Hinrundenbilanz

Eisern Union hat mächtig Rost angesetzt

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Michael Färber
Das war eine Union-Hinrunde zum Schreien, findet auch Torwart Daniel Haas (Mitte)

Das war eine Union-Hinrunde zum Schreien, findet auch Torwart Daniel Haas (Mitte)

Foto: imago sportfotodienst / imago/Matthias Koch

Warum die enttäuschende Hinrunde des Zweitligisten in erschreckender Weise an die Abstiegssaison 2003/04 erinnert.

Berlin.  89 waren es. 89 Anhänger des Union-Fanclubs „Alt-Unioner“, die sich anno 2003 in einer Guerilla-Aktion in der Alten Försterei trafen, um Weihnachtslieder zu singen. Dem 1. FC Union drohten seinerzeit die Lichter auszugehen, weshalb man am 23. Dezember im Stadion noch ein letztes Happening feiern wollte.

Das Weihnachtssingen ist längst zum Selbstläufer geworden, alle 28.500 Tickets sind seit Anfang November vergriffen. Die sportliche Situation allerdings erinnert fatal an jene Zeit vor zwölf Jahren. Damals erlebte Union die bis heute schlechteste Hinrunde seiner Zweitliga-Historie (16 Punkte, 17:22 Tore) Das 0:3 in Freiburg besiegelte am Sonnabend die nun zweitschlechteste Hinrunde (17 Punkte, 27.30 Tore).

Damals hatte Union einen Kader mit gestandenen Profis wie Thomas Sobotzik, Steffen Baumgart oder Ivan Kozak, der genug Qualität besaß, um den Abstieg zu verhindern – es sollte anders kommen. Auch in dieser Saison stehen in den Reihen der Köpenicker genug Spieler mit reichlich Profierfahrung...

Es geht nur noch um den Klassenerhalt

Der Auftritt in Freiburg dürfte auch jeden Berufsoptimisten hinlänglich überzeugt haben: Union steckt tief im Abstiegskampf. Alles andere, als den Klassenerhalt zum Ziel zu haben, ist realitätsfremd. Was dem Union-Jahrgang 2003/04 zum Verhängnis wurde, war der auf Grund der sportlichen Situation ungerechtfertigte Glaube daran, eigentlich besser dastehen zu müssen. Ein solches Gefühl drängt sich auch nun wieder auf.

„Handlungsschnelligkeit, Zusammenspiel und dergleichen, das ist dann auch eine Qualitätsfrage. Da war Freiburg bei allem deutlich überlegen“, sagte Union-Trainer Sascha Lewandowski. Und in Sachen Gegentore nach Standards fügte er hinzu: „Mit der nötigen Entschlossenheit und Wachheit kann man alles verteidigen.“

Nun steht Lewandowski nicht im Verdacht, aus Frust über die Leistung seiner Elf auf die Spieler verbal einzuprügeln. Doch es ist bezeichnend, wenn der 44-Jährige seiner Mannschaft bestimmte Qualitäten abspricht. „Zuletzt haben wir auch von der Bank nicht mehr so viel Impulse gehabt. Wir müssen das mehr nutzen, zumal alle fit sind“, sagte Lewandowski schon vor dem Freiburg-Spiel. Es wäre ein erschreckendes Signal, sollten jene Profis, die sich in den vergangenen Wochen in der zweiten Reihe wiederfanden, aufhören, echte Alternativen zu sein. Der Grund, warum Lewandowski seit Wochen praktisch der gleichen Elf vertraut, ist auch in nicht ausreichenden Trainingsleistungen zu suchen.

Der Sportdirektor muss ein Thema sein

Über allem steht ein Kader, der mehr versprach, als er halten konnte. Womit die Frage aufkommt, wie groß der Irrtum mit dem nach fünf sieglosen Spielen entlassenen Trainer Norbert Düwel wirklich gewesen ist. Auch wenn Lewandowski längst von „meiner Mannschaft“ spricht, so darf er sich dennoch ein wenig als Leidtragender eines auf totale Flexibilität ausgelegten Kaders betrachten. Spezialisten, gerade im Mittelfeld, sucht man vergebens.

Insofern ist auch Unions Führungsetage aufgefordert, sich über die Strukturen im Verein Gedanken zu machen. Es mag jetzt müßig sein, ob ein hauptamtlicher Sportdirektor als Korrektiv des Trainers die Kaderplanung positiv hätte beeinflussen können. Für die Zukunft dürfen sich Präsident Dirk Zingler und Co. dieser Überlegung im Sinne einer stärkeren Professionalisierung jedoch nicht mehr verschließen.

„Wir haben noch zwei Endspiele in diesem Jahr“, sagte Lewandowski mit Blick auf die in Düsseldorf (12.12.) und gegen Sandhausen (18.12.) beginnende Rückrunde. Ob Union dann ein wenig strahlender in die Winterpause gehen können, bleibt abzuwarten. Bislang haben die Eisernen jedoch jede Menge Rost angesetzt.