Berlin. Der 1. FC Union hat einen Neuen. Kekuta Manneh (22) trainiert ab sofort beim Berliner Fußball-Zweitligisten mit. In Bakau (Gambia) geboren, besitzt der Stürmer die amerikanische Staatsbürgerschaft und steht seit März 2017 bei Columbus Crew unter Vertrag. So verkündete es die Internetseite des Klubs am Dienstag.
Nach dem Beben, das die Entlassung von Trainer Jens Keller und die Beförderung von A-Junioren-Coach André Hofschneider zum Cheftrainer bis 2019 am Montag verursacht hat, geht man zur Tagesordnung über bei den Köpenickern. Doch es bleiben Fragen. Die Morgenpost gibt darauf Antworten.
Gab es wirklich nur sportliche Gründe für die Trennung?
Platz vier und fünf Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze sind sicher noch kein Grund, nach 16. Spieltagen nervös zu werden. Die Art und Weise, wie die Mannschaft in den vergangenen Wochen gespielt hat, sind es hingegen schon, erst recht nachdem aus dem „Wir müssen nicht“ ein „Wir wollen unbedingt“ im Aufstiegsrennen geworden ist.
Oder ist der Aufstieg doch ein Muss? Der Klub hat mit der Erweiterung der Alten Försterei und dem Bau des Nachwuchsleistungszentrums ehrgeizige Ziele vor sich. Union stellte am Dienstag dazu fest: „Alle Projekte sind unabhängig einer Ligazugehörigkeit kalkuliert.“ Gleichwohl lassen sich solche Vorhaben als Erstligist sicher leichter realisieren als in Liga zwei.
Dazu offenbarten sich erste Risse zwischen Trainer und Mannschaft. So habe Keller, als er Stürmer Steven Skrzybski für seine öffentlich geäußerten Abwanderungsgedanken rügte, kaum Unterstützung erhalten.
Welche Rolle spielte Präsident Dirk Zingler?
Noch auf der Mitgliederversammlung vor zwei Wochen redete der Klubchef Keller und der Mannschaft ernst ins Gewissen: „Fragt euch jeden Tag, ob ihr bereit seid, alles zu geben.“ Nicht ausgeschlossen, dass Zingler zuletzt seine Zweifel daran hatte: Laut TV-Sender Sky hatte der 1. FC Köln bereits vor drei Wochen – also lange vor der Entlassung von FC-Coach Peter Stöger – bei Keller angefragt. Der 47-Jährige hat die Anfrage aber den Union-Oberen ebenso mitgeteilt wie seine Absage an das Erstliga-Schlusslicht.
Und auch wenn der Union-Boss immer wieder betont, dass Lutz Munack als Geschäftsführer Sport des Klubs verantwortlich für alle Entscheidungen im sportlichen Bereich zeichne: Bei Union gibt es keinen Beschluss ohne Zinglers Einverständnis. Ein Szenario, in dem Munack, der auch Präsidiumsmitglied ist, dem Präsidium einen Wechsel auf der Trainerposition vorgeschlagen habe, ist allerdings denkbar.
Von Seiten Unions hieß es am Dienstag dazu lediglich, dass man sich zu diesem Vorgang nicht weiter in der Öffentlichkeit äußern werde. Zingler selbst stand für ein Interview nicht zur Verfügung.
Welche Qualifikation bringt Hofschneider mit?
Bereits in der Saison 2015/16 hat der 47-Jährige bewiesen, dass er in der Lage ist, die Mannschaft aus einer Lethargie zu befreien. Hofschneider übernahm das Team als Interimscoach auf Rang 13 und brachte die Spielzeit mit sieben Siegen in den letzten zwölf Spielen auf Platz sechs zu Ende.
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Fußballlehrer-Ausbildung beim DFB im März dieses Jahres darf er nun auch „offiziell“ ein Profiteam trainieren. Doch die Vorzeichen haben sich geändert. Hofschneiders Stil gilt nicht als modern, der Spielstil der Mannschaft hat sich unter Keller hingegen weiterentwickelt.
Auch ist der Fokus angesichts der (selbst auferlegten) Favoritenrolle nun ein anderer. Der Druck ist um einiges größer. Hofschneider muss erst zeigen, dass er diesem Druck gewachsen ist.
Was sind die wichtigsten Aufgaben bis zum Dresden-Spiel?
Hofschneider muss den Profis bis zum Anstoß in der Alten Försterei (Sonnabend, 13 Uhr) vor allem neues Selbstvertrauen einimpfen. Auch wird ihm als ehemaligen Abwehrspieler das Defensivverhalten sehr am Herzen liegen.
Ziel muss es sein, der Mannschaft mehr taktische Flexibilität zu ermöglichen, um auf Spielentwicklungen besser, vor allem aber schneller reagieren zu können.
Wie schnell müssen die Maßnahmen greifen?
Sehr schnell. Denn bis zum 10. Februar wird sich entscheiden, ob Union auch im neuen Jahr noch um den Aufstieg mitspielen kann. Die Gegner haben es in sich. Nach Dresden wartet Bundesliga-Absteiger Ingolstadt (15.12.).
Und nach einem kurzen Wintertrainingslager in Spanien (6.-13.1.18) geht es gleich zum derzeitigen Spitzenreiter Kiel (23.1.), gegen Nürnberg (26.1.), momentan Dritter, dann nach Bielefeld (5.2.) und schließlich gegen Düsseldorf (10.2.), Tabellenzweiter.
Wenig Zeit also für Hofschneider, um wirklich etwas verändern zu können.