Nachnutzung

Flughafen Tegel wird ab 2015 zum Technologiepark

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Joachim Fahrun

Foto: Hannibal Hanschke / dpa

600 Millionen Euro stehen für die Entwicklung für die Zukunft von Tegel bereit. Das Flughafengelände soll ab 2015 zur „Urban Tech Republic“ werden, einem Industrie- und Wissenschaftszentrum.

Die Pläne für die Nachnutzung des innerstädtischen Flughafens Tegel nehmen langsam Form an. Insgesamt 600 Millionen Euro sollen in den kommenden 20 bis 30 Jahren für die Entwicklung Tegels zu einem Industrie- und Wissenschaftsstandort ausgegeben werden.

Flughafenchef Hartmut Mehdorns Vorstellung, Tegel möglicherweise bis 2018 am Netz zu lassen, erscheinen da in einem anderen Licht. Denn das Geld für die Nachnutzung ist vorhanden. Damit ist eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft Tegels geschaffen.

Der Senat hat vor einem Monat den Masterplan TXL beschlossen. 152 Millionen stellt das Land für Tegel bereit. Hinzu kommen eine Viertelmilliarde Wirtschaftsfördermittel des Bundes und der EU, für die die Wirtschaftsenatorin Cornelia Yzer (CDU) schon eine grundsätzliche Zusage gegeben hat.

Der Behörde kommt das Großprojekt gelegen. Zuletzt hatte es die Berliner Wirtschaftsverwaltung oft nicht geschafft, das bereit stehende Geld auch auszugeben. Knapp 200 Millionen Euro soll das Projekt als Eigenbeitrag aus Vermietung, Verpachtung und Verkäufen von Grundstücken beisteuern.

600 Millionen sollen für 30 Jahre ausreichen

Mit diesen in der Summe 600 Millionen Euro soll die Entwicklung für die nächsten 20 bis 30 Jahre bezahlt werden. Hinzu sollen natürlich noch private Investitionen kommen.

Das größte Projekt sei ein deutsches Industrieunternehmen gewesen, das 20 Hektar brauchte. „Dieses konkrete Projekt ist durch den Verzug gestorben“, sagt Philipp Bouteiller, Chef der Tegel Projekt GmbH. Denn ohne festen Termin ließen sich keine verbindlichen Verhandlungen über Ansiedlungen führen.

Insgesamt seien drei Interessenten abgesprungen. Aber man halte Kontakt, sagt Bouteiller, vielleicht werde es später etwas. Die Vorläufe eines größeren Industrieprojektes seien eben zwei Jahre, weiß der frühere Berater, der auch selbst als Unternehmer tätig war.

Wenn also im Sommer der Zeitplan für den Wechsel des Flugverkehrs von Tegel nach Schönefeld zum BER festgelegt wird, dann könnte die Tegel Projekt Nägel mit Köpfen machen. „Ich kann keine ernsthaften Gespräche führen, ehe ich nicht alle Zusagen geben kann“, sagt Bouteiller. Bis dahin kann er nur an der Qualität des Standortes arbeiten.

In Tegel will man keine Möbellager

Der Standort sei potenziell begehrt, berichtet Philipp Bouteiller. Ehe im Mai 2012 die BER-Eröffnung abgesagt wurde, lagen 70 bis 80 Anfragen vor. Je näher der Eröffnungstermin kam, desto größer sei die Frequenz der Anfragen gewesen. Passend zum Profil der „Urban Tech Republic“ waren etwa 30.

Denn eine Spedition oder ein Möbellager will man in Tegel nicht. „Damit könnte ich das Gelände sofort voll machen“, sagte Bouteiller. Autobahnanschluss, 80 Hektar Platz, City-Nähe, die Grundbedingungen sind gut.

Um die Qualität hoch zu halten, gibt es einen Kriterienkatalog – wer nicht reinpasst, hat keine Chance. Im Jahr 2013 werden für die Vorarbeiten und Planungen 7,2 Millionen Euro ausgegeben. Die Verzögerungen haben aber auch einen positiven Effekt: Weil das ganze Projekt später startet, wurden insgesamt 5,5 Millionen Euro gespart.

Projekt wird noch zurückhaltend behandelt

Angesichts der Dimension des Vorhabens wird es bislang aber noch sehr zurückhaltend behandelt. „Wenn wir zu laut werden, dann geraten wir leicht in die Defensive“, sagt Philipp Bouteiller, „darum halten wir lieber den Ball flach.“ Eigentlich hätte er allen Grund, über seine Pläne zu sprechen. Er verantwortet das größte wirtschaftspolitische Entwicklungsprojekt der Stadt.

Anders als im Falle von Tempelhof gibt es klare Vorstellungen, was mit Tegel geschehen soll. Das Geld ist da, die Planungsvorläufe angemessen, die Mannschaft von derzeit zwölf Vollzeitstellen wurde rechtzeitig engagiert. Wenn die Flughafengesellschaft das Gelände Ende 2015 übergibt, „könnte es eine Punktlandung geben“, sagt Bouteiller.

Bis 2015, dem Jahr, in dem die meisten Beobachter von einer Eröffnung des BER ausgehen, braucht es ohnehin, um Baurecht zu schaffen für die Umgestaltung des Terminals, neue Erschließungsstraßen und Infrastruktur. Ende 2015 könnte dann mit dem ersten Bauabschnitt begonnen werden. Auch der Ablauf ist den Planern ziemlich klar.

Start-up-Szene und Nerds sollen in Mitte bleiben

Zunächst werden sie im Terminal D, vor dem heute noch ein S-Bahn-Waggon steht, ihr Basislager aufschlagen. Daneben ließen sich nach kurzer Umbauphase von einigen Monaten Büroflächen anbieten für kleine Technikfirmen. „Tech, nicht Web“, betont der frühere McKinsey-Berater, der an der Universität der Künste als Diplom-Kommunikationswirt abschloss, an der London School of Economics einen Master of Science erwarb und in Internationalem Management und Sozialpsychologie promovierte.

Die Internetszene sei in Mitte gut aufgehoben. Aber die Techniktüftler, die flexible Büro- und Werkstattflächen brauchen, seien noch ziemlich verteilt in der Stadt. Von denen werde man wohl gleich ein paar Firmen mitnehmen nach Tegel. „Die erhoffen sich von dem Standort eine größere Sichtbarkeit“, sagt Bouteiller.

Auch die Beuth-Hochschule für Technik, die mit ihren den „urban technologies“ zuzuordnenden Fachbereichen zu einem wissenschaftlichen Anker auf dem Areal werden soll, will 2015 anfangen zu bauen und 2018 einziehen, wobei das geplante Gründerzentrum schon früher starten könnte. 80 Millionen Euro sind für den Hochschulumzug vorgesehen. Sicherer Nutzer ist zudem die Feuerwehr- und Rettungsakademie, die als Ausbildungsstelle einer Großstadtfeuerwehr durchaus ins urbane Profil passt.

Geld für Umnutzung vorhanden

Bislang hat die verspätete Eröffnung des BER den Zeitplan für die Nachnutzung von Tegel nicht durcheinandergebracht. Durch die Verzögerungen wird sogar etwas Geld gespart. Spätestens im September soll es ohnehin Klarheit geben, wie es am BER weitergeht. Bis dahin will Mehdorn einen Zeitplan für die restlichen Bauarbeiten aufgestellt haben und einen neuen Starttermin nennen können.

Auf diese Information warten auch die Projektentwickler von Tegel mit Spannung. Denn Mehdorn hat mit seinem Plan, Tegel möglicherweise bis 2018 in Betrieb zu lassen, für erhebliche Unruhe gesorgt. Vor allem die Anwohner im Norden Berlins sind gegen diesen Vorschlag. Sie fürchten, dass Tegel dann vielleicht sogar für immer am Netz bleiben könnte, was jede Nachnutzung zunichtemachen würde.