Die verlassene Dorfschmiede in Karow sollte saniert werden – doch die Pläne kamen zu spät. Alle Infos zu dem Lost Place.

Für lange Zeit war es einer der wichtigsten Plätze im dörflichen Karow nördlich von Berlin – die Dorfschmiede. Sie versorgte die Gemeinde, die 1882 mit dem Anschluss an die Stettiner Eisenbahn ganz dicht an Berlin heranrückte, mit alltäglichem Bedarfsgegenständen. Nach der Wende wurde das historische Bauwerk zum Lost Place – und verfiel so stark, dass jede Rettung zu spät kam. Alle Infos.

Das sind die Fakten zur Karower Dorfschmiede im Überblick:

  • Adresse: Alt-Karow 4, 13125 Berlin-Karow
  • Geschichte: 1842 errichtet; 1899/1900 zur Schmiede umgebaut; Leerstand und Verfall des denkmalgeschützten Gebäudes nach der Wende
  • Führungen: Keine. Das Gelände ist offen begehbar. Eine Infotafel informiert Besucher vor Ort zur Geschichte der Schmiede
  • Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09040374
  • Status: Ehemaliger Lost Place. 2014 Rückbau der Schmiede auf die Kernmauern und Erhalt als archäologisches Denkmal

Wo liegt die Karower Dorfschmiede genau?

Das Gelände der historischen Dorfschmiede liegt im Ortsteil Karow des Bezirks Pankow. Das Denkmal ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den Buslinien 150, 158, 350 oder N58 (Haltestelle Alt-Karow) zu erreichen. Von der Haltestelle ist es ein kurzer, zweiminütiger Spaziergang in südlicher Richtung bis zum Grundstück Alt-Karow 4.

Lost Places in Pankow

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    Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der Karower Dorfschmiede:

    Ausgangslage: Ländliche Idylle im Norden Berlins

    Viel Grün bietet der Vorort im Norden Berlins
    Viel Grün bietet der Vorort im Norden Berlins © Berliner Wasserbetriebe | Berliner Wasserbetriebe

    Karow ist ein typisches märkisches Straßendorf – ursprünglich als reines Bauerndorf mit Hofanlagen und einigen kleineren ländlichen Anwesen an den Ortsausgängen angelegt. Das älteste erhaltene Gebäude ist die spätromanische Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert. Rund um die Kirche herum siedelten sich bis Anfang des 18. Jahrhunderts zehn Bauern, sieben Landleute, ein Wohnschmied und ein Hirte an. Die Gemeinde war überschaubar, die Wege kurz.

    Das änderte sich – wenn auch langsam – seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufbau der Kolonie Karow westlich des Dorfkerns, welche 1882 mit einer Bahnstation der Stettiner Eisenbahn eine verkehrstechnische Anbindung an Berlin erhielt. Stadt und Dorf rückten enger zusammen und die Berliner entdeckten das ländliche Fleckchen als pittoresken Zufluchtsort: Villen und Landhäuser ergänzten nun Ställe und Bauernhöfe.

    Karower Dorfschmiede: Die alte Schmiede brannte ab

    Das alte Spritzenhaus und die noch viel ältere Dorfkirche in Karow.
    Das alte Spritzenhaus und die noch viel ältere Dorfkirche in Karow. © Martin Schwarz

    Unter den Bauten mit Gemeindefunktion in Karow nahm die Schmiede eine besondere Rolle ein: Die Dorfschmieden in den Dörfern des Berliner Umlandes waren zumeist schlichte eingeschossige Feldsteinbauten auf rechteckigen Grundriss. Im Inneren gab es oft nur einen Raum mit Schornstein in der Mitte einer Giebelwand. Vor den Schmieden diente ein Vordach als offener Unterstand für Pferde.

    Eine ältere Schmiede in Karow stand ursprünglich direkt angrenzend zur Kirche, doch brannte sie Ende des 19. Jahrhunderts vollständig ab. Eine neue Schmiede musste her. Das kleine Gebäude im südlichen Bereich von Karow war um 1842 entstanden – vermutlich ursprünglich als Stall und Lagerhaus. In den Jahren 1899 und 1900 wurde das Gebäude zur Schmiede umgebaut.

    Karower Dorfschmiede: Umbau in den 1920er-Jahren

    Die neue Schmiede auf der Dorfaue Alt-Karow 4 wurde von einem Wanderschmied genutzt, der zwischen Buch und Karow pendelte und die dortigen Gemeinden mit Schmiedegut versorgte. 1920 wurde Karow zusammen mit anderen umliegenden Gemeinden mit dem Groß-Berlin-Gesetz in die Hauptstadt eingemeindet und zu einem Vorort Berlins.

    Zwei Jahre später wurde die Schmiede in Karow 1922 im nördlichen Bereich um einen Wohntrakt erweitert. Der reguläre Schmiedebetrieb endete wohl in den 1930er-Jahren, aber die Esse, der Feuerungsraum und der Schmiederaum blieben bestehen und wurden auch später noch genutzt. Ab 1941 war ein Klempnermeister Eigentümer des Grundstücks geworden.

    Karower Dorfschmiede: Betrieb in der DDR-Zeit

    Ab 1945 wurde die alte Schmiede von einem Schlossermeister genutzt, der nach dem Krieg alles aus Metall fertigte, was seine Kunden benötigten. Dafür warf er die Esse in der Schmiede immer wieder an und schmiedete selbst viele der benötigten Teile. 1977 wurde er Pächter des historischen Gebäudes und übergab den Betrieb und das Gebäude 1985 an einen seiner Gesellen. Bis zur Wende wurde wenig in die Bausubstanz der alten Schmiede investiert, aber erst mit der Wiedervereinigung wurde sie vollends zu einem Lost Place im Berliner Norden.

    Karower Dorfschmiede: Reichsbürger verhinderte Sanierung

    Der letzte Pächter ließ das Gebäudeensemble nach der Wende zunehmend verfallen. Erst 2013 gelang es dem Land Berlin, das kleine Gebäude wieder in seine Verfügungsgewalt zu bekommen. Der frühere Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen) hatte sich damals zur verfahrenen Situation mit dem Pächter geäußert: "Nach der Wende erkannte er das Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht an. Er gab sich selbst als Mitglied der 4. Reichsexilregierung aus, zahlte keine angemessene Pacht und ließ das Gebäude verfallen."

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    Karower Dorfschmiede: Katastrophaler Bauzustand des Lost Place

    Inzwischen war die verlassene und heruntergekommene Dorfschmiede akut einsturzgefährdet. Die Bausubstanz war vom jahrelangem Verfall gezeichnet: Das Mauerwerk brüchig, am undichten Dach fehlten Ziegel, an den Wänden hatten sich Graffiti-Künstler verewigt. Die Fenster der Schmiede waren eingeschlagen, durch die Eisenteile fraß sich der Rost und das Grundstück war verwildert und zugewuchert.

    Bezirksamt, Liegenschaftsfonds und Landesdenkmalamt wurden nach der Rückübertragung 2013 sofort tätig. Sie bewerteten den Bauzustand und ließen die möglichen Instandsetzungskosten ermitteln. Eine Bürgerstiftung signalisierte die Bereitschaft für eine Nutzungskooperation: Der Standort hätte als ein kleines Dorfmuseum oder eine Schauschmiede hergerichtet werden können.

    Karower Dorfschmiede: Grundmauern werden zum Denkmal

    Für das alte Gebäude kamen aber alle Rettungsmaßnahmen zu spät. Der Erhalt der Schmiede war nicht mehr möglich. Wegen ihres schlechten baulichen Zustandes musste sie 2014 fast vollständig abgerissen werden. Um wenigstens Spuren der Schmieden zu erhalten und ihre Bedeutung für die Dorfgeschichte zu veranschaulichen, entschied sich das Bezirksamt für einen behutsamen Rückbau.

    So blieben Überreste der Grundmauern erhalten, an denen sich Besucher vor Ort eine Vorstellung von der Größe der einstigen Schmiede machen können. Außerdem wurde die Fläche um das archäologische Denkmal herum begrünt und Informationstafel zur Geschichte der Dorfschmiede und des Dorfs Karows aufgestellt.

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