Berliner Perlen

Berlins süßeste Adresse liegt mitten in Charlottenburg

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Annette Kuhn

Foto: JÖRG KRAUTHÖFER / JOERG KRAUTHOEFER

Die Französin Arielle Artsztein begann vor drei Jahren mit dem Backen. Heute ist sie eine leidenschaftliche Patissière und verwöhnt gemeinsam mit ihrer Partnerin Anja Hoffmann ihre Kunden mit Macarons.

Pink, lila, gelb, grün, orange – die Farbenpracht in der Vitrine von „Arielle’s Macarons“ mutet an, als sei dort der bunte Inhalt einer Bonbonniere verstreut worden. Doch mit Bonbons hat das hier wenig zu tun. Arielle Artsztein fertigt Macarons, oder besser: kleine Meisterwerke aus Eiweiß, Experimentierlust und Gefühl für die richtige Mischung.

Im Januar hat die 52-Jährige mit ihrer Geschäftspartnerin Anja Hoffmann den Laden an der Schillerstraße in Charlottenburg eröffnet. Aber ihre Macarons gibt es schon seit zwei Jahren in Berlin. Verkauft hat die aus Lyon stammende Französin zunächst auf dem benachbarten Karl-August-Markt und sich dort eine feste Stammkundschaft aufgebaut. Zu ihr gehörte auch Anja Hoffmann.

Irgendwann hat dann die Französin zu ihr gesagt: „Komm’, wir machen ein eigenes Geschäft auf.“ Im ersten Augenblick war Anja Hoffmann nicht begeistert: „Da bringt sie auf einmal mein ganzes Leben durcheinander“, dachte sie. Schließlich kommt die 39-Jährige nicht aus der Patisserie, sondern ist Stadtplanerin und hat zwölf Jahre ein Architekturbüro geleitet. Doch am Produkt hatte sie nicht den geringsten Zweifel, darum hat sie letztlich das Architekturbüro verlassen und ist bei „Arielle’s Macarons“ eingestiegen.

Anja Hoffmann ist im Laden zuständig für Marketing, Verkauf und Buchhaltung, während Arielle Artsztein backt. 200 bis 500 Stück des feinen französischen Gebäcks schafft sie am Tag. Wie viele es werden, kann sie am Morgen meist noch gar nicht sagen: „Das hängt von der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ab. Dieser Teig ist extrem empfindlich.“ Wenn es regnet oder heiß ist, wird das für sie zur Herausforderung. Aber gerade dies mag die Französin: „Jeder Tag ist eine Überraschung.“

Vom Film zum Keks

Auch sie ist in Sachen Macarons Quereinsteigerin. Seit 1989 lebt die Dokumentarfilmerin in Berlin. Doch so recht lief es irgendwann nicht mehr mit den Filmen. Und als ihr letztes Projekt gestrichen wurde, hatte sie auf einmal viel Zeit: „Aus Frust fing ich an zu backen.“ Schnell stellte sie fest, dass ihr das richtig Spaß macht.

Der Freundeskreis begann bald Bestellungen aufzugeben. Nach den Freunden kamen die Freunde der Freunde, und plötzlich war die Backerei nicht mehr „so nebenbei“ zu schaffen. Ein Unternehmensberater riet ihr: „Mach doch dein Hobby zum Beruf und deinen Beruf zum Hobby.“ Dem Rat ist sie gefolgt: „Ich habe es nicht eine Sekunde bereut.“

Dass Arielle Artsztein ausgerechnet auf Macarons kam, hat einen Grund: „Vor etwa sieben Jahren habe ich mein erstes Macaron in Paris gegessen. Interessant, dachte ich, aber das kann man noch besser machen.“ Jeden Tag produziert sie nun eine andere Sorte. Da gibt es Klassiker wie Vanille und Schokolade, aber auch Ausgefallenes wie Lakritz, Pfirsich-Lavendel oder Zitronengras. Ihre Küche kommt ganz ohne künstliche Aromen und Farbstoffe aus, selbst das knallige Pink gewinnt sie aus Cassis und das Grün aus der Pistazie. Einmal in der Woche ist bei ihr Experimentiertag – langweilig soll es ja nicht werden.

95 Prozent ihrer Macarons sind süß, zum einen weil beide Frauen Süßes mögen, zum anderen, weil süß und salzig nebeneinander in der Vitrine nicht gut auskommen würden. Nur zum Ende des Jahres wird es herb: „Zu Weihnachten gibt es Macarons mit Foie gras und zu Silvester mit Räucherlachs.“ Und natürlich auch, wenn Kunden spezielle Wünsche haben. Neben dem Sortiment im Laden wird nämlich auch für Hochzeiten und andere Feiern gebacken. Manchmal werden die Macarons in Farbe und Geschmack genau auf die Blumenbouquets oder das Firmenlogo ausgerichtet.

Billig sind die Macarons nicht. Eines kostet 1,50 Euro. Doch viele Kunden kommen ohnehin, um nur ein Macaron zu kaufen. Manche Dame aus dem Altenheim gegenüber etwa, für die das Macaron der Höhepunkt des Tages ist. Oder der kleine Junge, der mit großer Regelmäßigkeit und noch größerer Hartnäckigkeit seinen Vater nach der Schule in den Laden zieht.

Davon kann man nicht leben

Und manche Menschen wurden Stammkunden, von denen es Anja Hoffmann und Arielle Artsztein nie geglaubt hätten. „Wat is’n ditte?“, hat einer der ersten Kunden gefragt. Die beiden haben es ihm geklärt. „Aha, Makkaroni“, hat er gesagt und ein paar gekauft. Nach einiger Zeit kam er wieder: „Meine Frau hat jesagt, die sind jut, ick soll mehr koofen.“

Leben können die Frauen noch nicht von den Macarons, auch wenn der Laden immer bekannter wird und selbst nachts Passanten vor dem Schaufenster stehen bleiben. Aber die Investitionen sind inzwischen finanziert. Für alles Weitere haben Arielle Artsztein und Anja Hoffmann genug Zuversicht, denn sie sind überzeugt: Mit ihren Macarons ist Berlin auf einen ganz neuen Geschmack gekommen.

Arielle’s Macarons Schillerstraße 93, Charlottenburg, Tel. 31 10 20 95, geöffnet Dienstag bis Freitag 10–18 Uhr, Sonnabend auf dem Markt am Karl-August-Platz