Meinung

Berlin bekommt Schwarz-Rot

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Christine Richter
Christine Richter kommentiert Schwarz-Rot in Berlin.

Christine Richter kommentiert Schwarz-Rot in Berlin.

Foto: dpa/BM Montage

Berlin bekommt eine schwarz-rote Koalition. Für die Stadt ist das die Chance für einen Neuanfang, meint Christine Richter.

Berlin.  Die Berliner CDU hat sich entschieden: Nach der Wiederholungswahl vom 12. Februar wird der CDU-Wahlsieger Kai Wegner mit der SPD-Wahlverliererin Franziska Giffey über eine schwarz-rote Koalition verhandeln. Das ist der Ergebnis der vielen Sondierungsgespräche, bei denen die CDU mit der SPD, aber auch mit den Grünen über ein Zweierbündnis sprachen, die SPD wiederum mit den Grünen und den Linken über eine Fortsetzung ihrer Koalition beriet. Auch die Berliner SPD entschied sich für einen Neuanfang – und will nun als Juniorpartner in die Koalition mit der Berliner CDU gehen.

Kai Wegner hat Verhandlungsgeschick bewiesen

Viele Beobachter hatten nach dem Wahlabend damit gerechnet, dass es bei der rot-grün-roten Koalition bleibt, weil diese zwar deutlich an Stimmen verloren, aber immer noch eine Mehrheit hatte. Und weil nur in dieser Koalition Franziska Giffey als Regierende Bürgermeisterin hätte bleiben können. Doch diese Einschätzungen haben sich jetzt als falsch erwiesen, weil auch die drei Parteien – und vor allem Franziska Giffey – wussten, dass sie abgewählt worden waren. CDU-Chef Kai Wegner hat darüber hinaus Verhandlungsgeschick bewiesen, sodass bei SPD und auch bei Grünen Vertrauen entstanden ist, dass man im Ton ordentlich miteinander umgegangen ist, dass man die inhaltlichen Probleme auch klar ansprechen und nach Kompromissen suchen konnte. Zum Schluss hatte Wegner mit der CDU sogar zwei Optionen – für Schwarz-Rot und für Schwarz-Grün.

In vielen Themen sind sich CDU und SPD sehr einig

Die Entscheidung für Schwarz-Rot macht aus mehreren Gründen Sinn. So gibt es in vielen Themen große Übereinstimmung zwischen CDU und SPD. Sei es beim Wohnungsneubau, bei den Fragen der Inneren Sicherheit wie der Ausstattung der Polizei mit Bodycams, sei es in der Mobilitätspolitik, die alle Verkehrsteilnehmer im Blick hat. Außerdem dauert die Legislaturperiode nur noch 3,5 Jahre, da ist es einfacher mit der SPD zu regieren, als jetzt mit den Grünen eine ganz neue, in Berlin noch nie da gewesene Koalition zu beginnen. Zumal der Widerstand an der Basis der Grünen – die in Berlin eben sehr viel linker aufgestellt sind als in anderen Bundesländern – gegen ein Bündnis mit der CDU sehr vehement ist, den zu überwinden, würde jetzt viel Zeit kosten.

Die Grünen sind stocksauer auf die SPD

Weil die Berliner SPD ihre Entscheidung, eine Koalition mit der CDU eingehen zu wollen, öffentlich machen ließ, während am Dienstagabend noch die Sondierungsgespräche der CDU mit den Grünen liefen, sind die Grünen nun zu recht stocksauer auf die SPD. Das Verhältnis zwischen Berliner SPD und Grünen war in den letzten Monate sowieso sehr angespannt. Nun könnte sich diese Verärgerung auch strategisch für die CDU positiv auswirken – die Grünen könnten sich nach der nächsten Wahl in 3,5 Jahren dann von ganz alleine als Koalitionspartner für die Union anbieten.

Für die Stadt ist die schwarz-rote Koalition eine Chance

Für die Berliner CDU war der Wahlsieg am 12. Februar ein historischer. Nun steht Kai Wegner kurz vor seinem Ziel, ins Rote Rathaus einzuziehen und 22 Jahre nach Eberhard Diepgen der nächste Regierende Bürgermeister der CDU zu werden. Sicher auch ein historischer Schritt in einer mehrheitlich linken Stadt. In den kommenden Wochen muss der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD inhaltlich noch ausgearbeitet, wichtige Personalfragen geklärt werden. Das alles wird noch zu bewerten sein. Für die Stadt ist die Aussicht auf eine schwarz-rote Koalition aber eine Chance – eine Chance für einen Neustart, bei dem in den nächsten 3,5 Jahren die wichtigsten Themen für Berlin gelöst werden – vom Bürgeramt bis zum Wohnungsbau.