Berlin. Dass Hermann Gerland sein Vorbild ist, daraus macht André Hofschneider kein Hehl. Unter ihm hatte der Berliner zu Bielefelder Zeiten trainiert und bei den Bayern-Amateuren hospitiert. „Gerland sagt, dass er glücklich ist, so ein Spiel wie das der Bayern in Turin hautnah von der Bank miterleben zu dürfen“, erzählte der Co-Trainer des 1. FC Union. Eine Anekdote, mit der der Vertreter des erkrankten Chefcoaches Sascha Lewandowski seine Gefühlswelt beim 2:1 gegen den Karlsruher SC zum Ausdruck bringen wollte.
Die 90 Zweitligaminuten waren so ganz nach Hofschneiders Geschmack, ja dem aller Union-Sympathisanten. Trotz aller Widrigkeiten wie kurzfristige Zugänge im ohnehin schon fast überfüllten Lazarett, trotz der langen Unterzahl durch Damir Kreilachs Platzverweis und trotz des Fehlens von Trainer Lewandowski kämpften die Köpenicker ihren Gegner nieder.
Union setzt auf Union – das haben sie an der Alten Försterei immer schon getan, wenn die Situation praktisch aussichtslos erschien. Insofern entspricht der Auftritt gegen den KSC auch dem Selbstverständnis des Vereins vom familiären Zusammenhalt.
Pogatetz ist stolz auf die Abwehrarbeit
„Wir haben große Moral gezeigt. Der Einsatz hat gestimmt, auch wenn uns die Ruhe in den Zweikämpfen manchmal gut getan hätte. Da nehme ich mich auch nicht aus“, sagte Verteidiger Emanuel Pogatetz. Seit seinem Wechsel zu Union in der Winterpause hat der Österreicher – ohne Zweifel der Erfahrenste im Team – stets den Teamgeist in der Mannschaft herausgestellt und gepflegt. Wenn der 33-Jährige also „stolz auf unsere Abwehrarbeit ist, weil wir uns auch in Unterzahl nicht haben zurückdrängen lassen und bei Balleroberung auch Konter fahren konnten“, so unterstreicht das den Charakter des Teams.
Entsprechend gelöst gab sich auch Hofschneider nach dem Training am Sonnabend. In solchen Momenten wie gegen Karlsruhe „zeigt sich, ob man in der Lage ist zusammenzurücken. Oder ob man auseinanderbricht.“
Union brach nicht auseinander. Das lässt auch für die restlichen Partien in der englischen Woche am Dienstag in Fürth und am Sonnabend gegen Frankfurt hoffen. „Unsere Fans waren der elfte Mann“, sagte Sören Brandy: „Sensationell, wie die uns wieder nach vorn gepeitscht haben.“ Selbst der Stürmer war sich nicht zu schade, hinten rechts auszuhelfen, um eine Torchance des Gegners zu verhindern. „Und wenn wir den Ball nach vorn geschlagen haben, sind wir alle wieder nachgerückt“, so Brandy. Keine Schönspielerei, sondern Befreiungsschläge. Keinen Schritt weniger, sondern schnell zurück in die Ordnung, selbst wenn es dafür einen gehörigen Schubser brauchte, den Dennis Daube von Pogatetz verpasst bekam.
Enormes Selbstvertrauen getankt
Keine Frage, Union hat mit dem Sieg in Unterzahl gegen den KSC, der sich vor der Partie noch leise Hoffnungen auf Relegationsplatz drei gemacht hat, enorm Selbstvertrauen getankt. Das war nach dem mutlosen Auftritt in Leipzig (0:3) auch bitter nötig. Oder wie Brandy angesichts der in Fürth gesperrten Kreilach und Bobby Wood sagte: „Wir hatten zuletzt so viele Ausfälle verkraften müssen, ich weiß nicht, ob die zwei mehr da noch ins Gewicht fallen.“
Selbst Felix Kroos, erst seit vier Wochen und damit am kürzesten dabei, erkannte: „Wir haben mit einem Mann weniger fast besser gespielt. Das ist dem Zusammenhalt in der Mannschaft geschuldet. Der ist überragend.“
Und auch nur dann sind kleine Seitenhiebe möglich. Weil Hofschneider im TV-Interview Kroos irrtümlich mit seinem Bruder Toni verwechselte, revanchierte sich Felix per Twitter beim Co-Trainer. „Kleine Erinnerung an Hofi“ postete er neben einem Foto, das ihn mit Mütze, Trikot und neben der Kabinentür mit seinem Vornamen darauf zeigt. Auch ein Grund, warum Hofschneider das KSC-Spiel nicht vergessen wird.