Fahrgäste des Berliner Nahverkehrs müssen von Donnerstag an tiefer in ihre Taschen greifen. Am 1. August – genau ein Jahr nach der letzten Preiserhöhung – treten die im April beschlossenen neuen Tarife des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) in Kraft. Wer Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen oder den Regionalverkehr innerhalb der Berliner Tarifzonen A, B und C nutzt, muss dann durchschnittlich 2,8 Prozent mehr für seine Fahrscheine bezahlen. Die Berliner Morgenpost beantwortet die wichtigsten Fragen zur Tariferhöhung.
Wer ist von der Erhöhung betroffen?
Täglich nutzen in der Region mehr als 3,5 Millionen Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel. Berlin hat nach VBB-Angaben die bundesweit höchste Nutzerquote. 66 Prozent der Berliner fahren mehr oder weniger regelmäßig mit Bus und Bahn.
Werden alle gleich stark belastet?
Nein. Besonders hart trifft es Einzelticketnutzer in Berlin. Der Preis für eine Fahrt im Stadtgebiet (Tarifzone AB) steigt um 8,3 Prozent von 2,40 auf 2,60 Euro. Stammkunden des Nahverkehrs, also die Nutzer von Monats-, Jahres- oder Abokarten, werden in Berlin weit weniger stark zur Kasse gebeten. Einige Ticketpreise werden gar nicht erhöht, etwa für das Berliner Sozialticket, den Anschlussfahrschein für die Tarifzonen A oder C sowie für Einzelfahrscheine in den kreisfreien Städten in Brandenburg. Stabil bleibt auch der Preis für das 2009 eingeführte Berlin-Stettin-Ticket. Es kostet weiterhin zehn Euro.
Warum steigen die Preise?
Verantwortlich ist der Aufsichtsrat des VBB. In dem Gremium sitzen Vertreter der Länder Berlin und Brandenburg sowie der brandenburgischen Landkreise und kreisfreien Städte. Der Aufsichtsrat folgte im April dem Wunsch der insgesamt 40 Verkehrsunternehmen, die dem VBB-Tarif unterliegen. Sie hatten höhere Preise beantragt, vor allem um die gestiegenen Kosten für Energie, Treibstoff und Personal auszugleichen. 2012 stiegen allein die Energiekosten im Jahresdurchschnitt um 5,8 Prozent. Nach VBB-Angaben erhöhen sich die Personalausgaben der Verkehrsunternehmen in der Region wegen aktueller Tarifabschlüsse in den kommenden zwei Jahren um fast acht Prozent. VBB-Chef Hans-Werner Franz sprach angesichts dieser Zahlen von einem „insgesamt moderaten“ Preisanstieg.
Was sagen die Kritiker?
Fahrgastverbände sowie die Fraktionen von Linken und Grünen im Abgeordnetenhaus lehnen die Tariferhöhung weiter ab. Die Berliner Vertreter des Deutschen Bahnkundenverbandes (DBV) forderten statt eines „Rituals der jährlichen Preiserhöhung“ mehr Kreativität und eine „spürbare Förderung“ des Bahn- und Busverkehrs. Der Fahrpreis müsse wieder in einen Zusammenhang mit der erbrachten Leistung gebracht werden, sagte DBV-Landesvorsitzender Frank Böhnke der Berliner Morgenpost und verwies unter anderem auf das immer noch eingeschränkte Angebot bei der Berliner S-Bahn. Die Länder würden ihrerseits bei Qualitätsmängeln wie Unpünktlichkeit oder Ausfällen ihre Zahlungen an die Verkehrsunternehmen kürzen, kritisierte der DBV. „Nur die Fahrgäste, die zu 50 Prozent an den Kosten des Bahn- und Busverkehrs beteiligt sind, müssen auch bei überfüllten Ringbahnzügen im Berufsverkehr oder Verspätungen aufgrund von häufigen Weichenstörungen immer den gleichen Fahrpreis zahlen.“
Was passiert mit alten Tickets ?
Wer noch zur Entwertung bestimmte Fahrscheine besitzt, deren Preis sich zum 1. August 2013 ändert – etwa vorher gekaufte Einzeltickets oder Abschnitte einer 4-Fahrten-Karte – kann diese noch bis einschließlich 14. August nutzen. Anschließend können Fahrgäste die Tickets unter Zuzahlung des Differenzbetrages gegen Fahrscheine zum neuen Preis umtauschen oder sich den Fahrpreis erstatten lassen. Möglich ist das an den Verkaufsstellen des Verkehrsunternehmens, bei dem der Fahrschein gekauft wurde. An den Schaltern der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden maximal zehn Tickets umgetauscht. Wer mehr als zehn alte BVG-Fahrscheine umtauschen oder sich erstatten lassen möchte, muss sich persönlich oder schriftlich an das Kundenzentrum an der Holzmarktstraße 15 wenden.
Gibt es auch Ticketangebote?
Ja. Neu im VBB-Tarif ist eine Vier-Fahrten-Karte für die Kurzstrecke in Berlin. Sie kostet 5,60 Euro, die einzelne Fahrt damit 1,40 Euro. Eine weitere neue Regelung betrifft die kostenlose Mitnahme weiterer Fahrgäste auf Zeitkarten. Sie ist an zwei weiteren Tagen im Jahr möglich: Künftig gelten Heiligabend und Silvester im VBB-Tarif als Feiertage.
Wann folgt die nächste Erhöhung ?
Offizielle Aussagen gibt es dazu nicht. Berlins Verkehrssenator Michael Müller (SPD) hatte im vergangenen Jahr eine sogenannte Indexlösung vorgeschlagen, wonach die Ticketpreise jährlich an die Teuerungsraten in bestimmten Bereichen wie Energie und Treibstoff angepasst werden sollten. Einen entsprechenden Beschluss gibt es dazu aber noch nicht. Branchenkenner erwarten daher, dass voraussichtlich im Frühjahr 2014 erneut über die Preise verhandelt wird, die dann ab Sommer gelten könnten.