Antisemitismus in Pankow

Antisemitismusbeauftragte will mit Moscheen zusammenarbeiten

| Lesedauer: 3 Minuten
Alexander Rothe
Imame haben eine wichtige Rolle in muslimischen Gemeinden. Um für Antisemitismus zu sensibilisieren, will die Pankower Antisemitismusbeauftragte mit Moscheen zusammenarbeiten.

Imame haben eine wichtige Rolle in muslimischen Gemeinden. Um für Antisemitismus zu sensibilisieren, will die Pankower Antisemitismusbeauftragte mit Moscheen zusammenarbeiten.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Nicht der erste Vorfall in Pankow: Nach einem antisemitischen Angriff im Prenzlauer Berg will die Antisemitismusbeauftragte mit Imamen sprechen.

Berlin. Die Kippa liegt auf dem Boden. Der Angreifer tritt mit Füßen auf die religiöse Kopfbedeckung und fordert den jüdischen Besitzer aus Großbritannien schließlich auf, „Free Palestine“ („Befreit Palästina“) zu rufen, bevor er ihm mehrfach ins Gesicht schlägt. Dieser antisemitische Angriff ereignete sich am vergangenen Donnerstag in den frühen Morgenstunden in einem Hostel in Prenzlauer Berg. Dem alkoholisierten Täter, ein Syrer, dessen Aufenthaltserlaubnis nach Polizeiangaben abgelaufen ist, wurden die Papiere entzogen.

Antisemitismus kein allein muslimisches Problem

Nicht der erste Vorfall dieser Art: 2018 schlug ein 19-jähriger Syrer mit einem Gürtel auf einen Kippa-tragenden Israeli in Prenzlauer Berg ein. Die neue Antisemitismusbeauftragte von Pankow, Monika Flores Martínez, betont jedoch, dass es sich nicht um ein alleiniges Problem von Menschen aus dem Nahen oder Mittleren Osten handele. So unterscheidet die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) zwischen verschiedenen politischen Spektren, in den Antisemitismus verbreitet ist – neben dem islamischem kommen unter anderem auch rechtsextreme und links-antiimperialistische Strömungen vor. In vielen Fällen antisemitischer Angriffe oder Hetze, die im ersten Halbjahr 2021 in Pankow angestiegen sind, sei eine politisch-weltanschauliche Zuordnung aber nicht möglich.

Zusammenarbeit mit Moscheen

Im aktuellen Fall jedoch schon: Die Tat sei durch die Denkweise des Syrers zu erklären, die er aus seiner Heimat mitgebracht habe und nicht so einfach ablege. Um islamischen Antisemitismus mit Präventivarbeit entgegenzuwirken, plant Flores Martínez deshalb mit Moscheen in Pankow zusammenzuarbeiten und mit den Imamen in Kontakt zu kommen. Durch ihre ehemalige Tätigkeit im Museum für Islamische Kunst hat sie Erfahrungen mit muslimischen Gemeinschaften und macht deshalb klar: „In den Moscheen werden solche Körperverletzungen nicht geduldet, da sie sich gegen den Islam richten. Natürlich gibt es unrühmliche Ausnahmen, so wie überall.“ Für sie sei es absolut selbstverständlich, dass Antisemitismus in Deutschland nirgendwo Platz hat, auch nicht in Moscheen, die sich an das Grundgesetz hielten.

Strafrechtliche Verfolgung statt Präventionsmaßnahmen

Ob eine Sensibilisierungskampagne in einer Moschee im Fall des alkoholisierten Syrers geholfen hätte, zweifelt Flores Martínez an, da gläubige Muslime kein Alkohol trinken. „So wie ich ihn einschätze, bewegt er sich fernab dieser Community.“ Die einzig effektive Maßnahme sieht sie in der strafrechtlichen Verfolgung des Mannes, mit dem sie sich nicht in Kontakt setzen möchte. Falls hingegen der Angegriffene noch in Deutschland sei, würde sie sich gerne bei ihm melden – in jedem Fall aber beim Hostel, um zu zeigen, dass es sie gibt und sich die Mitarbeitenden bei zukünftigen Vorfällen an sie wenden könnten.

Weitere Nachrichten aus Pankow lesen Sie hier.

Lesen Sie mehr: