Berlin. Die Berliner Jusos haben auf ihrer Delegiertenkonferenz im Willy-Brandt-Haus am Sonnabend den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU eine deutliche Absage erteilt. Der Antrag „#NoGroKo - Berlin geht nur mit links!“ wurde mit großer Mehrheit angenommen. Zuvor hatten die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende Cansel Kiziltepe und der Berliner Wirtschaftsstaatssekretär Michael Biel noch erfolglos an die mitgliederstarke Jugendorganisation appelliert, der Zusammenarbeit mit der CDU eine Chance zu geben. Schwarz-Rot biete die Perspektive, sozialdemokratische Inhalte durchzusetzen. Lesen Sie auch: Starker Rückenwind für Franziska Giffey in Pankow
„Wir sind mit der Absicht in die Gespräche gegangen, Rot-Grün-Rot fortzuführen“, versicherte Cansel Kiziltepe den Delegierten. Aber die Zerstrittenheit in der Koalition habe progressive Politik letztlich unmöglich gemacht. Nach drei Sondierungsrunden sei aber klar geworden, dass es keine festen Zusagen der bisherigen Koalitionspartner für Themen gebe, die der SPD wichtig seien.
Als Beispiel nannte Kiziltepe das 29-Euro-Ticket, die gebührenfreie Kita sowie die Wiedereingliederung der Töchterunternehmen in die Krankenhausgesellschaften Vivantes und Charité. Auch hinter das vorgeschlagene Sondervermögen für den Klimaschutz oder der Rekommunalisierung von Vattenfall hätte ein Fragezeichen gestanden. „Alle diese Themen wurden aus finanzpolitischen Gründen angezweifelt“. Das 29-Euro Ticket und gebührenfreie Kita sollte es nur noch für bestimmte Gruppen geben. Seitens der CDU habe es dagegen feste Zusagen gegeben.
In den vergangen 14 Monaten habe die SPD zudem immer wieder feststellen müssen, dass schon geeinte und verabredete Bauprojekte immer wieder öffentlich in Zweifel gestellt wurden. „Ja die CDU ist konservativ und ja, die Kampagne war rassistisch“, sagte Kiziltepe mit Verweis auf die Vornamen-Abfrage nach Silvester. Aber man habe die Zusage bekommen, dass sich die CDU dazu äußern und das korrigieren werde. „Lasst uns an den Inhalten festmachen, was für uns als SPD wichtig ist“, schloss sie ihren Appell. „Im April werdet ihr darüber entscheiden, ob dieser Weg ein gangbarer ist.“
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SPD in Berlin: Mitglieder stimmen am 23. April ab
Über das Ergebnis der Gespräche soll bei der SPD in einem Mitgliedervotum abgestimmt werden, das Ergebnis soll am 23. April vorliegen. Ähnlich argumentierte Michael Biel: „Wir haben genau angeschaut, welche Themen können wir mit welcher Koalition auf Weg bringen. Das Ergebnis war, dass das mit Rot-Grün-Rot deutlich weniger zu erreichen ist“, sagte der Staatssekretär.
Gerade die Grünen hätten in den Gesprächen deutlich gemacht, dass die SPD von den Wählern eine Klatsche erhalten habe, sie ihr Wahlergebnis weitgehend gehalten hätten. Daraus hätten die Grünen gefolgert, dass sie sich nicht ändern müssten. Die Grünen hätten der SPD deutlich den Führungsanspruch abgesprochen.
Biel forderte die Jusos auf, sich das verabredete Sondierungspapier mit der CDU anzuschauen. „Die CDU hat sich zu Stadt der Vielfalt bekannt, schaut bitte in das Papier. Auch der Kampf gegen rechts ist enthalten.“ Ferner gebe es mit der CDU „keinen Schritt zurück bei Neubauzielen, ein klares Bekenntnis zu Landesmindestlohn und auch dass er nicht bei 13 Euro stehen bleibt. Auch gebe es ein klares Bekenntnis zum Jugendgipfel und zur Erarbeitung eines Rahmengesetz zur Vergesellschaftung der Bestände großer Wohnungskonzerne.
Jusos: „Kai ist der falsche Vorname fürs Rote Rathaus“
Doch das Werben verfing nicht. Der Antrag des Juso-Landesvorstands „#NoGroKo - Berlin geht nur mit links!“, den die Delegierten abstimmten, wurde ohne eine einzige Gegenrede aus dem Kreise der Jungsozialisten angenommen. In dem Antrag heißt es über den CDU-Landesvorsitzenden Kai Wegner, der nach derzeitigem Plan Regierender Bürgermeister werden soll: „Kai ist der falsche Vorname fürs Rote Rathaus.“ Und weiter: „Wir halten Kai Wegner für dieses Amt für gänzlich ungeeignet. Er verfügt über keinerlei Erfahrungen in der Führung von Behörden und Verwaltungen.“ Für die Regierung Berlins sei er „nicht gewappnet“.
Auch sei er wegen seiner Einstellungen ungeeignet. „Wer im Wahlkampf bewusst durch rassistische Erzählungen am rechten Rand fischt, kann von Sozialdemokrat*innen nicht zum Regierenden Bürgermeister gewählt werden.“ Für uns ist klar, dass es mit der CDU Berlin keine soziale und gerechte Stadt geben kann.
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Jusos starten Anti-GroKo-Kampagne
Die Juso-Landesvorsitzende Sinem Taşan-Funke kündigte zudem eine Kampagne gegen die geplante Koalition ihrer Partei SPD mit der CDU an. Eine entsprechende Internetseite gehe am heutigen Samstag online, sagte die Juso-Landesvorsitzende Sinem Taşan-Funke bei einer Delegiertenkonferenz in der SPD-Bundeszentrale in Berlin. „Wir werden heute starten und wir werden erst ruhen, wenn wir diese große Koalition verhindert haben.“ Sie betonte: „Das wird die größte Kampagne, die die SPD Berlin je gesehen hat. Wir machen das aus Liebe zur Partei.“ Folgen sollen in den nächsten Wochen zahlreiche Diskussionsveranstaltungen. Taşan-Funke sagte, eine gemeinsame Regierung mit der CDU sei eine „Koalition mit Reaktionären“. Der Co-Vorsitzende Peter Maaß sprach von einer „ehrenlosen CDU“.