihres jeweiligen Ziellandes kontrolliert. Achten Sie zudem darauf, entsprechende Informationen zu Ihren Anschlussflügen einzuholen, da hier abweichende Regelungen gelten können.

Erhalten Fluggäste, die ihren Flug verpasst haben, ihr Geld zurück?

Aufgrund der langen Wartezeiten am Check-in verpassten einige Fluggäste ihren Flieger. „Das waren absolute Einzelfälle“, beteuert Sandra Courant, Sprecherin der Lufthansa-Group. Ob den am Boden gebliebenen Reisenden eine Rückerstattung zusteht, könne nur im Einzelfall entschieden werden. Es hänge davon ab, ob der Flug verpasst wurde, weil die Wartezeit beim Einchecken zu lang war, ob die Sicherheitskontrolle zu lange gedauert hat oder ob es gar Selbstverschuldung war.

Warum ist nur ein Terminal in Betrieb?

Derzeit wird nur Terminal 1 des Flughafens genutzt, während die beiden anderen Terminals geschlossen bleiben. Aufgrund der geringen Nachfrage sei Terminal 5, das Kapazitäten für zehn bis zwölf Millionen Passagiere habe, im Februar dieses Jahres geschlossen worden. Auch Terminal 2, das bereits einsatzfähig sei und Platz für sechs Millionen weitere Passagiere biete, sei aus demselben Grund noch nicht geöffnet. Trotz der chaotischen Szenen am vergangenen Wochenende sieht der Sprecher der Flughafengesellschaft keine Notwendigkeit für eine Öffnung weiterer Terminals: „Die derzeitigen Zahlen geben es nicht her“, erklärt Pressesprecher Haack. „Realistisch ist eine Öffnung im nächsten Sommer.“

Was bedeutet das Flughafen-Chaos für die weitere Ferienzeit?

Für die gesamte Ferienzeit rechne die Flughafengesellschaft mit einem stabil hohen Passagieraufkommen, mit besonders hohen Zahlen am kommenden Freitag und Sonntag. Um Szenen wie am vergangenen Wochenende zu verhindern, werde mit allen Partnern vorab gesprochen. „Wir können ihnen jedoch nicht den Personaleinsatzplan vorschreiben“, erklärt Haack. „Wir werden auf Anfrage der Airlines mehr Check-in-Schalter zur Verfügung stellen.“ Indes bittet die Lufthansa ihre Gäste, mindestens vier Stunden vor Abflug am Flughafen einzutreffen.

Gibt es genug Taxis am Flughafen?

Reisenden stehen insgesamt 600 Taxis am Tag zur Verfügung. Für das erhöhte Aufgebot an Reisenden in der Ferienzeit sei bisher keine Aufstockung der Kapazitäten beschlossen worden. „Wir sind jedoch in einem intensiven Austausch mit dem Landkreis Dahme-Spreewald, um die Fahrten für die Flughafengäste zu optimieren“, erklärt eine Pressesprecherin der Senatsverkehrsverwaltung.