Die Generalprobe gegen den SC Paderborn verpatzt und einen verunsicherten Torwart dazu: Vor dem Derby gegen Hertha BSC will Union Berlin vor allem Unruhe vermeiden - und gegen den Stadtrivalen trotz aller Probleme überzeugen.
Der Montag beim 1. FC Union begann mit einer Unterredung. Einer langen Unterredung. Gut 45 Minuten hatten sich die Spieler, Trainer Uwe Neuhaus und auch Teammanager Christian Beeck in die Umkleidecontainer an der Alten Försterei zurückgezogen, um die Pleite gegen Paderborn aufzuarbeiten. In solchen Momenten macht oft der Begriff Krisengespräch die Runde. Bei Union möchte man diese Dreiviertelstunde jedoch als Einschwören auf das Derby am Sonnabend bei Hertha BSC verstanden wissen.
„Es war eine positive Ansprache, der Trainer hat uns keineswegs fertig gemacht“, erzählte Paul Thomik. Sein Trainer benutzte Worte wie „Teamgeist“ oder „Zusammenhalt“, auf die sich die Unioner vor dem zweiten Duell gegen den Stadtrivalen wieder besinnen müssten. Beides ist bitter und schnellstens nötig, wollen die Köpenicker nicht ein Debakel gegen den Klassenprimus erleben, noch dazu vor 75000 Zuschauern im Olympiastadion. Denn die Sorgen, die Union vor dem Paderborn-Spiel aus der Welt geschafft hoffte, reißen nicht ab.
Stichwort Torwart. Das anscheinend nicht enden wollende Thema bekam durch den Patzer von Marcel Höttecke, der zum 0:1 führte, ein neues Kapitel. „Ich werde jetzt kein Thema Torwart aufmachen“, sagt Neuhaus dazu. Er findet es unangebracht, in Hötteckes unkoordinierten Ausflug beim Eckball einen krassen Torwartfehler zu sehen. „Ich finde das schon übertrieben, es gab schon schlimmere Fehler.“ Das Fundament einer sicheren Defensive, die der Derby-Außenseiter erst recht gegen Hertha benötigt, wackelt noch gewaltig.
Wie sehr alle Beteiligten das Thema nervt, zeigte Hötteckes Reaktion nach dem Spiel. „So einen Fehler sieht man doch an jedem Wochenende auch in der Bundesliga“, raunzte der 23-Jährige ins Mikrophon von Sport1. Einige Minuten später zeigte sich der 1,99-Meter-Mann schon einsichtiger: „Ich gehe nicht entscheidend hoch, solche Tage gibt es.“ Sollte es in der derzeitigen Situation, in der sich die Köpenicker befinden, allerdings nicht geben. Der Coach sprach von einer realistischen Einschätzung seiner Nummer 1: „Er war selbstkritisch genug, ohne sich zu zerstören.“
Stichwort Unruhe. Etwas, das die Unioner im voll besetzten Olympiastadion mitnichten gebrauchen können. Überhastete, wenig durchdachte Angriffe wie gegen Paderborn werden die Köpenicker am Samstag nicht weiter bringen. „Wir müssen läuferisch einfach mehr investieren, in verschiedenen Situationen auch doppeln“, fordert Neuhaus schon jetzt. Das Stadtderby steht bei Union somit schon jetzt im Zeichen einer erhofften Wiedergutmachung. Neuhaus: „Den Schaden bloß so gering wie möglich halten, das wäre der verkehrte Weg.“ Oder wie es Mittelfeldspieler Thomik formuliert: „Die Lage ist sicherlich prekär, aber keineswegs katastrophal.“
So steht der Dienstag ganz im Zeichen der Regeneration. Ähnliches galt auch schon am Montagabend für Kapitän Torsten Mattuschka, Macchambes Younga-Mouhani, Halil Savran oder auch Teammanager Beeck, die beim Sechstagerennen im Velodrom nach Zerstreuung vom Kampf um den Klassenerhalt suchten. Geredet haben sie bei Union offenbar schon am Vormittag genug.