Berlin. Begonnen hatte alles mit einem Fauxpas. Mit einem Tuch war der Name abgedeckt, als am 20. Januar 1966 der neue Fußballverein gegründet werden sollte. Das Stück Stoff spielte bei der Gründungssitzung jedoch nicht mit und entblößte zu früh, was bislang so eisern verborgen blieb: 1. FC Union Berlin.
Am Mittwoch, fünf Jahrzehnte später, war auf der feierlichen Mitgliederversammlung anlässlich des 50. Geburtstags des Köpenicker Klubs alles bis ins kleinste Detail durchgeplant und organisiert.
Inklusive der rund 4000 Mitglieder, Angestellten und Ehrengäste, die sich am Abend im Velodrom eingefunden hatten. „Ich bin sehr bewegt, dass so viele gekommen sind“, rang Günter Mielis um Fassung. Der 90-jährge Ehrenpräsident hatte Union seinerzeit mitgegründet.
Regierender Bürgermeister Müller eröffnet Versammlung
Es war eine Mitgliederversammlung, auf der die Bilanzzahlen für 2014/15 sowie die Planung für 2015/16 präsentiert wurden. Vor allem aber waren es gut vier Stunden, in denen sich Union selbst feierte. Bilder von großen Momenten der vergangenen Jahrzehnte flackerten über die Leinwände.
Die Aufstiege und Fast-Insolvenzen, der Stadionbau, DFB-Pokalfinale und Uefa-Cup 2001 – und natürlich der DDR-Pokalsieg 1968. Die Helden von damals trugen unter großem Applaus die schwere Trophäe in die Halle. „Wir machen es wie die Bayern und präsentieren alle unsere Pokale“, flachste Klubchef Dirk Zingler.
Kein Geringerer als der Regierende Bürgermeister Michael Müller eröffnete die Veranstaltung. „Der 1. FC Union hat ein großes Stück Berlin-Geschichte geschrieben“, sagte der 51-Jährige: „Union ist kein Kunstprodukt irgendwelcher Marketingstrategen, sondern ein Traditionsverein an einem besonderen Ort mit besonderen Fans.“
Müller führte eine Gästeliste an, auf der auch frühere Präsidenten (u.a. Jürgen Schlebrowski), Spieler (u.a. Torsten Mattuschka, Daniel Teixeira, Steffen Menze) und Funktionsträger des Klubs (u.a. Ex-Aufsichtsratschef Antonio Hurtado, die Ex-Trainer Georgi Wassilew, Heinz Werner, Hans Meyer) standen.
Ein Bild von der Union-Familie
Hinter dem Tagungspräsidium flankierten alle Mitarbeiter des Klubs die Bühne, ob nun die Profis von Trainer Sacha Lewandowski, die Bundesliga-Frauen, Nachwuchsteams, Geschäftsstellen- oder sonstige Mitarbeiter. Das Ambiente passte zum Bild der Union-Familie, das der Klub gern von sich zeichnet.
In seinem Jahresbericht skizzierte Union-Boss Zingler die Entwicklung des Klubs in den vergangenen zehn Jahren. Dass sich die Zahl der Vereinsmitglieder auf 12.524 fast verdreifacht, die Sponsoreneinnahmen auf 8,5 Millionen Euro fast verachtfacht haben.
Dass es mit der operativen Geschäftsführung (Lizenzierung, Sport, Kommunikation, Marketing) eine neue Ebene in der Vereinsstruktur gibt. Dazu gehört auch, dass es mit Helmut Schulte ab 1. Februar erstmals einen Leiter der Lizenzspielerabteilung geben wird.
Nur Veranstaltungen in Köpenick für Köpenick verkaufen, ist dem Klubchef zu wenig
„Wir haben keine Grenzen, aber wir müssen mutig bleiben, sichtbar bleiben. Und wir müssen uns weiter öffnen, damit uns auch die Menschen mögen, die nicht in Köpenick wohnen oder in rot-weißer Bettwäsche schlafen“, erklärte Zingler.
Nur Veranstaltungen in Köpenick für Köpenick verkaufen, ist dem Klubchef zu wenig, ein Gesamt-Berliner Verein soll Union dennoch nicht werden. „Wir glauben, dass wir auch mit unserem Weg im Profifußball erfolgreich sein können“, sagte Zingler.
Der Weg soll Union in die Bundesliga führen. Oder wie es im Zinglerschen Sprachgebrauch heißt: „Die Top 20 bleiben mein Ziel.“ Wann es so weit sein wird? „Vielleicht in einer Saison, in der wir die wenigsten Fehler machen“, sagte Zingler, „es muss viel zusammenkommen.“
Die Zahlen sprechen jedenfalls eine positive Sprache. Union schloss die Saison 2014/15 mit einem Plus von 40.000 Euro ab, Einnahmen in Höhe von 26,30 Millionen Euro standen 26,26 Millionen Euro an Ausgaben gegenüber.
Für die laufende Spielzeit plant Union mit 26,32 Millionen Euro und einem Gewinn von 270.000 Euro. Die Ausgaben für die Lizenzspielerabteilung liegen demnach wie in der vergangenen Saison bei 11,55 Millionen Euro, davon entfallen 9,67 Millionen Euro auf die Profis samt Trainerteam und Betreuer – knapp 140.000 Euro weniger als noch in 2014/15.
Das Vermögen des Vereins wird gesteigert
Per 30. Juni 2015 weist der Verein ein Vermögen von 17,.75 Millionen Euro aus, gut 1,4 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Die Steigerung ergibt sich durch die Immobilienkäufe der Stadionbetriebs AG, an der der Verein mit 55,01 Prozent beteiligt ist.
Dass Union ein negatives Eigenkapital in Höhe von 13,19 Millionen Euro aufweist, liegt an jenen 15 Millionen Euro, die der Klub Unternehmer Michael Kölmel schuldet. Die Summe ist jedoch bis 2025 (fünf Millionen) oder dauerhaft (zehn Millionen) mit Rangrücktritt versehen. Präsidium und Aufsichtsrat wurden für das Geschäftsjahr 2014/15 entlastet.
„Am Ende geht es aber auch bei Union um sportliche Attraktivität. Wir können uns nicht nur um Tradition und Werte kümmern. Nur wenn wir kommerziell erfolgreich sind, haben wir eine Chance, im Profifußball zu bestehen“, sagte Zingler. Alles andere wäre ein Fauxpas, der Union weit zurückwerfen würde.