Berlin. Auf dem Weg zu einer Eröffnung des Flughafens BER müssen die Bauleute noch einige wichtige Hindernisse überwinden. Ein Prüfbericht des Tüv Rheinland listet eine ganze Reihe von Mängeln an wesentlichen technischen Anlagen auf. Demnach hakt es nach wie vor an der Brandmeldeanlage am Main Pier Nord, beim Notrufsystem, bei der Sicherheitsbeleuchtung, der Notstromversorgung, der Entrauchungsanlage und bei den Sprinklern.
Die Prüfer finden in ihrem Report von Anfang November klare Worte, zweifeln die „Wirksamkeit und die Betriebssicherheit“ an. Es gebe „systemische Mängel“, der Betrieb der Entrauchungsanlage sei nicht zulässig. Über die Untersuchung, die auch an das Bauaufsichtsamt weitergeleitet worden war, hatte der „Tagesspiegel“ berichtet. Die Frage ist, ob die beschriebenen Schwierigkeiten den von Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup angepeilten Abschluss der Bauarbeiten zum 31. August kommenden Jahres infrage stellen. Dieses Datum ist das Einzige, auf das sich der Flughafenchef bisher festlegen wollte. Einen Eröffnungstermin will Lütke Daldrup am 15. Dezember nennen.
Flughafen bezeichnet das Ziel als „ambitioniert“
Bisher wurde damit gerechnet, dass der BER wohl im Herbst 2020 an den Start gehen kann, nachdem die technischen Anlagen einer ausgiebigen Prüfung unterzogen worden sind. Den Flugbetrieb schon 2019 aufzunehmen, scheint angesichts der Dauer solcher Tests und eines notwendigen Probebetriebes auch im besten Falle kaum realistisch.
Nun wird jedoch spekuliert, dass es angesichts der vom Tüv aufgelisteten Mängel womöglich 2021 werden kann, ehe die ersten Jets am neuen Hauptstadtflughafen abheben können. Die Flughafengesellschaft erklärte, die Prüfergebnisse würden nun im „Terminplan verortet und im Risikomanagement nachgehalten“. Aber auch der Flughafenchef weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sein Baufertigstellungs-Ziel ohne Puffer geplant und „ambitioniert“ sei. Noch geht man aber davon aus, dass der Terminplan nicht infrage gestellt sei.
Die Flughafengesellschaft trat am Donnerstag dem Eindruck entgegen, die Prüfer hätten völlig neue Probleme auf der Dauerbaustelle entdeckt. „Die Tüv-Berichte sind weder streng geheim, noch sind die darin beschriebenen Sachverhalte unbekannt“, heißt es in einer Presseerklärung. Das Papier sei eine „Arbeitsunterlage“ für die Bauherrin und für die beteiligten Firmen.
Man will den Eindruck eines Déjà-vus vermeiden. Vor elf Monaten hatte schon einmal kurz vor Jahresende eine Hiobsbotschaft vom BER die optimistischeren Prognosen für einen BER-Start ins Wanken gebracht. Seinerzeit informierte der damalige Flughafenchef Karsten Mühlenfeld seine Aufsichtsräte über massive Mängel an den elektrisch gesteuerten Türen und Probleme mit der Sprinkleranlage, deren Zuleitungsrohre zu dünn seien.
Weil auch der Flughafenchef offensichtlich von diesen Schwierigkeiten überrascht war, musste Mühlenfeld schließlich auf Druck des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) seinen Posten räumen. Müller installierte seinen Flughafen-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup, einen studierten Stadtplaner, um den BER fertig zu bauen und die nötigen Erweiterungen auf den Weg zu bringen.
Lütke Daldrup hält sich nun zugute, den Tüv auf die Baustelle geholt zu haben, um das Baurecht auch erfüllen zu können und die Anlagen abnahmefähig zu machen. Die Resultate dienten nun dazu, daraus Schlüsse zu ziehen, systemische Fehler zu beheben und die Anlagen final fertigzustellen.
Opposition sieht Argumente für Tegel bestätigt
Angesichts der langen Reihe immer neuer Pannen an dem BER-Projekt werden die Aussagen der Flughafengesellschaft aber mit großem Misstrauen aufgenommen. Auch in der Berliner Regierungskoalition fragen sich viele, wie man einen Haushalt für die nächsten beiden Jahre aufstellen solle, ohne zu wissen, ob der Flughafen nicht über die bereits informell festgestellten 500 Millionen Euro hinaus weiteres Geld der drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund benötigt.
Und sollte der BER erst 2021 eröffnen, müssten die Wohnungen Zigtausender Tegel-Anrainer wohl tatsächlich mit Schallschutz ausgestattet werden. Bisher geht der Flughafen davon aus, zunächst die Lärmgebiete kartieren zu können und teure Einbauten von Schallschutzfenstern und andere Maßnahmen noch über die eigentlich gültige Marke hinaus aufschieben zu können. Ab Ende 2019 hätten Tegel-Anwohner Anspruch auf Lärmschutz.
Die Opposition nutzte die neuen schlechten Nachrichten vom BER, um ihre Forderung zu erneuern: „Die besten Argumente für den Weiterbetrieb von TXL liefert die Flughafengesellschaft wieder einmal selbst“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Die bestehenden Mängel an der Dauerbaustelle BER zerlegten den „Anti-Tegel-Kurs“ von Michael Müller und Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke. CDU-Generalsekretär Stefan Evers forderte, die Koalition müsse die Mittel für einen soliden Lärmschutz der Bürger nahe dem Flughafen Tegel bereitstellen und der Senat die Voraussetzungen für eine dauerhafte Offenhaltung Tegels schaffen.

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