Berliner Schulen

Fenster stürzt in Klassenraum – schon wieder

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Florentine Anders

Foto: Amin Akhtar

Die Verwahrlosung der Berliner Schulgebäude wird zum Sicherheitsproblem. In der Evangelischen Schule in Mitte stürzte ein Fenster in den Klassenraum. Das ist längst nicht das einzige Problem.

Die Lehrerin konnte gerade noch zur Seite springen. Sie wollte nur frische Luft in einen Klassenraum lassen – da kam ihr plötzlich das marode Fenster entgegen. Es fiel aus den Angeln und stürzte in das Zimmer. Dank der schnellen Reaktion der Lehrerin wurde bei dem Vorfall an der Evangelischen Schule Zentrum an der Wallstraße in Berlin-Mitte niemand verletzt. Doch der Vorgang ist kein Einzelfall.

Erst vor wenigen Wochen, Mitte Dezember 2013, war ein großes Fenster in der Poelchau-Schule in Charlottenburg aus den Angeln in den Klassenraum gefallen und hatte dabei zwei Schüler verletzt. Auch diese Fenster waren marode. Der schlechte Zustand war bekannt.

Verwaltet hat das Gebäude die BIM, eine hundertprozentige Tochter des Landes Berlin. Die Immobilienverwaltung ist verantwortlich für zahlreiche Schulen, auch für die Evangelische Schule im Zentrum, an der es jetzt zum neuen Fenstersturz kam.

>>> HIER: Eine Liste mit weiteren maroden Schulen in Berlin. <<<

Aus Sicherheitsgründen dürfen nur Lehrer die Fenster öffnen

Nun dürfen auch an dieser Schule in Mitte keine Fenster mehr geöffnet werden. Die Kinder sollen sich nicht in deren Nähe aufhalten, bis alle Fenster gesichert sind. In jedem Klassenraum werden zudem alle bis auf ein Fenster vernagelt.

Am Freitag räumte die BIM ein, dass der Immobilienverwaltung der unzureichende Zustand der Fenster bekannt war. Ein Gutachter habe im vergangenen Jahr die Gefahr erkannt, so die Sprecherin der BIM, Katja Swejn. Deshalb hätte die Verwaltung auch ein Unternehmen beauftragt, die Fenster noch vor der anstehenden Sanierung zu sichern.

Ob das Unternehmen den Auftrag unzureichend erfüllt hat, müsse die BIM nun noch prüfen. Eine unmittelbare Gefahr für Schüler und Lehrer sei jedoch nicht erkannt worden, sonst hätte die Sicherung sofort erfolgen müssen. Allerdings habe es aus Sicherheitsgründen schon lange die Order gegeben, dass nur Lehrer die Fenster öffnen dürfen.

Zwar soll die Außenhülle des Plattenbaus aus den 70er-Jahren nun in den Oster- und in den Sommerferien saniert werden. Doch diese Maßnahme wurde offenbar viel zu lange hinaus gezögert. Die Evangelische Schule im Zentrum ist 2007 in das leer stehende, schon damals marode Schulgebäude in Mitte zur Miete eingezogen.

Zunächst war der Bezirk für das Gebäude verantwortlich, im Jahr 2010 ging das Haus in den Liegenschaftsfonds des Landes über. Damit war die BIM für die Verwaltung zuständig. Die hat erst im vergangenen Jahr die Dringlichkeit der Sanierung erkannt. Zu Ostern soll mit den Arbeiten begonnen werden, zunächst in Haus A, später auch im zweiten Gebäudeteil Haus B. Ein siebenstelliger Betrag sei dafür eingeplant.

Mutter fordert Schließung der Schule

Neben der Evangelischen Schule in Mitte verwaltet die BIM auch alle 35 Oberstufenzentren und die Eliteschulen des Sports. Angesichts der aktuellen Vorkommnisse schwindet aber das Vertrauen vieler Eltern, ob die Gesundheit der Schüler überall geschützt ist. Carola Kolbeck, Mutter eines Siebtklässlers an der Poelchau-Schule in Charlottenburg, hat nach dem Fenstersturz in den Klassenraum einen Petitionsantrag beim Abgeordnetenhaus zur Schließung der Schule eingebracht. Das Gebäude sei asbestbelastet und völlig marode, sagt sie. Die Schule soll zwar im Sommer 2015 in ein saniertes Gebäude auf dem Olympiagelände einziehen, doch so lange will die Mutter nicht warten. „Es ist unverantwortlich, die Kinder hier weiter zur Schule gehen zu lassen“, sagt sie. Für die Übergangszeit müsse vom Land ein Container gestellt werden.

Der Schulleiter Matthias Rösner nimmt die Sorgen der Eltern ernst, sieht aber keine Gefahr. „Die Asbestbelastung wird regelmäßig geprüft“, sagt er. Dennoch hat der Schulleiter bei der Senatsverwaltung beantragt, das Gebäude unabhängig von den Fenstern noch einmal auf seine Sicherheit hin zu überprüfen.

Neben maroden Gebäuden leiden Schüler unter gravierenden Hygienemängeln. Nachdem die Morgenpost über die drohende Schließung der Schule am Friedrichshain berichtet hat, melden sich auch andere Schulen, die erhebliche Probleme mit den Reinigungsfirmen haben. Nicht geleerte Papierkörbe, tagelang nicht gereinigte Klassenräume und Toiletten seien an der Grundschule an der Tagesordnung, so der Konrektor der Grundschule am Insulaner, Wolfgang Ruoff. Der Hausmeister würde fast täglich die Mängel an das Bezirksamt melden, doch es ändere sich nichts. Auch Gespräche mit der Reinigungsfirma selbst hätten keinen Erfolg gebracht.

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