Nach langem Streit

Berlin bekommt Dragoner-Areal kostenfrei vom Bund

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Isabell Jürgens
Das Dragoner-Areal in Kreuzberg

Das Dragoner-Areal in Kreuzberg

Foto: Rainer Jensen / dpa

Lösung im jahrelangen Streit um das große Baugrundstück in Kreuzberg: Bund und Berlin haben sich auf einen Deal geeinigt.

Das jahrelange Tauziehen um das Dragoner-Areal in Kreuzberg ist offenbar beendet. Der Bund wird das letzte große Baugrundstück in Kreuzberg an Berlin abtreten. „Es war ein langer und intensiver Kampf, das Dragoner-Areal für Berlin und für eine bürgerfreundliche Nutzung zu sichern“, erklärte der Haushaltsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Swen Schulz, am Donnerstag.

Die umstrittene Privatisierung des 4,7 Hektar großen Areals wäre damit endgültig vom Tisch. Die Bundesastalt für Immobilienaufgaben (Bima) hatte das Grundstück 2015 für 36 Millionen Euro an einen privaten Investor verkaufen wollen. Auf Druck des Landes und des Finanzausschusses im Bundestag wurde der Verkauf Ende 2016 gestoppt, der Vertrag rückabgewickelt. Ein Kaufvertrag mit dem Land Berlin war bislang aber nicht zustande gekommen, weil der Senat deutlich weniger für das Areal bezahlen wollte. Laut einem Gutachten, auf das sich der Senat beruft, liegt der Verkehrswert für das derzeit überwiegend von Gewerbebetrieben genutzte Gelände bei 18 Millionen Euro.

Nun soll das Areal im Rahmen des neuen Hauptstadtvertrages dem Land Berlin zugesprochen werden, heißt es aus der Berliner Senatskanzlei. Bereits am Mittwoch hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mitgeteilt, dass Berlin durch den neuen Hauptstadtvertrag deutlich mehr Geld vom Bund für hauptstadtbedingte Ausgaben etwa für Sicherheit, Kultur und Infrastruktur erhält. Er bezifferte die Summe, die ab 2018 für zehn Jahre fließt, auf insgesamt rund zwei Milliarden Euro. Das seien pro Jahr 50 Millionen Euro mehr als im aktuellen Vertrag, der Ende 2017 ausläuft. Unterschrieben ist der Vertrag jedoch noch nicht. Teil der Vereinbarung sind auch verschiedene Grundstücksangelegenheiten. Wie viel Berlin nun letztlich für das ehemalige Kasernengelände zahlen muss, ist deshalb noch unklar. „Details zur Verteilung der einzelnen Positionen im Vertrag wird es nicht geben, bevor die Tinte unter dem Vertrag nicht trocken ist“, sagte Claudia Sünder, Sprecherin der Senatskanzlei, am Donnerstag auf Nachfrage der Berliner Morgenpost.

Auch im Hause des Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) will man die erzielte Einigung noch nicht kommentieren. „Verträge sind erst Verträge, wenn sie unterzeichnet sind“, so seine Sprecherin Eva Henkel. Nach ihren Angaben könnten auf dem Dragoner-Areal „500 bis 800 Wohnungen“ entstehen. Nach Auskunft der Sprecherin werde der Vertrag in zwei bis drei Wochen unterzeichnet.

Um Mitternacht läuft die Verkaufsfrist für das NKZ ab

Um Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen zu bringen, hatte der Senat im Sommer 2016 das ehemalige Kasernengelände für zehn Jahre zum „Sanierungsgebiet Rathausblock“ erklärt. Damit besteht nun die Auflage, in dem Gebiet mindestens 50 Prozent der neuen Wohnungen als Sozialwohnungen zu Mieten von 6,50 Euro je Quadratmeter auf dem Grundstück zwischen Mehringdamm, Yorckstraße und Obentrautstraße zu schaffen. „Wir freuen uns nun darauf, dass wir die Ziele für eine soziale und ökologische Stadterneuerung voranbringen können“, sagte Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke). Ihr Haus werde mit Hochdruck daran gehen, den städtebaulichen Wettbewerb für das Areal zu initiieren.

Die Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus warnte indes davor, in Sachen Hauptstadtvertrag und Dragoner-Areal schon von einem endgültigen Sieg Berlins zu reden. „Die Verhandlungen standen schon mehrfach kurz vor dem Abschluss“, rief sie in Erinnerung. „Gute Stimmung machen allein reicht nicht. Jetzt muss der Hauptstadtvertrag endlich abgeschlossen werden.“

Deutlich optimistischer äußerte sich der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz (SPD), der von einem „großen Erfolg für Berlin“ sprach. „Das ist ein gutes Signal für eine neue, an den Bedürfnissen der Bürger orientierten Liegenschaftspolitik des Bundes“, sagte er.

Auch bei einem zweiten umstrittenen Immobilien-Deal im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain scheint eine einvernehmliche Lösung noch möglich. Wie berichtet, will der Eigentümer das Gebäude am Kottbusser Tor mit seinen rund 300 Sozialwohnungen an einen privaten Investor für knapp 60 Millionen Euro verkaufen. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hatte ein etwas geringeres Gebot abgegeben und war deshalb nicht zum Zuge gekommen. Der Baustadtrat des Bezirks, Florian Schmidt (Grüne), hatte deshalb angekündigt, er wolle vom bezirklichen Vorkaufsrecht Gebrauch machen, damit die Gewobag doch noch zum Zuge kommt. Dem Vernehmen nach ist der Kaufpreis jedoch noch immer nicht beim Notar hinterlegt worden. „In der Nacht zu Freitag läuft die Frist ab, dann können wir erst sicher sein, ob wir das NKZ doch noch bekommen“, sagt die Gewobag-Sprecherin Gabriele Mittag.

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