Kredite

Deutsche Bank startet Offensive für Berliner Mittelstand

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René Gribnitz

Foto: Reto Klar

Die Deutsche Bank will wieder mehr Geschäfte mit Unternehmen machen. Allein in Berlin will sie Kredite von rund eine Milliarde Euro zusätzlich vergeben. Besonders interessant: die Gründerszene.

Die Deutsche Bank verstärkt das Geschäft mit mittelständischen Unternehmen in Berlin und Brandenburg. Deutschlands größtes Bankhaus will dabei auch vom Gründerboom in der Hauptstadt profitieren. Bis 2015 will die Bank zusätzliche Kredite von bis zu einer Milliarde Euro an Firmenkunden aus der Region vergeben. Zudem verpasst sich die Bank eine neue Struktur, um die neue Kundschaft auch zu erreichen.

Mit der deutschlandweit ausgerollten Mittelstandsoffensive reagiert die Deutsche Bank unter anderem auf die rückläufigen Gewinne im Investmentbanking. In der Vergangenheit hatte das Geldhaus das heimische Geschäft mit Mittelständlern zugunsten des internationalen eher vernachlässigt. „Wir haben hier unsere Chancen nicht immer so genutzt, wie sie sich geboten haben“, sagte Harald Eisenach, seit Juli Regionalchef der Deutschen Bank in Berlin und Ostdeutschland, der Berliner Morgenpost. „Gerade Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 2,5 und 250 Millionen Euro wollen wir mehr bieten als bisher.“

Angriff auf Sparkassen und Volksbanken

Mit der neuen Strategie greift die deutsche Bank in der Domäne der Sparkassen und Volksbanken an. Auch mehrere Landesbanken und andere Geldhäuser aus dem In- und Ausland haben zuletzt ihr Werben um den deutschen Mittelstand verstärkt. Treffen wird die Mittelstandsoffensive der Deutschbanker vor allem aber den kleineren Rivalen Commerzbank, der derzeit angesichts seiner Dauerkrise im traditionell eigentlich starken Mittelstandsgeschäft schwächelt.

Die Deutsche Bank hat nach eigenen Angaben rund 100.000 gewerbliche Kunden in Berlin und Umland. Darunter Konzerne oberhalb der 250-Millionen-Umsatz-Grenze, vor allem aber Selbstständige, Ärzte und Gewerbetreibende. „Wo wir erhebliches Aufholpotenzial sehen, ist im mittleren Marktsegment der Firmenkunden und Familienunternehmen“, sagte Frank Gilly, der ebenfalls seit Juli das Firmenkundengeschäft in der Hauptstadtregion verantwortet. Davor war er Chef der Konzerntochter Berliner Bank.

Dank der eigenen internationalen Vernetzung will die Deutsche Bank von der wirtschaftlichen Aufholjagd der Hauptstadtregion profitieren. Die Berliner Wirtschaft hat sich von der insgesamt schwachen Wirtschaftsentwicklung Deutschlands abgekoppelt. Die Unternehmen hier wachsen deutlich schneller als im Rest des Landes, die Hauptstadt entwickelt sich zudem zu einem internationalen Gründerzentrum. Hunderte neuer Unternehmen und mehr als 200.000 neue sozialpflichtige Jobs sind in den vergangenen Jahren entstanden. Zehntausende Menschen – und damit potenzielle Bankkunden – ziehen jedes Jahr neu hierher. Tendenz: weiter steigend.

Mehr Verantwortung der Filialen

Um Bestandskunden besser zu betreuen und neue Kunden zu erreichen, führt die Deutsche Bank derzeit die Betreuung von mittelständischen Firmen-, Geschäfts- und Privatkunden unter einem Dach zusammen. „Bislang haben wir kleinere und größere Mittelstandskunden in unterschiedlichen Bereichen geführt. Es ist besser für unsere Kunden und unser Geschäft, wenn wir die Kompetenzen unter einem Dach bündeln“, sagte Gilly. Hatte die Bank das Firmenkundengeschäft in Berlin bislang zentral vom Standort Unter den Linden gesteuert, will sie in einem ersten Schritt drei zusätzliche Beratungszentren für kleine und mittelgroße Firmen schaffen: an der Otto-Suhr-Alle, am Potsdamer Platz und in Zehlendorf.

Durch die Bündelung des Angebots soll zudem mehr Verantwortung aus der Zentrale in die Filialen verlagert werden. „Künftig treffen die Kunden in unseren Beratern und Filialleitern wieder auf Mitarbeiter, die stärker unternehmerisch handeln können“, sagte Gilly. Entscheidungen über Budget, Preise und Kreditkonditionen würden wieder in den Filialen getroffen.

Derzeit betreibt die Deutsche Bank in Berlin 52 eigene Filialen, dazu kommen 38 der Berliner Bank. Das in Berlin betreute Kreditvolumen beträgt geschätzt mehr als 17 Milliarden Euro. Die Einlagen – also die Summe aller Giro- und sonstigen Konten der gut 650.000 Privatkunden – wuchs 2012 um gut zehn Prozent auf fast zwölf Milliarden Euro. Auch in diesem Jahr ist ein zweistelliges Wachstum angepeilt.

Berlin ist fünftgrößter Standort weltweit

Die Zahl der Mitarbeiter in Berlin gibt die Deutsche Bank mit mehr als 4000 an, davon mehr als 1000 in den Filialen. In Berlin betreibt die Bank ihr Zentrum für Risikomanagement und den telefonischen Kundenservice. Die Hauptstadt ist damit der weltweit fünftgrößte Standort der Bank.

Um vom Gründerboom in der Hauptstadt zu profitieren, hat die Bank spezielle Teams aufgestellt, die sich um die international ausgerichtete Hightech-Gründerszene kümmern. Dabei interessiert sich die Deutsche Bank vor allem für die Gründungen im Tech-, Medizin- und E-Commerce-Bereich, deren Geschäftsmodelle international ausgerichtet sind (traditionelle Gründungen werden von der Berliner Bank betreut). Im Fokus der Bank steht dabei die frühe Anbindung der Unternehmen an das Geldhaus. Internet-Gründungen können innerhalb von wenigen Monaten drastische Umsatzsprünge machen. Und da möchte die Deutsche Bank von Anfang an dabei sein.

Zudem wolle man dabei helfen, Netzwerke auch zu privaten Investoren zu spinnen, sagte Anke Sahlén, die Sprecherin der Geschäftsleitung Berlin. Sie verantwortet als Leiterin Asset und Wealth Management das Geschäft mit reichen Privatkunden in Ostdeutschland. Und bei denen wächst die Nachfrage nach Beteiligungen an jungen Unternehmen.