Berlin. Der Wasserturm Prenzlauer Berg prägt den Kiez bis heute und fasziniert. Erfahren Sie hier alle Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Längst haben die Wassertürme in Berlin ihre ursprüngliche Funktion eingebüßt. Das heißt aber nicht, dass sie an Faszination verloren hätten. In Prenzlauer Berg steht der älteste Wasserturm Berlins. Um seine Historie ranken sich so manche Mythen. Doch auch die wahre Geschichte des Bauwerks ist spannend genug. Hier erfahren Sie alle Infos zu dem markanten Turm in Prenzlauer Berg, der zwischenzeitlich zu den Lost Places der Hauptstadt gehörte.

Das sind die Fakten zum Wasserturm Prenzlauer Berg im Überblick:

  • Adresse: Knaackstraße 23, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
  • Geschichte: Errichtung 1875 bis 1877 nach Plänen des britischen Bauingenieurs Henry Gill und des Architekten Wilhelm Vollhering; in Betrieb als Wasserturm bis 1952; Sanierung des Wasserturms 2000/2001, Sanierung des Areals bis 2007
  • Denkmalnummer: Objekt-Nr. 09070141
  • Führungen: Stadtrundgänge und Führungen werden von verschiedenen Veranstaltern angeboten. 2023 finden beispielsweise mehrere Führungen durch den Förderverein Weingarten Berlin statt
  • Status: Ehemaliger Lost Place; in den 2000er-Jahren umfangreiche Sanierungsarbeiten am Turm und dem umgebenden Park; heute sanierte Wohnungen in den unteren sechs Geschossen

Wo liegt der Wasserturm Prenzlauer Berg genau?

Die Rykestraße mit Blick auf den Wasserturm Prenzlauer Berg und dem Fernsehturm, Foto 2017
Die Rykestraße mit Blick auf den Wasserturm Prenzlauer Berg und dem Fernsehturm, Foto 2017 © picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB | Jens Kalaene | picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB | Jens Kalaene

Der Turm befindet sich auf dem Wasserturmplatz an der Knaackstraße 23 im Ortsteil Prenzlauer Berg im Bezirk Pankow. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Standort am besten mit der U-Bahn zu erreichen. Von der U-Bahnstation Senefelderplatz (U2) benötigt man knapp zehn Minuten zu Fuß zu der Sehenswürdigkeit. Noch schneller geht es mit der Tram von der Haltestelle Knaackstraße (M1, M2).

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Wasserturms Prenzlauer Berg:

Ausgangslage: Fließendes Wasser für die Hauptstadt

Mitte des 19. Jahrhunderts versorgte sich die Bevölkerung Berlins und seiner Vororte noch über Zieh- und Handbrunnen mit Wasser. Um das veraltete System zu erneuern, beauftragte die preußische Regierung 1852 britische Spezialisten: "Fox & Crampton" übernahmen. Ihr Tochterunternehmen, die "Berlin Waterworks Company", errichtete ein Wasserwerk an der Spree und begann mit dem Aufbau eines Rohrleitungssystems, um die Berliner Haushalte direkt zu versorgen.

Dafür wurde auf dem alten Windmühlenberg – bis 1870 standen auf der künstlichen Erhebung Mühlen – ein 20 Meter hoher Steigrohrturm mit offenen Wasserbehälter errichtet. Es war das erste Gebäude eines ganzen Ensembles an Wasseranlagen, das folgen sollte. Der Steigrohrturm sorgte in Verbindung mit einer entsprechenden Sohle in der Tiefstadt, dem alten Berlin, für den benötigten Druck in den Wasserleitungen. Die Wassersohle in der Anlage lag auf demselben Niveau wie das Dach des Berliner Stadtschlosses. So konnten rund 400.000 Einwohner im Umfeld der Anlage mit fließendem Wasser versorgt werden.

Wasserturm Prenzlauer Berg: Errichtung in der Gründerzeit

Treppenhaus im historischen Wasserturm im Stadtteil Prenzlauer Berg, Foto 2018.
Treppenhaus im historischen Wasserturm im Stadtteil Prenzlauer Berg, Foto 2018. © picture alliance / zb | Reinhard Kaufhold | picture alliance / zb | Reinhard Kaufhold

Mit der Zeit wuchs die Stadt und die sogenannte Hochstadt entstand im Norden, welche auch den heutigen Ortsteil Prenzlauer Berg umfasste. Für die Versorgung der neuen Kieze wurde eine größere Anlage nötig: Zwischen 1875 und 1877 entstand der 30 Meter hoher Wasserturm nach Entwürfen des Architekten Wilhelm Vollhering mit integriertem Hochbehälter sowie zwei angrenzenden Maschinenhäusern.

Der neue Wasserturm bewältigte zusammen mit den Pumpenhäusern und dem alten Steigrohrturm, dessen Wasserbehälter 1877 unter die Erde verlegt wurde, die Versorgung des gesamten nördlich Stadtgebiets mit fließendem Wasser. Die Verbesserung der Lebensqualität trug maßgeblich zum rasanten Wachstum des Arbeiterbezirks Ende des 19. Jahrhunderts bei und sicherte dem Bauwerk zwischen 1920 und 1992 einen Platz im Bezirkswappen.

Wasserturm Prenzlauer Berg: So war die Anlage aufgebaut

Im Kern des Wasserturms befand sich die Wasserspeicheranlage. Um sie herum wurden in dem sechsgeschossigem Bau Werkswohnungen angelegt, damit die Angestellten sofort vor Ort waren, wenn es Probleme mit der Wasserversorgung gab. Über ihnen befand sich an der Spitze des Turms der Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen für gut 7000 Kubikmeter Wasser.

Der Turm ist ein mit Klinkern verblendeter Ziegelbau mit einem Außendurchmesser von 24 Metern. In der Umgebung des Wasserturms befanden sich die Maschinenhäuser, das Schwimmerhäuschen, der Steigrohrturm und unterirdische Wasserdepots.

Wasserturm Prenzlauer Berg: Erste Stilllegungen und Grünanlage im Ersten Weltkrieg

Wasserturm, Steigrohrturm und kleiner Wasserspeicher am Wasserturmplatz, Foto 2019
Wasserturm, Steigrohrturm und kleiner Wasserspeicher am Wasserturmplatz, Foto 2019 © picture alliance / imageBROKER | Schoening | picture alliance / imageBROKER | Schoening

1888 ließ der Berliner Magistrat ein weiteres Maschinenhaus und einen zweiten Reinwasser-Erdbehälter errichten. Dann wurde es erst einmal ruhig um den Turm, bis 1907 der Behälter im Wasserturm um sieben Meter angehoben werden musste. Der Wasserdruck hatte nicht mehr ausgereicht und aus den Wasserhähnen in der Belforter Straße hatte tagsüber nur noch ein trauriges Rinnsal getropft.

Der Wasserturm selbst blieb bis 1952 in Betrieb. Seine Umgebung erfuhr aber in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gravierende Veränderungen: 1914 wurden die Maschinenanlagen und der Steigrohrturm stillgelegt. Das Wasser kam jetzt aus größeren Speichern anderer Anlagen. 1915 ließ der damalige Berliner Gartendirektor Albert Brodersen (1857–1930) auf dem Gelände um den Wasserturm eine erste Grünanlage anlegen.

Wasserturm Prenzlauer Berg: "Wildes" Konzentrationslager in der NS-Zeit

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Wasserversorgungsanlage unterschiedlich genutzt: In die unterirdischen Wasserspeicher wurden Durchgänge gebrochen, so dass sie als Lagerhallen genutzt werden konnten. Eine Armenküche, Handwerker, ein Fischhandel und eine Lungenheilanstalt zogen ein und aus.

Das traurigste Kapitel: Mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 diente das heute abgerissene Maschinenhaus I am Wasserturm als frühes Konzentrationslager, das Terror im Arbeiterviertel verbreiten sollte. Kaum verborgen vor der Öffentlichkeit wurden hier SPD-Funktionäre, KPD-Mitglieder und andere politische Feinde verhört und gefoltert. Später zog ein SA-Heim in die Maschinenhäuser ein, bevor mit der Niederschlagung des "Röhm-Putsches" 1934 und dem Abriss des Maschinenhauses I 1935 die Spuren verwischt und der Platz 1937 wieder zu einer Erholungsstätte umgewidmet wurde. Die Umgestaltung der Parkanlage erfolgte in den 1930er-Jahren nach den Plänen des Gartenarchitekten Paul Mittelstädt (1902–1985).

Wasserturm Prenzlauer Berg: Stilllegung zu DDR-Zeiten

Blick durch die Rykestraße auf den Wasserturm im Jahr 1996
Blick durch die Rykestraße auf den Wasserturm im Jahr 1996 © picture-alliance/ ZB | Hubert Link | picture-alliance/ ZB | Hubert Link

Den Zweiten Weltkrieg überstand der Wasserturm ohne größere Schäden. Nach Ende des Krieges verkam der umgebende Platz aber zu einer Schutt- und Müllhalde; auch die Berliner Stadtreinigung verwendete ihn bis 1950 als Mülldeponie. Dann ließ die Bezirksverwaltung das Gelände wieder als Grünanlage herrichten. 1976 wurde der Platz schließlich durch den VEB Stadtgrün im Auftrag des Bezirksgartenamtes nach historischen Plänen restauriert.

Der Wasserturm selbst wurde 1952 auf Weisung des Magistrats von Berlin stillgelegt. Bis zur deutschen Wiedervereinigung dienten die Kellerräume als Lagerhallen einer Fischverarbeitungsfirma. Die Wohnungen im Turm wurden zu DDR-Zeiten von der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV) verwaltet und waren – genauso wie heute – äußerst begehrt. Auch wenn die Turmwohnungen kaum gerade Stellflächen und nur Durchgangszimmer bieten. Kurz vor der Wiedervereinigung soll die Miete der Räumlichkeiten durchschnittlich bei einer DDR-Mark pro Quadratmeter gelegen haben, das hat sich geändert.

Wasserturm Prenzlauer Berg: Lost Place nach der Wende

Für die Sanierungsarbeiten eingerüsteteter Wasserturm Prenzlauer Berg, Foto 2000
Für die Sanierungsarbeiten eingerüsteteter Wasserturm Prenzlauer Berg, Foto 2000

Nach der Wiedervereinigung wurde in den 1990er-Jahren im Bezirksamt Pläne geprüft, die unterirdischen Wasserspeicher am Wasserturm zu einem Kulturzentrum auszubauen – das Projekt wurde aber aus Kostengründen fallengelassen. Verschiedene Nachnutzungskonzepte wurden geprüft.

Inzwischen war die Bausubstanz des Wasserturms und verschiedener Gebäude auf dem Platz stark in Mitleidenschaft gezogen. Das historische Schwimmerhäuschen war in den 1990er-Jahren einsturzgefährdet und der Wasserturm bedurfte dringend einer Sanierung, sollte er nicht als vergessener Ort zu einer Industrieruine verkommen. Viele Bäume hatten mit ihrem Wurzelwerk außerdem die Decken der Wasserspeicher beschädigt, so dass dort Regenwasser eindringen konnte.

Wasserturm Prenzlauer Berg: Sanierung der Anlage bis 2007

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1992 wurde mit der schrittweisen Sanierung des Areals begonnen. Als erstes wurde der schmale Steigturm saniert. Ende der 1990er-Jahre erfolgte der erste Spatenstich zur Sanierung des Wasserturms. Bis 2001 erfolgten unter anderem die Freilegung eines historischen Treppenraumes, Spezialarbeiten zur Abdichtung der Gewölbe der Wasserspeicher, die Wiedererrichtung des Treppenturmes auf dem großen Wasserspeicher sowie die Sicherung des einsturzgefährdeten Schwimmerhäuschens.

2007 waren die Arbeiten am Wasser- und Steigrohrturm und dem umgebenden Platz abgeschlossen. Neben 15.000 Rosenstöcken und 10.000 Gehölzen ließ die Bezirksverwaltung einen kleinen Weinberg auf dem Windmühlenberg anlegen und auf dem Gelände des ehemaligen Maschinenhauses I befindet sich heute ein beliebter Kiezspielplatz.

An der nördlichen Seite des Parks wurde ein Fußballplatz sowie ein kleiner Basketballplatz eingerichtet. Seit 1992 werden die unterirdischen Wasserspeicher gelegentlich als temporäre Räume und Kulisse für Kunstprojekte und Klanginstallationen genutzt. In dem sechs Geschoss hohen Wasserturm befinden sich heute schick sanierte Wohnungen.

Wasserturm Prenzlauer Berg: Motiv in Film und Literatur

Der markante Wasserturm in Prenzlauer Berg prägte den Kiez. Es ist nicht verwunderlich, dass er auch immer wieder zum Motiv in filmischen Werken, Dokumentationen und Literatur wird. So besteigt etwa in der DDR-Dokumentation "Links und rechts der Schönhauser" (Armin Greim, 1983) der Moderator Jaecki Schwarz den Wasserturm, um den Zuschauer einen Überblick über den Arbeiterkiez zu geben.

Synke Köhler siedelt ihren Gentrifizierungsroman "Die Entmieteten" (2019) hier an – in einer fiktiven Straße am Rande des Wasserturms. Christiane Neudecker verlegte in ihrem Roman "Der Gott der Stadt" (2019) eine Theaterschule in die Gewölbe und in Lutz Seilers preisgekrönten Roman "Stern 111" wird der Turm in der bewegten Nachwendezeit zu einem fixen Orientierungspunkt.

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