Berlin. Hertha trennt sich mit 2:2 vom befreundeten Karlsruher SC, verpasst Sprung in der Tabelle und geht als Zwölfter in die Länderspielpause
Gute Freunde kann niemand trennen. Es war der Ohrwurm, den so einige am späten Sonnabend mit aus dem Olympiastadion genommen haben dürften. So oft wie das Lied von beiden Fankurven gesungen wurde. Es war eben das Motto des Duells wischen Hertha BSC und dem Karlsruher SC. Neben dem Platz, wo der Anhang eine fast 50 Jahre währende Fanfreundschaft feierte. Und auf dem Rasen. Wo sich der Berliner Fußball-Zweitligist die Punkte mit seinen Gästen aus Baden-Württemberg teilte. 2:2 (2:1) hieß es am Ende vor 58.851 Zuschauern.
„Das sind ganz klar zwei Punktverluste, wir haben die ersten 20 Minuten komplett verschlafen“, monierte Torhüter Tjark Ernst. „Wir haben dann verpasst, das 3:1 zu machen und dann kriegst du hinten halt einen. Komplett ärgerlich.“ Trainer Pal Dardai, der Toni Leistner und Marc Kempf nach ihren Sperren zurück in die Innenverteidigung beorderte und Andreas Bouchalakis und Linus Gechter auf die Bank setzte, bilanzierte: „Wir nehmen den Punkt mit, nehmen die Erfahrung mit. Aber trotzdem erwarte ich mehr.“
Zwölfeinhalb Jahre nach dem letzten Aufeinandertreffen im Februar 2011 – damals gab es ein 6:2 für Hertha – hatten alle Beteiligten dem großen Wiedersehen entgegengefiebert. Mit Fanfest, einem gemeinsamen Marsch zum Stadion und einer großen Choreografie.
Hertha BSC verschläft den Start in die Partie
Doch bei all dem sentimentalen, freundschaftlichen Drumherum sollte eben auch noch Fußball gespielt werden. Und das hatte der KSC deutlich eher verstanden als die Berliner. Nach zehn Minuten lag der Ball im Netz, hinter Tjark Ernst. Nach einer Karlsruher Ecke, die bei Lars Stindl landete, stand Jerome Gondorf in der Mitte bereit. Deyovaisio Zeefuik war nah am Mann – und bugsierte die Kugel ins eigene Tor. 0:1 (10. Minute) – eine kalte Dusche, die aber nicht wirklich einen Hallo-wach-Effekt brachte.
Hertha wirkte rat- und ideenlos. Ein ungewohntes Bild, das aber nicht lange Bestand haben sollte. Mit der ersten Berliner Torchance nach einer halben Stunde egalisierte Fabian Reese die Karlsruher Führung. Marton Dardai hatte das Spiel mit einem klugen Pass eröffnet, Reese gefunden, der auf Marten Winkler auf die linke Außenbahn abgelegte. Winkler flankte und fand Reese, der mit einem wuchtigen Kopfball zum 1:1 einnetzte (29.).
Reese trifft gegen drei seiner vier Ex-Klubs
Damit vollendete der Flügelspieler sein ganz persönliches Triple. Nach Treffern gegen Holstein Kiel und den FC Schalke 04 hat Reese nun gegen drei seiner vier Ex-Klubs, die allesamt in der Zweiten Liga unterwegs sind, getroffen. Einzig ein Tor gegen Greuther Fürth fehlt noch. Das kann der 25-Jährige in der Rückrunde noch erledigen.
Jetzt aber, an diesem äußerst nasskalten Novemberabend, beförderte Reese seine Mannschaft erst mal zurück ins Spiel. Nach dem dringend benötigten Weckruf war Hertha wacher, aggressiver und offensiv aktiver. Die Konsequenz: der Führungstreffer.
Nach einer Ecke von Jonjoe Kenny flog KSC-Keeper Patrick Drewes am Ball vorbei. So hatte Haris Tabakovic die Chance, das Spielgerät mit der Hacke zurückzuspitzeln. Florian Niederlechner stand goldrichtig und köpfte ein – 2:1 (42.). Wieder ging es zum Feiern in die Ostkurve.
Niederlechner mit ganz persönlichem Befreiungsschlag
Niederlechner war dabei anzusehen, welch eine Befreiung dieser Treffer war. Nach schwierigen Wochen, in denen der Stürmer nur von der Bank aus zusehen konnte, wie seine Kollegen Tabakovic und Smail Prevljak Tor um Tor machten, dabei aber von Trainer Pal Dardai für sein vorbildliches Verhalten in der Kabine gelobt wurde, hat der 33-Jährige wieder gezeigt, dass er auch auf dem Platz eine Bereicherung ist. „Der war fällig“, sagte der Angreifer hinterher.
Doch irgendwie gab die Führung keinen Rückenwind. Hertha kam unkonzentriert aus der Pause, handelte sich durch Robin Bormuth beinahe den Ausgleich ein, wäre da nicht Tjark Ernst gewesen (48.). Reeses Schuss an den Innenpfosten (61.) brachte ebenso wenig das dritte Tor wie Tabakovics Versuch nach Vorlage des eingewechselten Smail Prevljak (77.) oder Pascal Klemens‘ Distanzschuss (79.).
Hertha BSC geht als Zwölfter in die Länderspielpause
Als beide Fanlager in der 70. Minute eine ganze Menge Pyrotechnik zündeten, war das einzig Gute an dieser unsäglichen Aktion, dass all die, die hinter dem Nebel nichts mehr vom Spiel sehen konnten, wenigstens wenig verpassten.
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Und das, was dann passierte, hätten viele wahrscheinlich eh lieber nicht gesehen. Nach einer kleinen Druckphase der Gäste aus Baden-Württemberg war es schließlich Leon Jensen, der mithilfe von Marc Kempf und Toni Leistner, die den Ball gleich zweimal abfälschten, zum Ausgleich traf (81.).
Ein Gegentor, das sich angedeutet hatte. Weil es Hertha nach der Führung mal wieder nicht gelungen ist, nachzulegen. In der Tabelle bedeutet der eine Punkt weiter Platz zwölf – und das die gesamte, nun kommende Länderspielpause lang.