Hartmut Mehdorn lächelt, als er den Sitzungssaal im Landtag betritt. Nein, da kommt kein gestresster Mann, sondern demonstrativ ein vitaler Manager, der sich von den Problemen nicht kleinkriegen lässt. Am Montag wollten auch die Brandenburger Parlamentarier im BER-Sonderausschuss wieder einmal von ihm wissen, wie es weiter geht am Pannen-Flughafen BER.
Es ist das erste Zusammentreffen nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe gegen den technischen Leiter Jochen Großmann. Flughafenchef Mehdorn spricht von einem kriminellen Einzelfall, den der Staatsanwalt aufklären müsse. „Wir sind nicht korrupt“, sagt er. Mit „Wir“ meint er die Flughafengesellschaft. Der Posten des Technikchefs werde wieder besetzt. „Ich gehe davon aus, dass ich in den nächsten Tagen eine Nachfolgelösung präsentieren kann“, kündigt Mehdorn an. Das erklärt seine gute Laune.
Der Flughafenchef macht erneut klar, dass er sich selbst im Zusammenhang mit dem Korruptionsverdacht nichts vorzuwerfen habe. Nur wenige Stunden, nachdem er durch einen Geschäftspartner von den Vorwürfen erfahren hatte, habe er damals den Staatsanwalt sowie BER-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit informiert. Der inzwischen entlassene Technikchef Großmann wird verdächtigt, für eine Auftragsvergabe an eine Planungsfirma indirekt 350.000 Euro verlangt zu haben. „Ich hätte das nie für möglich gehalten“, sagt Mehdorn. „Man liest so etwas immer in der Zeitung, dass so was direkt neben einem passiert, hat mich schon sehr betroffen gemacht.“ Er wolle die Erkenntnisse der von ihm eingesetzten Taskforce am 30. Juni dem Aufsichtsrat vorlegen. Ob die Mitarbeiter der Firma von Großmann weiter für die Flughafengesellschaft arbeiten, werde von dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen abhängen.
Flughafen-Chef Mehdorn wendet sich an BER-Mitarbeiter
Mehdorn informiert an diesem Montag nicht nur die Abgeordneten, er wendet sich auch an seine Mitarbeiter. „Wir können derzeit noch nicht sagen, ob der Fall Weiterungen hat, weitere Personen verstrickt sind, womöglich Vergaben aufgehoben werden müssen und welche Auswirkungen das auf den Zeitplan für die BER-Eröffnung hat“, schreibt er in einer der Berliner Morgenpost vorliegenden Mail.
Für Mehdorns Mail gab es aber einen anderen Anlass. Ein anonymer Verfasser hatte einen Brandbrief an den Flughafenchef verschickt – mit Kopie an alle Beschäftigten. Der Unbekannte beklagte das schlechte Klima in der Gesellschaft. „Niemand traut sich heute ungestraft über das Projekt zu sprechen“, heißt es darin. Die Personalpolitik lasse „erschaudern“. Von Bauen habe die ganze Unternehmensspitze „keine Ahnung“. Zum einjährigen Jubiläum Mehdorns vermehre sich der „Eindruck des Stillstandes, schlimmer noch, eines Rückschritts auf der Baustelle“.
BER wird wohl drei Milliarden Euro mehr kosten als geplant
Der Flughafenchef wirft dem Verfasser schlechten Stil vor: „Ich verstehe die Sorgen vieler Kolleginnen und Kollegen, die sich angesichts des Korruptionsverdachts gegen einen der führenden Köpfe im BER-Projekt Gedanken über ihr Unternehmen machen. Was ich aber nicht verstehe ist, wenn sich eine Person unter einer anonymen E-Mail-Adresse anmaßt, für alle Mitarbeiter zu sprechen.“ Mehdorn fordert die Mitarbeiter auf, „die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten im Unternehmen“ zu nutzen.
Auch die Finanzierung des Pannen-Flughafens spielt bei der Ausschuss-Sitzung erneut eine Rolle. Der Flughafenbau wird – ausgerichtet auf 27 Millionen Reisende pro Jahr – nach derzeitigem Stand über drei Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich geplant. Mehdorns Einschätzung: „Wir werden bei 5,4 Milliarden Euro landen.“ Mehdorn will von den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und dem Bund noch 1,1 Milliarden Euro, um den Flughafen fertig zu bauen. Einen Eröffnungstermin will er spätestens Ende des Jahres bekannt geben.
EU-Gutachten attestiert BER-Management vielfältige Fehler
Kein Thema in der Sitzung ist die nun bekannt gewordene Rüge des Europäische Rechnungshofs. Die EU hat dem Flughafen knapp 30 Millionen Euro überwiesen. In einem anschließend erstellten Gutachten attestieren die Rechnungsprüfer dem Management vielfältige Fehler und eine Schwäche des Managements und des Kontrollsystems.
Auch das Ergebnis einer Befragung der BER-Manager müsste Mehdorn belasten. Er ließ sie mit Hand-Ampeln darüber abstimmen, wie das Projekt aus ihrer Sicht vorankommt. Das Ergebnis war niederschmetternd: Zehn Führungskräfte schalteten die Ampel auf Rot, das bedeutet deutlicher Handlungsbedarf. Einer drückte auf Gelb, nur einer gab grünes Licht. Hartmut Mehdorn scheint seinen Optimismus dennoch nicht verloren zu haben. Als er den Saal verlässt, lächelt er. Und sagt: „Ich hoffe, dass ich es noch bis zur zweiten Halbzeit schaffe, wenn Deutschland gegen Portugal spielt.“