Berlin. Ein abwechslungsreicher Streifzug durch den Süden des Reinickendorfer Ortsteils Tegel mit der Waldidyll-Siedlung.
Gegenüber vom U-Bahnhof Holzhauser Straße steht am Bernhard-Lichtenberg-Platz – benannt nach dem Theologen und NS-Widerstandskämpfer – das „Madi – Zelt der Sinne“, in dem regelmäßig am Wochenende orientalische Dinnershows und sonntags ein Märchenbrunch stattfindet. Dort beginnt auch die Seidelstraße, sie gehen wir entlang. Rechts befindet sich hinter einer Reihe von schönen Backstein-Altbauten die Justizvollzugsanstalt Tegel. Seit 1898 verbüßen hier viele Menschen ihre Freiheitsstrafe, etliche der Bauten stehen unter Denkmalschutz.
Am Ende der JVA verläuft rechts ein Pfad in den Wald. Entlang des Seidelkanals geht es Richtung Flughafensee, vorbei an der leider verbarrikadierten Aussichtsbrücke Flughafensee mit ihrem Sonnenschirm. Wir treffen auf ein Schild mit der Aufschrift „Achtung! Betreten des Uferbereichs verboten. Abrutschende Böschung.“ Ist damit auch der viel schönere Pfad näher am Wasser gemeint? Als Alternative bleibt der breite Weg etwas entfernter vom Ufer, auch er bringt uns zur FKK-Badestelle und zum Sandstrand. Über ihn erreicht man auch die Aussichtsplattform, über die man einen schönen Blick über den See bis hinüber zum Tower des früheren Flughafens Tegel hat.

Die Siedlung „Waldidyll“ wird ihrem Namen gerecht
Vor der Plattform geht rechts ein Weg in den Wald, der sich wie das Gebiet südlich des Saatwinkler Damms Jungfernheide nennt. Links und wieder rechts leitet uns ein breiter Waldpfad bis zum Borkener Weg. Über ihn verlassen wir das Gehölz und betreten die Siedlung Waldidyll im Süden Tegels. Die wird mit der Ruhe und den teils schmucken Einfamilienhäusern aus diversen Dekaden ihrem Namen durchaus gerecht. Es geht vor bis zum Ascheberger Weg.
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Links, am Ende einer Sackgasse steht die Philippus-Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Tegel-Borsigwalde, und davor ein Stein mit der Inschrift, dass sich hier von 1942 bis 1945 ein Lager für Zwangsarbeiter befand. Rechts den Ascheberger Weg entlang, treffen wir nach einigen Querstraßen auf ein echtes Kleinod: Den liebevoll geführten Kiosk von Frau Milde am Kamener Weg 27 gibt es hier seit 1934 (Mo.–Fr. 6–19 Uhr, Sbd. 6.30–14 Uhr). Und sie erzählt, dass viele Stammkunden immer noch zu „Frau Petersen“ gehen, wenn sie den Kiosk besuchen, so hieß Mildes Mutter. Nicht allzu viele Siedlungen am Stadtrand haben noch so einen besonderen Ort für das Nötigste.
Vorbei am Gelände der Alfred- Brehm-Grundschule geht der Ascheberger Weg weiter hinten in den Weidenauer Weg über. An dessen Ende fühlt ein schmaler Pfad rechts wieder an die JVA Tegel heran. Beim Spaziergang nach links entlang der hohen Gefängnismauer und einem saftigen Grünstreifen kommen Erinnerungen an die 1980er-Jahre hoch, als man sich in der Innenstadt zum Mauerspaziergang getroffen hat – allerdings an einer gänzlich anderen Mauer entlang. Die hier erscheint einem allerdings noch höher. Am Ende des Spazierwegs stoßen wir wieder auf den Bernhard-Lichtenberg-Platz und den U-Bahnhof Holzhauer Straße.
Ausflugs-Info
- Justizvollzugsanstalt Tegel Mit ihren mehr als 130.000 Quadratmetern gehört die JVA Tegel zu den größten Gefängnissen Deutschlands. Errichtet 1898 wurde das Terrain bis heute immer mehr erweitert und mit Neubauten versehen. Die Backsteingebäude aus der Gründungszeit an der Ostseite stehen unter Denkmalschutz. Derzeit sitzen hier etwa 670 Männer mit teils lebenslangen Haftstrafen ein, manche von ihnen mit Sicherungsverwahrung. Seidelstr. 39, Tegel, Tel. 90 14 70, www.berlin.de/justizvollzug/anstalten/jva-tegel/
- Der Flughafensee Um die 30 Hektar ist er groß und mit mehr als 34 Metern der tiefste See Berlins. Von 1953 bis 1978 wurde hier Kies abgebaut, so entstand dieser Baggersee. Neben offiziellen Badestellen inklusive einer Ecke für Freikörperkultur gibt es hier auch ein Vogelschutzreservat.
- Wegstrecke und Dauer Für die knapp fünf Kilometer lange Route sollte man anderthalb Stunden einplanen. Sie lässt sich über die Waldwege des Jungfernhains verlängern.