Berlin. Marode Fenster, bröckelige Fassade und eine Überdachung, die die Schüler auf dem Schulhof vor herabfallenden Bauteilen schützen soll – das Gymnasium am Europasportpark ist Pankows kaputteste Schule und es hat es schon bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. Doch eine bauliche Maßnahme scheint auch in naher Zukunft nicht in Sicht, weil die Schule bereits zum zweiten Mal von der Sanierungsliste des Senats geflogen ist. Nun ist der Schulleiterin Katrin Schäffer die Situation zu gefährlich geworden: Sie schickt ihre 800 Schülerinnen und Schüler nach den Herbstferien ins Homeschooling.
Sollte bis zum 4. November kein Gutachten hinsichtlich der von den Fenstern ausgehenden Gefahren vorliegen, werde es ab dem 7. November bis zur Vorlage der Stellungnahme keinen Präsenzbetrieb am Gymnasium am Europasportpark geben, kündigte Schäffer in einer Mitteilung an ihr Kollegium, Schüler und Eltern an. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die Verantwortung für den Präsenzbetrieb und die Sicherheit der Schüler*innen und Lehrkräfte nicht länger übernehmen werden, bis ein*e Sachverständige*r uns konkrete Aussagen zur Betriebssicherheit machen kann“, so die Schulleiterin. Die regionale Schulaufsicht habe verständlicherweise die Übernahme der Verantwortung für den Präsenzbetrieb abgelehnt, das Bezirksamt Pankow habe der Schule wiederum mitgeteilt, dass es die Möglichkeit gebe, aus Gründen der Sicherheit Bereiche für die Nutzung zu sperren.
Gymnasium am Europasportpark: Suche nach einem Ausweichquartier
Schon als das Gymnasium vor sieben Jahren im baufälligen DDR-Typenbau eröffnete, war eine Sanierung versprochen worden. Man habe fest damit gerechnet, dass es im Jahr 2023 endlich losgeht, heißt es aus der Schulleitung. Doch als sich nun die Schule wieder nicht in dem Entwurf der Investitionsplanung wiederfand, legte der Bezirk Widerspruch ein und meldete die Schule erneut an. Bislang jedoch ohne Erfolg.
„Es ist katastrophal, dass die Schule aus der Investitionsplanung herausgefallen ist“, sagt Pankows Bildungsstadträtin Dominique Krössin (Linke). Sie sei dabei, Ersatzflächen zu bekommen. „In diesem Gebäude können die Schülerinnen und Schüler jedenfalls nicht bleiben“, sagt Krössin. Als aktuelle Maßnahme habe der Bezirk die maroden Fenster notdürftig festgeschraubt, um wenigstens zu verhindern, dass sie herausfallen. Außerdem habe die bezirkliche Bauaufsicht sich noch vor den Ferien ein Bild vor Ort gemacht. „Sie sollten gucken, wie groß die Gefahr für Leib und Leben ist“, sagt Krössin, „ich erwarte, dass mir den Bericht noch in dieer Woche zugestellt wird.“ Je nachdem wie er ausfällt, könne dann entschieden werden, ob die Kinder nach den Ferien in die Schule zurückkehren können oder vielleicht nur Teile des Gebäudes gesperrt werden müssten.
Ein Spielball zwischen Bezirksamt Pankow und Senat
Elternvertreter André Mors kann die Entscheidung der Schulleiterin, die Kinder unter diesen Umständen nach den Ferien ins Homeschooling zu schicken, grundsätzlich verstehen. „Auch wenn wir uns das natürlich nicht wünschen“, sagt er. „Unsere Schule ist zum Spielball zwischen dem Bezirk und dem Senat geworden“, kritisiert er. In seiner Verzweiflung hat er auch bereits selbst an die Finanzstaatssekretärin Jana Borkamp (Grüne) geschrieben und sie zu einem Besuch in der maroden Schule eingeladen. In ihrem Antwortschreiben räumte die Staatssekretärin ein, dass sie die Frustration in Bezug auf die Schule persönlich nachvollziehen könne. Dennoch könne keine nochmalige Erhöhung des Investitionsfonds erfolgen, „weil das die finanziellen Möglichkeiten Berlins überfordern würde“.
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Außerdem habe die Senatsverwaltung dem Bezirk die Möglichkeit eingeräumt, einen Austausch vorzunehmen. Als eine baufällige Schule aus dem Programm herauszunehmen und stattdessen das Gymnasium am Europasportpark zu sanieren. „Dies ist bisher nicht erfolgt, wäre aber ein gangbarer Weg, um die Sanierung Ihrer Schulein Angriff nehmen zu können“, so die Finanzverwaltung in dem Schreiben. Diese Lösung kommt für Stadträtin Krössin in dieser Form erst einmal nicht in Frage. „Bei den anderen Schulen handelt es sich ja schließlich auch um Notfälle. Da kann ich ja nicht den einen gegen den anderen austauschen“, sagt sie, „es müsste schon zusätzliche Gelder für die Sanierung des Gymnasiums am Europasportpark geben.“
Exkursion zum Roten Rathaus: Pankower Schüler wollen demonstrieren
Auf Anfrage der Morgenpost hieß es aus der Finanzverwaltung, dass man den Bezirk im konkreten Fall nach Kräften unterstütze, um das akute Sanierungsproblem zu lösen. „So besteht zusätzlich die Option, die Sanierungsmaßnahme im Rahmen einer Notfallklausel in die aktuelle Investitionsplanung aufzunehmen. Diese Absicht hat der Bezirk bereits bekundet. Allerdings liegen der Finanzverwaltung noch nicht alle notwendigen Unterlagen vor“, so ein Sprecher. Konkret gehe es dabei vor allem darum, dass der Bezirk in Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung die erforderlichen Nachweise erbringen müsse. Hierzu liefen mit noch Gespräche.
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Nach den Ferien wollen die Schülerinnen und Schüler noch einmal deutlich auf das Problem aufmerksam machen. Sie planen im Rahmen einer Exkursion am 11. November eine Demonstration am Roten Rathaus. „Das bereiten wir jetzt gerade gemeinsam vor“, so Elternvertreter Mors.