Lösung dank Krisensitzung

Pankower „Trümmer-Schule“ wird für 40 Millionen Euro saniert

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Demonstration für Schulsanierung erfolgreich: Mit einem Klassenausflug zum Roten Rathaus setzen 800 Schüler des Gymnasiums am Europasportpark in Pankow Senat und Bezirksamt unter Druck.

Demonstration für Schulsanierung erfolgreich: Mit einem Klassenausflug zum Roten Rathaus setzen 800 Schüler des Gymnasiums am Europasportpark in Pankow Senat und Bezirksamt unter Druck.

Foto: Thomas Schubert

800 Kinder des maroden Gymnasiums am Europasportpark erzwingen von Giffey ein Sofortprogramm. Los geht's schon in den Weihnachtsferien.

Berlin.  Mit wochenlangen Protesten und einem angedrohten Homeschooling haben Schüler des Gymnasiums am Europasportpark die Sanierung ihres Hauses erzwungen. Nach einer Krisenkonferenz mit der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Freitag steht fest: Die komplette Sanierung ist bewilligt und soll dank einer außerplanmäßigen Investition von 40 Millionen Euro gelingen – allerdings erst ab 2024.

Um 800 Kindern das Lernen in dem völlig maroden DDR-Typenbau in Prenzlauer Berg zu erleichtern, greifen bis dahin mehrere Übergangsmaßnahmen. Ab 2023 sollen die Klassen 11 und 12 in einem Ausweichgebäude an der Landsberger Allee unterrichtet werden, wie Giffey den Kindern nach der Krisensitzung vor dem Roten Rathaus verkündete. Schon in den Weihnachtsferien lassen der Senat und das Bezirksamt Pankow Tischlerarbeiten an Fenstern vornehmen, von denen mehrere Hundert stark beschädigt sind und herauszustürzen drohen. Auch Malerarbeiten in den Eingangsbereichen und eine Grundreinigung bis hin zu den Jalousien gehören zum Sofortprogramm über Weihnachten.

Anfang 2024 soll das Gymnasium am Europasportpark dann für die große Sanierung schließen und in ein Umspannwerk im Pankower Ortsteil Wilhelmsruh umziehen. Giffey betonte, dass für die außerplanmäßige Sanierung der stark beschädigten Pankower Schule kein anderes Sanierungsprojekt in Berlin zurückgestellt wird.

Giffey lässt Gymnasium am Europasportpark auf „Platz 0“ der Prioritätsliste vorziehen

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„Eure Schule kommt auf der Dringlichkeitsliste für Schulsanierungen nicht auf Platz 1, ihr kommt auf Platz 0“, beschrieb Giffey die besondere Lösung. Möglich wurde dieses Friedensangebot an die demonstrierenden Schüler dank Freigabe des Geldes durch die Senatsfinanzverwaltung. Und dank Vorarbeiten im Bezirksamt Pankow. Dort hatte Schulstadträtin Dominique Krössin (Linke) beide Ausweichstandorte im Schnellverfahren prüfen lassen. „Wir würden euch nirgend hinschicken, wo es euch nicht gefällt“, versprach Krössin nach der Krisensitzung mit Giffey und Schulstadträtin Astrid Busse (SPD) den versammelten Kindern am Roten Rathaus. „Vielleicht werdet Ihr gar nicht mehr weg wollen.“

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Dass Giffey, Busse und Krössin sich überhaupt Gehör verschaffen konnten für ihre Ansagen zur Rettung des seit 2016 baufälligen Gymnasiums, gestaltete sich schwierig. Aus Lautsprechern ließen Kinder in voller Lautstärke Parolen erklingen, die von der Wut über die immer wieder verschobene Sanierung kündeten. Und von einer Art Sportsgeist. Das Leid, in vergilbten Klassen mit verrammelten Fenstern zu lernen, fördert eine kreative Trotzhaltung zutage. „Save the GESP!“ lautet das Motto des Widerstands gegen den Sparzwang.

Protest aus Pankow: Millionen für den Gendarmenmarkt trotz Sparen bei Schulen

Die klotzige Fassade der Schule hält als Logo für Aufkleber her, die Kinder bei Protestkundgebung wie der jetzigen verteilen. Auf Demonstrationsplakaten prangt der Vorwurf an Spitzenpolitiker, in die falsche Richtung zu investieren und den Nachwuchs zu vergessen. „Es gibt 20 Millionen Euro für den Umbau des Gendarmenmarktes, aber das Geld für unsere Schule wurde gestrichen“, gab die Demonstrantin Lea ein Beispiel.

Berlins Schulsanierungsstau inspirierte die Gymnasiasten selbst zum Umdichten der populären Seed-Hymne „Dickes B“, mit sarkastischen Hinweisen auf die Gefahr, im Gymnasium am Europasportpark von herausbrechenden Fenstern getroffen zu werden: „Schule an der Spree - Im Sommer zu heiß und im Winter tut’s weh. Schule Berlin - marode, nicht clean. Fenster fallen raus, wenn wir durch Schule zieh’n.“ So hallte es zur Unterhaltung der versammelten Presse vor dem Roten Rathaus, während in Giffeys Runde Senats- und Bezirksvertreter mit Elternvertreter André Mors um eine Lösung rangen.

Parole der wütenden GESP-Schüler: „Kommt raus und saniert unser Haus!“

Mütter wie Anne Rathsfeld schworen die versammelte Schulgemeinschaft aus Prenzlauer Berg darauf ein, nicht eher Ruhe zu geben, bis die Zusage für eine Sanierung steht. „Es muss jetzt losgehen. Ihr dürft nicht warten, bis irgendein Etat geöffnet wird. Kinder, sammelt Eure ganze Kraft!“ rief Rathsfeld zu immer neuen Sprechchören auf.

Motivation hatte der Pankower Protestkorso aber gar nicht nötig: „Kommt raus und saniert unser Haus!“ hallte es aus den Megafonen in Richtung Senatssitz. Am Ende war die Forderung durch Giffeys Maßnahmenplan so deutlich erfüllt, dass manche fast überrascht darüber waren, wie plötzlich die Politik einlenkt, wenn Familien toben. „Gut, dass wir gewinnen“, freute sich ein Abiturient. „Aber bis das GESP repariert wird, bin ich längst weg.“

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