Am 1. Mai will die NPD durch Schöneweide marschieren. Dagegen regt sich Widerstand. Das Bündnis „1. Mai Nazifrei“ kündigt Massenblockaden auf den Straßen an, um die Rechten zu stoppen.
Gegen den angemeldeten Neonazi-Aufmarsch am 1. Mai in Berlin-Schöneweide hat sich ein breites Bündnis formiert. „Die Nazis werden in Treptow-Köpenick kein gemütliches Wohnzimmer vorfinden. Es gibt eine Reihe von Aktionen dagegen. Der Protest wird lautstark, bunt und kreativ sein“, kündigt Bürgermeister Oliver Igel (SPD) an.
Das Bündnis „Erster Mai – Nazifrei“ ruft nicht nur die Treptow-Köpenicker auf, Flagge gegen rechts zu zeigen, sondern alle Berliner und Brandenburger. „Wir wollen klarmachen, dass Neonazis kein Phänomen sind, das
es nur in unserem Bezirk gibt, sondern dass solches Gedankengut nirgendwo in Deutschland Platz hat“, sagte Oliver Igel.
Thierse unterstützt die Initiative
Nach Auskunft von Jan Landers, dem Sprecher des Bündnisses, sollen Massenblockaden der Teilnehmer auf den Straßen den geplanten Neonazi-Aufmarsch verhindern. „Das Bündnis knüpft damit an die erfolgreichen Blockaden von Naziaufmärschen in Prenzlauer Berg, Dresden und Dortmund an“, so der Sprecher.
Neben zahlreichen Prominenten unterstütze auch wieder Wolfgang Thierse die Initiative: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Neonazis ihre menschenverachtenden Parolen in Berlin auf die Straße tragen“ appelliert er an die Berliner. Möglichst viele Menschen sollten sich am 1. Mai den Rechtsextremen entgegenstellen.
Das sei umso wichtiger, so Landers weiter, weil Dortmund und Frankfurt am Main geplante Demonstrationen der NPD verboten hätten. Es gebe Spekulationen, dass Berlin deshalb eine besondere Wichtigkeit erhalten könnte.
Der Bündnissprecher vermutete allerdings, dass der Landesverband der NPD allein personell gar nicht in der Lage sei, einen Großaufmarsch zu organisieren. Der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke hatte letztmalig 2010 versucht, einen Aufmarsch zum 1. Mai in Prenzlauer Berg durchzuführen. „Er musste auf halber Strecke umdrehen. Auch damals haben die Massenblockaden den Aufmarsch verhindert“, so der Sprecher.
NPD meldet zwei Aufzüge an
Die NPD hat laut Polizei für den 1. Mai zwei Aufzüge angemeldet, einen in Schöneweide mit etwa 300 Teilnehmern sowie einen zweiten in Marzahn, für den noch keine Teilnehmerzahl angekündigt worden sei. Marzahn könnte eine Ausweichroute sein, vermutet das Bündnis, weil in Treptow-Köpenick bereits ein enormer Druck aufgebaut worden sei.
Doch egal, ob in Schöneweide oder Marzahn – die Organisatoren des Bündnisses wollen mit flexiblen Konzepten spontan reagieren und ihre Blockadepunkte erst etwa eine Woche vor dem 1. Mai bekannt geben. Sie vermuten, dass maximal 500 bis 800 Neonazis kommen, und hoffen auf 6000 bis 10.000 Bündnis-Teilnehmer, die durch ihre spontanen Sitzblockaden auf den Straßen eine Demonstration der NPD unmöglich machen.
Konvois aus der Innenstadt
„Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch. Von uns geht dabei keine Eskalation aus“, stellt der Sprecher klar. Konvois würden etwa in Neukölln und Friedrichshain starten. Die Zufahrtsstraßen sollten dann fingerartig blockiert werden. Ver.di-Landesbezirksleiterin Susanne Stumpenhusen sagte am Dienstag dem Bündnis beim Treff im Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick gleich gegenüber dem
S-Bahnhof Schöneweide ebenfalls die Unterstützung zu: „Wir finden es unerträglich, dass die Neonazis bereits seit Jahren versuchen, den 1. Mai für ihre Zwecke zu okkupieren. Nicht nur die Jungen werden helfen, Naziaufmärsche in Berlin zu verhindern, auch unsere Senioren, die die NS-Zeit ja noch aus eigener Anschauung kennen.“
In Treptow-Köpenick hat die NPD nicht nur ihre Bundesgeschäftsstelle, der Ortsteil Schöneweide ist ein beliebter Treffpunkt der Neonazi-Szene. Schlimmer noch als bekannte Orte wie die Kneipe „Zum Henker“ findet Bürgermeister Igel aber „die vielen kleinen Treffs, die nicht so im Blick, aber verdächtig sind“, wie er sagt. Schöneweide sei das Wohngebiet der Neonazis. Und laut Igel ist es das erste Mal seit 2007, dass die NPD am 1. Mai im Bezirk wieder versucht, Präsenz zu zeigen.
Das Bezirksamt unterstütze zivilgesellschaftliches Engagement gegen Neonazis und habe deshalb aufgerufen, dass Bürger, demokratische Initiativen und Organisationen ein Zeichen setzen für eine „solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft in Schöneweide, Berlin und ganz Deutschland“.
Der Protest gegen die Neonazis beginnt bereits am Vorabend des 1.Mai. Die Kampagne „Gemeinsam gegen Nazis“ (gemeinsam-gegen-nazis.de“) veranstaltet in Schöneweide eine antifaschistische Großdemonstration (ab 17 Uhr am S-Bhf Schöneweide), anschließend gibt es ein kostenloses Open-Air-Musikfest. Infos auch unter 1mai-nazifrei.tk.
bsm