Pannenflughafen BER

Mehdorn will ersten BER-Abflug schon im Herbst

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Viktoria Solms

Foto: Paul Zinken / dpa

Flughafenchef Hartmut Mehdorn will den BER noch 2013 teilweise in Betrieb nehmen. Die Berliner sollen erleben, dass sich am Pannen-Airport nun endlich etwas tut. Experten sind allerdings skeptisch.

2015, vielleicht auch schon 2014 oder doch erst 2018. Die Pläne für den Start des neuen Hauptstadtairports BER wirken von außen immer mehr wie ein Würfelspiel. Nun gibt es eine neue Zahl. Flughafenchef Hartmut Mehdorn soll angeblich eine Teileröffnung noch in diesem Jahr in Erwägung ziehen. Das meldete die „Bild“.

Nach Informationen der Berliner Morgenpost ist ein Teil von Mehdorns „Sprint-Team“ tatsächlich dabei zu prüfen, wie eine Teileröffnung im Herbst 2013 ablaufen könnte. Dass Mehdorn den BER am liebsten etappenweise in Betrieb nehmen würde, ist bekannt. Er greift damit auf Pläne zurück, die Technikchef Horst Amann zum Jahresanfang im Aufsichtsrat vorgestellt hatte. Damals war die Zustimmung verhalten, da die schrittweise Inbetriebnahme mit höheren Kosten verbunden ist.

Es gibt kaum noch Vorfreude auf den BER

Doch das dürfte nach Ansicht von Mehdorn durch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil aufgewogen werden: Er will, dass sich so bald wie möglich am BER etwas rührt, dass die Berliner mit ihrem neuen Flughafen in Kontakt kommen. Nur so ließe sich die Akzeptanz des BER erhöhen, soll er in einer internen Sitzung erklärt haben. Denn nach mittlerweile vier Terminverschiebungen und einem nicht enden wollenden Streit über Schallschutz und Nachtruhe gibt es kaum noch Vorfreude auf den Großflughafen. Aus dem Grund will Mehdorn eben diese Teileröffnung möglicherweise sogar noch in diesem Jahr vollziehen.

Allerdings ist unter Experten umstritten, ob eine Eröffnung noch 2013 tatsächlich Sinn macht. Baulich ließe sich eines der beiden Seitenpiers in wenigen Wochen fertigstellen, sodass es von Airlines und Passagieren genutzt werden könnte. Zwar befinden sich Check-in, Sicherheitskontrollen und die Anlagen für die Gepäckabfertigung am BER im Terminal. Eigentlich sollten die Passagiere hier einchecken und dann zu ihrem Abfluggate in den nördlichen oder südlichen Seitenflügel weitergehen. Doch das ließe sich durch Umbaumaßnahmen anpassen: In das betreffende Seitenpier müsste man dann vorübergehend Schalter, Sicherheitsschleusen und ein Gepäckband einbauen. Am Ende ist das eine Frage des Geldes.

Problematisch bleibt dagegen der Brandschutz. Auch hier geht man nach Informationen der Berliner Morgenpost davon aus, dass die erforderlichen Genehmigungen sowohl für das nördliche als auch das südliche Seitenpier vermutlich kein Problem wären. Knackpunkt ist jedoch die S-Bahn-Haltestelle, an der die Passagiere am BER ankommen würden. Zwar gibt es auch zwei Haltestellen außerhalb des Terminals. Der Zug hält erst an den beiden Stationen Schönefeld und Waßmannsdorf – von dort müsste es dann per Shuttle weitergehen. Für die Haltestelle direkt im Untergeschoss des Terminals gibt es zumindest bis zum Jahresende definitiv keine Genehmigung, da dies voraussetzen würde, dass die Brandschutzanlage funktioniert.

Easyjet hat Interesse am Umzug

Für eine Billigfluglinie wie Easyjet wäre die Bahnanbindung allerdings eine Grundvoraussetzung, da zwei Drittel ihrer Fluggäste nach eigenen Angaben öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Easyjet ist bislang die einzige Airline, die in Gesprächen mit der Flughafengesellschaft ein starkes Interesse daran gezeigt hat, vorzeitig an den BER umzuziehen. Easyjet-Deutschland-Chef Thomas Haagensen lobte die Entscheidung Mehdorns, eine schrittweise Eröffnung nun tatsächlich in Betracht zu ziehen. Man sei daran interessiert, frühzeitig an den neuen Berliner Airport zu gehen, sagte er. Weit wäre der Weg für Easyjet nicht: Die britische Airline ist bereits nebenan am alten Flughafen Schönefeld vertreten und dort einer der größten Anbieter. Air Berlin, die ihr Drehkreuz am BER plant, wollte sich dagegen zu Spekulationen nicht äußern. Die Lufthansa erklärte, sie könne erst umziehen, wenn der Flughafen in Gänze fertig sei. Ausschlaggebend dürften am Ende aber die Kosten sein. Sie waren auch schon das Hauptargument gegen eine Teileröffnung, als über diese Pläne Anfang des Jahres erstmals diskutiert wurde. Amann stellte damals vier verschiedene Varianten im Aufsichtsrat vor. Doch zu einer Entscheidung kam es nicht, da den Mitgliedern die Angaben zu Kosten und Zeitplan zu ungenau waren. Ein Vorschlag war damals, 2014 den Flugverkehr des alten Flughafens in Schönefeld ganz an den BER zu verlegen und den Betrieb in dem alten Gebäude einzustellen. Einige Mitglieder in dem Kontrollgremium schreckte die Vorstellung ab, Tegel damit als dauerhaftes Provisorium neben dem BER laufen zu lassen. Zudem wurden die hohen Betriebskosten für zwei parallel betriebene Flughäfen als Argument gebracht.

Doch darum scheint es längst nicht mehr zu gehen. Denn wenn der BER nun tatsächlich schon teilweise 2013 genutzt werden sollte und gleichzeitig der alte Flughafen Schönefeld und Tegel in Betrieb bleiben, müsste die Flughafengesellschaft die Betriebskosten nicht nur für zwei, sondern für drei Flughäfen bezahlen. Finanziell erscheint dies zumindest fragwürdig.

Streit über Schallschutz

Flughafensprecher Ralf Kunkel wollte die Pläne nicht direkt kommentieren. „Unser Ziel ist und bleibt die zügige und sichere Inbetriebnahme des Flughafens BER“, so Kunkel. „Wir beschleunigen sämtliche Prozesse am Flughafen und loten die verschiedensten Möglichkeiten aus.“ Ansonsten bleibe es bei Mehdorns Ansage, dass die Flughafengesellschaft im Herbst die nächsten Schritte ankündigen werde.

Im Brandenburger Landtag gibt es unterdessen neuen Ärger beim Lärmschutz. So will die Grünen-Fraktion die Regierung zwingen, das jüngste Gerichtsurteil zum Lärmschutz am BER uneingeschränkt zu akzeptieren. Am 25. April hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin erhebliche Nachbesserungen gefordert. Die Flughafengesellschaft will möglicherweise dagegen vorgehen. Das wollen die Grünen verhindern.

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