Berlin. Die Auszeichnung nahmen Sebastian Polter und Co. gern entgegen. Der zweite Platz bei der Berliner Sportlerwahl für den 1. FC Union sei „eine Auszeichnung auch dafür, was der Verein erreicht hat. Wir als Mannschaft haben das irgendwo auch verdient, selbst wenn die Ergebnisse der vergangenen Wochen nicht dafür stimmen. Trotzdem darf man das Jahr 2017 nicht kleiner machen, der Erfolg war ja trotzdem da“, sagte der Stürmer des Fußball-Zweitligisten.
Es wird für lange Zeit die letzte Ehrung dieser Art für den Köpenicker Klub gewesen sein, sollte der momentane Weg weiter beschritten werden. Mit dem 0:1 gegen Dresden hat Union am Sonnabend nicht nur erneut Punkte im Aufstiegsrennen verspielt. Durch die Art, wie die Partie hergegeben wurde, endete die Hinrunde desaströs.
Der Trainerwechsel von Jens Keller zu André Hofschneider zeigte keine Wirkung, von den Rängen schallte den Spielern lautstark „Aufwachen, aufwachen“ entgegen. Schon vor der Partie zeigte sich, dass die Trainerpersonalie keineswegs von allen nachvollzogen wurde. Beim Dankeschön von Stadionsprecher Christian Arbeit für Keller gab es warmen Applaus von den Rängen. Als beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung der Name Hofschneider fiel, waren die Ovationen um einiges geringer.
Nicht nur Punkte werden verspielt
Union ist nach einer Hinrunde, in der „wir einen guten Start hatten, dann zu inkonstant waren, danach aber wieder einen sehr guten Lauf hatten“ (Polter), dabei, viele Sympathien zu verspielen. Der Trainerwechsel zeigt, dass die Köpenicker auch nur ein Klub sind wie jeder andere im Profizirkus. Und mit einem Team in diesem Zustand braucht kein Gegner mehr Angst zu haben vor einem Gastspiel in der Alten Försterei.
Es brodelt bei Union, auch innerhalb der Mannschaft. „Jeder muss kritikfähig sein, um sich selbst und seine Mitspieler besser zu machen“, forderte Polter: „Wenn man das nicht verträgt, ist man hier falsch. Und wer keinen maximalen Erfolg will, bekommt von uns in der Kabine einen auf den Deckel, eine an den Kopf geknallt.“
Doch offenbar fehlt es an dieser Homogenität im Kader, wie Toni Leistner offenbarte. Mit Kritik umzugehen, sei bei einigen „zurzeit relativ schwierig, weil der eine oder andere diese derzeit nicht so annimmt. Jeder muss mit Kritik umgehen können, sich etwas sagen lassen von erfahrenen Spielern, die so eine Situation schon einmal durchgemacht haben“, sagte der Abwehrchef.
„Die Überzeugung fehlt“
Ein Grund für die fehlende Mentalität gegen Dresden? Leistner: „Jedem Mentalität abzusprechen – das würde ich mir nicht rausnehmen. Vielleicht hat der eine oder andere ein wenig Derby-Charakter vermissen lassen.“
Ein fatales Signal in dem taumelnden Zustand, in dem sich das Team gerade befindet. Oder wie es Coach Hofschneider nach der Dresden-Pleite umschrieb: „Die Überzeugung fehlt, das müssen wir erst einmal verdauen. Die Art und Weise war schon ein bisschen deprimierend.“ Am Sonntag nach dem Auslaufen war der Blick auf die dritte Niederlage im vierten sieglosen Spiel in Folge wie folgt: „Wir haben kompakter gestanden, weniger Chancen zu gelassen. Und wenn ich das 1:0 mache, gewinnen wir das Spiel auch, davon bin ich überzeugt. Die fehlenden Erfolge lähmen uns“, so Polter.
Kaum ein Wort darüber, dass vor Polters Chance Union auch schon 0:2 hätte zurückliegen können, dass man in Halbzeit zwei gerade nach dem Gegentor nur dem passablen Passspiel der Gäste hintergelaufen war (nur 46 Prozent Ballbesitz für Union).
Glück und Konkurrenz halten Berliner im Aufstiegsrennen
Nur zwei glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass Union immer noch in Schlagdistanz zum Aufstieg ist. Zum einen schafften es die Verfolger erneut nicht, an Union vorbeizuziehen (Ingolstadt spielte in Kaiserslautern nur 1:1, Bielefeld verlor 1:3 in Sandhausen). Zum anderen nimmt sich das Spitzentrio dank des Spielplans gerade gegenseitig die Punkte weg. Doch egal, wie das Spitzenspiel zwischen Düsseldorf und Nürnberg am Montagabend (20.30 Uhr, Sky) ausgehen wird, Union liegt nach der Hinrunde mindestens sechs Zähler hinter den beiden Aufstiegsrängen.
Legt man Polters Aussagen zugrunde, ist das Vertrauen der Profis in die Klubführung trotz des Trainerwechsels intakt. „Es war ja keine Kurzschusshandlung. Die Vereinsverantwortlichen haben diese Entscheidungen ja bewusst getroffen. Wer an der Seitenlinie steht, ist im Endeffekt egal. Wir als Spieler, als Angestellte des Vereins, haben dies zu akzeptieren und damit zu arbeiten.“
Es war Lutz Munack, Unions Geschäftsführer Sport, der als Verantwortlicher des Trainerwechsels klarstellte, dass es eine „Entscheidung anhand fachlicher Dinge“ gewesen ist. Man darf gespannt sein, wie lange Hofschneider seinen bis Sommer 2019 laufenden Vertrag erfüllen darf, sollte sich auch unter ihm keine Besserung einstellen.