„Les Ballets Trockadero de Monte Carlo“ verbindet Ballett mit Slapstick und Comedy. Im Moment gastiert das weltweit gefeierte New Yorker Ensemble im Admiralspalast. Zwölf Stunden hinter den Kulissen.
11:55 „Hier in Berlin, das ist ein sehr entspannter Einsatz“, sagt Burkhard Schmoll, als er den Admiralspalast betritt. „Ich brauche erst um 12 Uhr anzufangen, und die Truppe ist enorm diszipliniert. Man merkt, dass die Leute das Tourneeleben gewohnt sind.“ Der Company Manager begleitet das Ensemble während der Deutschlandtournee: „Ich bin hier so etwas wie das Mädchen für alles.“ Burkhard Schmoll ist bei allen Proben und Aufführungen dabei und kümmert sich um die Tickets, die Hotels und darum, dass die Tänzer rechtzeitig vom Hotel zum Aufführungsort gebracht werden. Auch das ist in Berlin kein Problem, das Hotel liegt in unmittelbarer Nähe. „Letzte Woche in Düsseldorf war das anders, da mussten wir einige Stationen mit der U-Bahn fahren“, erzählt er.
12:49 Emily McGillicuddy ist eine von zwei Frauen, die die Tournee begleiten. Die Beleuchtungschefin zieht die Regler an ihrem Lichtpult hoch. Sie überprüft, ob die Spots die Tänzer abends in genug glanzvolles Licht hüllen werden. Der Admiralspalast sei „marvelous“, sagt sie, und leicht auszuleuchten sei die Bühne ebenfalls.
13:33 Im Jahr 1974 fanden die ersten Auftritte der „Les Ballets Trockadero de Monte Carlo“ in New York statt. Eine kleine Gruppe Männer parodierte Ballettklassiker auf hohem tänzerischen Niveau. Seitdem ist die Gruppe auf 18 Ensemble-Mitglieder gewachsen. Im 500 Städten in 30 Ländern sind die Trocks, wie sie sich kurz nennen, bereits aufgetreten. In Monte Carlo waren sie allerdings noch nie. Die Proben in Berlin beginnen mit Aufwärmübungen aus dem klassischen Ballett. Die Tänzer strecken ihre Beine, heben die Arme und machen vorsichtige Sprünge. Die Stimmung unter Männern, die abends schwer geschminkt schwer theatralische Tänze aufführen, stellt man sich schrill und ein wenig aufgeladen vor. Doch es geht sehr ruhig und unaufgeregt zu. Das liegt auch daran, dass Tory Dobrin, der künstlerische Leiter, seine Kommandos nicht brüllt, wie es viele seiner Kollegen tun. „Guys, please go back to your position“, sagt er mit leiser, ruhiger Stimme nach einer Szene.
15:00 Die Stimme von Isabel Martinez, die als Produktionsleiterin die Truppe auf den Tourneen auf der ganzen Welt begleitet, ist dagegen laut, scharf und schneidend. „Press call starts in 30. Please get ready for the press call“, ruft sie ins Mikrophon. Die Pressekonferenz startet in einer halben Stunde. Ihre Ansage schallt über die Bühne und ist auch über Lautsprecher in den oberen Etagen zu hören.
15:30 Der Pressetermin beginnt. Eine Gruppe von Fotografen und Kameraleuten verteilt sich auf den Besucherreihen. Die Tänzer sind in die Rollen von Olga Supphozova, Yakatarina Verbosovich, Guiseppina Zambellini und anderen unaussprechlichen Kunstfiguren geschlüpft. Sie führen für die Fernseh-Kameras einige Szenen vor.
16:52 Julia Reichel ist PR-Managerin bei der Firma BB Promotion, die die Tournee in Deutschland organisiert. Zum Premierentag ist sie eigens aus Mannheim angereist. Zu einer Besprechung mit dem künstlerischen Leiter Tory Dobrin nimmt sie eine Liste mit Presseanfragen mit. Ein besonders begehrter Interviewpartner ist Bernd Burgmaier, der einzige deutsche Tänzer der Truppe. Er soll bereits um 19 Uhr fertig geschminkt und in Tutu dem RBB ein Interview geben. Tory Dobrin ist einverstanden. Anschließend wirft er einen Blick auf die kommenden Tourneen. Das Ensemble wird im September in Japan sein gastieren, später in den USA.
17:44 Bernd Burgmaier ist ein schmaler hellhäutiger Mann mit sehr kurzem blonden Haar. Während die anderen Ensemble-Mitglieder noch trainieren, sitzt er in der Garderobe und schminkt sich für seinen Fernsehauftritt. Seit 2000 gehört er zum Ensemble und ist als Schwanenmädchen eine der wichtigsten Figuren des Abends. „Das ist meine Rolle, in die bin ich im Laufe der Jahre reingewachsen“, sagt er, während sein Gesicht mit einer dicken Puderschicht abdeckt.
18:15 Der Arbeitsplatz von Jeff Sturdivant ist eine Wolke von Dutzenden Tutus. „Größere Änderungen mache ich in New York, unterwegs nähe ich nur mit der Hand“, sagt der Kostümbildner. Die größte Herausforderung bestehe darin, dass ein Tutu, das bereits 500 mal auf der Bühne getragen wurde, aussieht wie neu.
19:07 Die Garderoben sind voll besetzt. An den beleuchteten Spiegeln sitzen die Tänzer und verwandeln sich in theatralische Ballerinen. Im Zehn-Minuten-Takt werden sie von Produktionsleiterin Isabel Martinez daran erinnert, dass ihr Auftritt unmittelbar bevorsteht. Kostümbildner Jeff hilft einigen Männern in ihre Kostüme.
19:51 Der Technische Direktor Joss Finegan sitzt am Rand der Bühne und fragt Beleuchter, Bühnentechniker und das Ton-Team nach ihren Positionen und ob sie bereit sind.
20:00 Fast alle Plätze im Admiralspalast sind besetzt, die Tänzer warten hinter der Bühne auf ihren Einsatz. Die Show beginnt mit einer Ansage: Eine schrille Stimme erklärt, dass es größere Umbesetzungen gegeben hat und liest eine Liste mit den Namen vermeintlicher Ballerinen vor. Jeder Name scheint mindestens zwölf Silben zu haben, die Zuschauer lachen laut auf. Bernd Burgmaier macht Aufwärmübungen und bewegt dabei seine Arme in eleganten Bögen über dem Kopf. „Ich schwinge meine Flügelchen“, sagt er. „Die Arm-Arbeit ist ja das A und O bei Schwanensee.“
20:25 Egal ob die Tänzer Schwanensee geben, Carmen oder Paquito – das Publikum ist hingerissen von der Show. Die professionellen Tanzeinlagen werden immer wieder von Comedyeinlagen unterbrochen. Mal entgleiten einer Ballerina vor lauter Eifersucht die Gesichtszüge, mal drängt sich eine andere von Eitelkeit getrieben ganz offensichtlich in den Vordergrund. In einer anderen Szene muss ein Tänzer von der Bühne gezerrt werden. Lautes Lachen schallt durch den Saal, einige Szenen werden vor ihrem Ende durch Applaus unterbrochen.
22:10 Die Show endet mit einer Zugabe, bei der alle Ballerinen einen River-Dance aufführen. Einige Gäste hält es nicht mehr in ihren Sitzen, sie geben standing ovations. Draußen erwartet das Publikum der angekündigte Starkregen, Blitz und Donner. Sandaletten versinken in tiefen Pfützen, Jacken werden über den Kopf gezogen. Es wird viel geflucht.
23:14 Eine Stunde später hat sich das Wetter wieder einigermaßen beruhigt. Burkhard Schmoll verlässt mit einer Gruppe von Tänzern den Admiralspalast. Sie spannen Schirme auf und schlendern gemeinsam durch den Regen zum Hotel.