Schönefeld. Urlaub in den Herbstferien: An diesem Wochenende wollten viele Berlinerinnen und Berliner offenbar noch einmal Sonne tanken und vom Flughafen BER fliegen. Lesen Sie auch: Corona und Urlaub - Was Sie bei der Einreise nach Spanien, Türkei, Italien, Griechenland und Großbritannien beachten müssen.
Erwartet wurde der bisher größte Andrang am Flughafen BER. Und prompt herrschten am Airport in Schönfeld laut eines Twitter-Berichts der "Welt"-Reporterin Christine Kensche chaotische Zustände.
Vor den Check-in-Schaltern bildeten sich lange Warteschlangen, die sich teils durch das Terminal zogen. Kensche veröffentlichte auf Twitter ein Video, das eine lange Schlange vor einem Check-in-Schalter von Lufthansa zeigt. Niemand weiß, ob er richtig ansteht. Es gebe keine Einweisung durch das Flughafenpersonal. Ein Flughafen-Mitarbeiter soll Kensche geantwortet haben, dass man "ein bisschen unterbesetzt" sei und nicht mehr nachsteuern könne. Laut Anzeige sollen an den Schaltern 3 und 4 Flüge nach Wien, Frankfurt und jeweils Flüge nach München und Zürich abgefertigt werden.
Flughafen BER: Menschen stellen sich irrtümlich falsch an
Kensche sei zwei Stunden vor Abflug am BER gewesen, habe selbst erst nach einigem Suchen das Ende der Schlange an Schalter 3 gefunden. Nach etwa 45 Minuten sei sie noch 100 Meter vom Schalter entfernt gewesen. Dann habe jemand gesagt, dass hier nur Business Class sei. Die Fluggäste, die falsch in der Schlange standen, seien abgewiesen worden. Einige Menschen hätten berichtet, dass sie lange angestanden und nicht gewusst hätten, dass sie in der falschen Schlange stehen. Denn das Business-Class-Schild sei nicht zu erkennen gewesen, weil es von Menschen verdeckt wurde.
Kensche sei nach 50 Minuten Wartezeit unklar gewesen, wo sie sich neu anstellen solle. Sie habe bei Lufthansa gefragt, ob sie jemanden für die Einweisung rufen können. "Mehr Personal haben wir nicht", sei die Antwort gewesen. "Wir rufen Sie auf, wenn es knapp wird."
Doch laut Kensche sei kein einziger Aufruf zu hören gewesen. Sie habe Wartende gefragt, ob Wien schon aufgerufen worden sei. "Nein, aber Zürich." "Was ist mit Wien", habe sie gefragt. "Wir wollen auch nach Wien, kommen Sie hierhin", habe jemand von rechts gerufen. Einige Fluggäste hätten begonnen, sich selbst nach Abflugzeit zu organisieren. Als Kensche es mit ihren Koffern zum Schalter geschafft hat, habe ein Lufthansa-Mitarbeiter gesagt: "Wien schließt gerade, beeilen Sie sich doch!"
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Flughafen BER: Auch bei den Sicherheitskontrollen müssen Fluggäste warten
Nicht nur an den Check-in-Schaltern bildeten sich Schlangen, sondern auch bei den Sicherheitskontrollen. "Die Sicherheitsschlange geht um mehrere Kurven", twitterte Kensche 25 Minuten vor dem Ablfug. Sie habe einen Mitarbeiter gefragt, ob er bitte das Band öffnen und sie vorlassen könne. Doch das ginge nicht, weil sie erst die anderen Leute fragen müsse, ob sie vor dürfe. Ein Gepäck-Kontrolleur habe ihr später geraten, von Leipzig aus zu fliegen. Sie sei dann eine Minute vor dem Abflug ans Gate gekommen.
Andere Fluggäste beschwerten sich auf Twitter, sie hätten nach der Ankunft stundenlang auf ihre Koffer warten müssen.
Flughafensprecher: "Nicht auszuschließen, dass einige ihren Flieger nicht erreicht hätten"
Ein Flughafensprecher bestätigte der Deutschen Presse-Agentur „massiven Andrang bis ungefähr 9.30 Uhr“ mit zum Teil stundenlangen Wartezeiten. Es sei nicht auszuschließen, dass einige ihren Flieger nicht erreicht hätten. Gegen Mittag hätte sich die Situation wieder entspannt.
Grund für die langen Warteschlangen waren dem Sprecher zufolge Engpässe an den Check-ins. In Corona-Zeiten würden die Abläufe deutlich länger dauern, beispielsweise wegen der Kontrolle von Impfpässen. Für den Samstag wurden 55.000 Passagiere und 400 Flugbewegungen erwartet. „Am Freitag war noch mehr los, da waren es rund 65.000 Menschen - eine der höchsten Zahlen bei uns während der Corona-Pandemie“, erklärte der Sprecher.
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Situation am Flughafen BER am Nachmittag wieder beruhigt
Am frühen Nachmittag war es nach Angaben eines dpa-Reporters im Flughafengebäude dagegen bereits wieder ruhiger. Schlangen gab es demnach insbesondere noch vor der Sicherheitskontrolle, aber keine chaotischen Zustände. Viele der Check-in-Schalter hatten zwar geöffnet, aber nicht vor allen standen wartende Fluggäste.
Der Flughafensprecher appellierte an Reisende: „Seien Sie zwei Stunden eher da.“ Beim Check-in sollten Urlauber ihre Papiere und den Impfausweis sofort griffbereit haben, um die Wartezeiten kurz zu halten. „Alle arbeiten hart und machen ihren Job, so gut es geht.“
Für den Sonntag werde erneut eine hohe Zahl von Fluggästen erwartet. Die Hauptreisetage am Wochenende seien der Freitag und der Sonntag, erklärte der Sprecher. Es mache sich bemerkbar, dass verstärkt viele geimpfte Menschen nun wieder in den Urlaub fliegen möchten. Daher sei weiterhin mit großem Andrang zu rechnen.
BER: Bislang größter Ansturm durch Herbstferien
Bereits am Freitag war die Reiselust am Flughafen BER zu spüren gewesen. In den Morgenstunden stauten sich Wartende an der Kofferabgabe und den Sicherheitskontrollen, doch chaotische Szenen blieben aus. Die Stimmung unter den Reisenden war unterschiedlich. Bei einigen lagen die Nerven jedoch schon vor der Reise blank: „Es ist eine Katastrophe“, beschwerte sich etwa Mesut C. aus Schöneberg. Seinen vollen Namen möchte er nicht nennen. Er wollte mit seiner Familie nach Bagdad fliegen. „Ich passe auf meine Tochter auf, während meine Frau seit einer Stunde in der Schlange für den Check-in wartet.“ Es habe sich nichts gegenüber dem alten Flughafen Tegel geändert.
Ganz anderer Meinung war Dirk K.: „Ich bin tiefenentspannt.“ Er war für eine Fortbildung in Berlin und flog zurück nach Stuttgart. „Meine Koffer sind abgegeben und ich werde gleich ganz gemütlich durch die Sicherheitskontrolle gehen.“ Für den Ferienbeginn sei das derzeitige Aufkommen am Flughafen üblich.
Dieser Meinung war auch Angelika Ihlau aus Köpenick, die auf dem Weg nach Italien ist. Sie hätte Schlimmeres erwartet: „Ich wollte auf Nummer sicher gehen und bereits drei Stunden vorher am Flughafen sein.“ Lediglich der Stau auf dem Weg zum Flughafen hätte sie mehr Zeit gekostet.
Um die Mittagszeit beruhigte sich die Lage und es trafen vermehrt Eltern mit ihren Kindern ein. Familie Bayer aus Schildow war ebenfalls drei Stunden vor Abflug angereist. Viel zu früh, wie Vater Johannes befand: „Es ist unser erstes Mal am neuen Flughafen, und wir sind bewusst so früh gekommen, weil wir nicht wussten, wie es abläuft.“ Das Parken sei unproblematisch gewesen und im Vergleich zu anderen Flughäfen deutlich günstiger, was auch Marcus Kutscha aus Eggersdorf so sah: „Wir haben schnell einen Parkplatz bekommen und sind sofort durch den Check-in gekommen.“
Polizei war am Freitag mit Situation am Flughafen BER zufrieden
Die Polizeidirektion Berlin und Brandenburg war zufrieden: „Insgesamt ist es zu keinen nennenswerten Vorfällen gekommen.“ In zwei Wochen wird sich zeigen, wie die Rückkehr der vielen Reisenden organisiert wird und wie lange die Warteschlangen bei der Gepäckausgabe sein werden.
Mesut C. aus Schöneberg hatte diesbezüglich jedenfalls große Bedenken: „Gestern sind Freunde von mir nach Berlin zurückgeflogen und haben festgestellt, dass ihre Koffer nicht da waren.“ Ein Arbeitskollege von ihm aus Berlin sei sogar extra über Hamburg zurückgekehrt, um nicht in diese Situation zu geraten. Bleibt abzuwarten, ob der BER in dieser Hinsicht besser als Tegel funktioniert.